Am 22. Januar kommt der bekannteste aller Fรถrster Deutschlands, Peter Wohlleben, zu einer Lesung bei Hugendubel nach Leipzig. Er liest dort aus โ€žDas geheime Leben der Bรคumeโ€œ. Am Montag berichteten wir auch รผber seinen Appell zum Leipziger Auenwald. Und nun bekamen wir auch Post dazu: Wir mรถgen doch bitte die Petition gegen Peter Wohlleben zur Kenntnis nehmen. Die richte sich an die Medien. Das haben wir getan.

โ€žAuf jeden Fall gebe ich zu bedenken, dass es in Deutschland sehr viele Menschen gibt, die รผber den Kosmos Wald genau so viel wissen wie Peter Wohlleben. Er ist allerdings aktuell der Einzige, der es versteht, den Wald derart zu vermenschlichen und damit sehr erfolgreich zu vermarktenโ€œ, schrieb uns Rolf Engelmann, Geschรคftsfรผhrer des ENEDAS e.V. und im Projekt โ€žLebendige Luppeโ€œ als einer der beteiligten Wissenschaftler involviert.

Natรผrlich haben wir postwendend die Petition angeklickt oder was auch immer das sein soll, denn beim besten Willen wird nicht klar, was die 4.500 Unterzeichner damit eigentlich bezwecken. โ€žFakten statt Mรคrchen โ€“ Wissenschaft statt Wohllebenโ€œ, haben sie die Petition betitelt, die, wenn man sie ernst nehmen sollte, doch so etwas wรคre wie ein Sprech- und Auftrittsverbot fรผr Peter Wohlleben. Auch wenn es wie eine Petition an die Medien formuliert ist, oder โ€“ wie im Text zu lesen โ€“ als Offener Brief. Ein Appell an die Journalisten, auch bei Peter Wohlleben nicht alles fรผr bare Mรผnze zu nehmen und sich lieber bei Fachwissenschaftlern nach dem wirklichen Forschungsstand zu erkundigen.

Initiator der Petition ist der Gรถttinger Forstwirtschaftler Christian Ammer.

Wer sein Profil auf der Homepage der Uni Gรถttingen aufruft, merkt schnell, warum die Diskussion genau so ist, wie sie ist, und warum Peter Wohlleben so eine Resonanz erfรคhrt in Deutschland. Es hat sich nรคmlich an unseren Hochschulen die Unart eingebรผrgert, wissenschaftliche Beitrรคge nur noch auf Englisch zu verรถffentlichen. Das mag wichtig sein, um im Dialog mit der internationalen Forschergemeinde zu bleiben.

Aber es ist eine Null-Botschaft an die interessierte ร–ffentlichkeit in Deutschland. Und auch an Journalisten, an die Ammer tatsรคchlich hohe Erwartungen hat: โ€žSo wirft dieser Fall aus unserer Sicht grundlegende Fragen nach der Verantwortung des Journalismus im Zeitalter der Informationsรผberfrachtung auf. Wie kommt es dazu, dass so viele Journalistinnen und Journalisten die Darstellungen eines selbsternannten Experten nicht stรคrker hinterfragen, sondern ihm in nahezu allen Medien ein Forum bieten, sich als solcher zu prรคsentieren?

Zum Thema Wald sind die Vorkenntnisse vieler Menschen offenbar so gering und die Botschaften anscheinend so attraktiv, dass unentdeckt bleibt, in welchem Umfang MutmaรŸungen als Fakten verkauft werden. Angesichts der Fachspezifika kann man dies Journalisten nicht zum Vorwurf machen, aber man kann erwarten, dass sie sich insbesondere bei Inhalten, die ungewรถhnlich klingen, rรผckversichern. Eine wirklich kritische รœberprรผfung attraktiv erscheinender Information findet aber offenbar nicht ausreichend statt.โ€œ

Fettmachung von uns.

Ammer wertete die Petition im September 2017 als Erfolg. Aber augenscheinlich plumpste sie wie ein Stein ins Wasser. Und zwar nicht, weil โ€žkritische Journalistenโ€œ jetzt Wohllebens โ€žunwirkliches Bild des ร–kosystems Waldโ€œ kritischer betrachten, sondern weil die Petition genau das nicht behebt, was Wohllebens Sicht auf den Wald so publikumswirksam macht.

Tatsรคchlich macht die Petition etwas deutlich, was ich mal das โ€žarrogante Expertentum der Neuzeitโ€œ nenne: Eine sehr eigentรผmliche Art vieler Forscher, den Diskurs mit der ร–ffentlichkeit erst nach Aufforderung zu suchen und zu erwarten, Journalisten mรผssten jede kritische Stelle in einer Debatte sofort bemerken und dann bei โ€žrichtigen Wissenschaftlernโ€œ anrufen, um sie um Aufklรคrung zu bitten.

Bei Wissenschaftlern, die Texte mit solchen Titeln verรถffentlichen: โ€žBack to the roots: how do seedlings of native tree species react to the competition by exotic species?โ€œ oder โ€žContext Identifying the traits of exotic species may explain their invasiveness and helpโ€œ oder โ€žAdaptive Forest Management: A Prerequisite for Sustainable Forestry in the Face of Climate Change Managing Forest Ecosystems.โ€œ

Dass Peter Wohlleben vieles vereinfacht und popularisiert, ist nicht seine Schwรคche, sondern seine Stรคrke. Und wer die Pro-und-Contra-Diskussion auf OpenPetition liest merkt, dass die Initiatoren hier wahrscheinlich keinen โ€žSiegโ€œ eingefahren haben. Im Gegenteil.

Ich halte viele der Contra-Positionen fรผr ungemein wichtig. Beginnend mit dieser zum Stichwort Wissenschaftskommunikation: โ€žWohlleben fehlende Wissenschaftlichkeit vorzuwerfen geht meiner Ansicht nach an der Sache vorbei. Er bewirbt sein Buch auch nicht als reinen Wissenschaftstext: โ€šDazu zieht er die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ebenso heran wie seine eigenen unmittelbaren Erfahrungen mit dem Waldโ€˜.

Wohlleben ist vielmehr Symptom eines tieferliegenden Problems des Wissenschaftsbetriebs, nรคmlich die weitgehend fehlende Wissenschaftskommunikation in die Gesellschaft hinein. Diese Lรผcke fรผllt Wohlleben โ€“ natรผrlich als Agent seiner eigenen Agenda โ€“ brillant aus.โ€œ

Oder dieses Argument, das sichtlich von einem Fรถrster stammt: โ€žSeit 25 Jahren leite ich einen naturnah wirtschaftenden Stadtwald. Persรถnlich regt mich dieses Buch, wenn auch nicht wissenschaftlich, zu einer beruflichen Selbstreflektion an. Unsere Art im Wald zu wirtschaften wird sich dadurch unwesentlich verรคndern. Werft doch nicht jeden aus dem Fenster der anderer Meinung ist. Die Petition ist รผberflรผssig. Mehr Gelassenheit ist hier ein helfendes Motto.โ€œ

So ganz in aller Stile appelliert er hier an die Bereitschaft zur Diskussion. Aber die setzt voraus, dass man den Kritisierten nicht niedermacht, sondern wissenschaftlich belegt, wo er wirklich irrt.

Aber auch dieses Contra kann man uneingeschrรคnkt unterschreiben: โ€žSo nรถtig ich diese Petition auch finde, ich kann sie nicht unterschreiben. Die Herren die diese Aktion hier endlich gestartet haben, sind mit schuld an der Lage, dass P. Wohlleben, der NABU und viele mehr solch eine Reputation in der Bevรถlkerung besitzen. Jahrelang hat man hinter verschlossenen Tรผren gesessen, geforscht und gelacht wenn ein Emporkรถmmling wie Wohlleben etwas schrieb. Man hรคtte seitens der Forstwissenschaft schon lรคngst einmal mehr Information an den Bรผrger bringen mรผssen und zwar in VERSTร„NDLICHEN Worten. Eine Studie aus Finnland interessiert den Bรผrger nicht. Nehmt ihn mit!โ€œ

Es beschreibt genau das Dilemma, das auch in Leipzig seit Jahren zu beobachten ist. Argumentiert wird aus verschlossenen Kreisen, Arbeitsgruppen und Elfenbeintรผrmen heraus โ€“ aber nicht sachlich, sondern disqualifizierend.

Was gerade bei Peter Wohlleben in die Hose geht. Denn einzelne seiner emotionalen รœbertreibungen herauszupicken und als unwissenschaftlich zu deklarieren, ist billig. Damit aber alles zu disqualifizieren, was in seinen Bรผchern steht, ist schรคbig. Worauf Pierre L. Ibisch vom Centre for Econics and Ecosystem Management an der Hochschule fรผr nachhaltige Entwicklung Eberswalde eingeht, dessen Analyse zu Wohllebens Buch in einem Contra-Beitrag verlinkt ist.

Denn das Gegenteil dessen, was die Petition suggeriert, stimmt: Fast alles, was Wohlleben รผber das Biosystem Wald erzรคhlt, ist wissenschaftlich fundiert. Die Frage ist eher: Wie geht man damit in staatlichen und kommunalen Wรคldern um?

Oder gar in einem Landschaftsschutzgebiet?

Diese Debatte wird in Leipzig immer wieder abgewรผrgt.

Oder noch deutlicher: In Leipzig gibt es keine Debatte รผber den richtigen Umgang mit dem Auenwald โ€“ wider besseres Wissen.

Und dieses Wissen liegt seit Jahren vor. Wer es nicht glaubt, lese die von Dr. Judith Glรคser am Leipziger Umweltforschungszentrum (UFZ) entstandene Dissertation zum Leipziger Auenwald โ€“ von 2005.

Haarklein listet sie am Ende auf, wie mit dem Auenwald umgegangen werden mรผsste โ€“ aus rein wissenschaftlicher Sicht. Eine Auswahl:

โ€žDie natรผrliche Verjรผngung der Bestรคnde soll der kรผnstlichen Verjรผngung vorgezogen werden. Um eine natรผrliche Verjรผngung zu ermรถglichen, ist ein natรผrliches Gleichgewicht  zwischen Wild und Wald erforderlich (Anonymus 1992; MELF 1997; Sickert 2002).

Innerhalb der Schutzgebiete soll auf eine forstliche Nutzung der Auenwรคlder verzichtet werden. Damit wird dem Gedanken des โ€šProzess-Schutzesโ€˜ in idealer Weise Rechnung  getragen (Finck et al. 2002) sowie eine Erhรถhung des Totholzanteiles durch absterbende und tote Altbรคume angestrebt. Totholzbestรคnde enthalten viele xylobionte Arten, die hรคufig in ihrem Vorkommen gefรคhrdet sind (Speight 1989; Mรถller 1991, 1992; Assmann & Kratochwil 1995; Kรถhler 2000). Durch natรผrliche Alterungsprozesse der Bรคume wรผrde sich die Artenvielfalt erheblich erhรถhen (Mรถller 1991).

Zur Erhaltung wertvoller Waldstrukturen sowie Lebensrรคume von krautigen Waldarten sollen alte Waldstandorte erhalten werden (MELF 1997). Diese zรคhlen potenziell zu den โ€šhot spotsโ€˜ der Biodiversitรคt (Wulf 2003).

Zur Verbesserung der hydrologischen Situation soll auf hydromeliorative MaรŸnahmen verzichtet, eine Verlangsamung des Hochwasserabflusses zur Verbesserung des Wasserhaushaltes erreicht und eine Erweiterung natรผrlich รผberschwemmter Flรคchen (u. a. durch Deichrรผckverlegung) angestrebt werden (Gutte & Sickert 1998; Finck et al. 2002). Fรผr den Leipziger Auenwald ist auรŸerdem eine Anhebung des Grundwasserspiegels anzustreben sowie eine Wiederbespannung vorhandener alter Flusslรคufe, Altwรคsser und Gelรคndesenken.

(โ€ฆ)

Obwohl die Regenerationsfรคhigkeit der hier untersuchten Wรคlder besser als erwartet ist, soll das aber nicht bedeuten, dass alle alten Auenwรคlder bedenkenlos gerodet werden kรถnnen. Selbst 100 Jahre sind ein nicht zu akzeptierender Zeitraum fรผr die Kompensation von menschlichen Eingriffen. Alte Waldstandorte sind zudem nicht โ€šwiderherstellbarโ€˜ (sic, d. Red.) und im Sinne der Eingriffsregelung auch nicht ausgleichbar (Zacharias 1993).

Ein Verlust von alten Waldstandorten wรผrde neben dem Ausfall von Indikatorarten, die hรคufig gefรคhrdete Arten umfassen (Dzwonko & Loster 1988; Wulf 1995b; Otte 1996; Wulf 1999b), auch Biozรถnosen benachteiligen, die auf diese Bereiche angewiesen sind (Assmann 1998). Langfristig fรผhrt dies zu einer Verringerung des Artenreichtums und der Vollstรคndigkeit der Artengemeinschaft, womit wertbestimmende Kriterien des Naturschutzes nicht erfรผllt werden. AuรŸerdem muss offenbleiben, ob die schnelle Regeneration unter den heute verรคnderten Umweltbedingungen (grรถรŸere Grundwasserflurabstรคnde, seltene bis ausbleibende รœberflutungen, fehlende Zufuhr von Feinsedimenten) noch mit der gleichen Geschwindigkeit stattfinden wรผrde.โ€œ

Wie heiรŸt es doch in einem Contra so prรคgnant? โ€“ โ€žLiebe Forstkollegen, was fรผr ein trauriger und peinlicher Vorfall, der leider viel รผber das Selbstverstรคndnis der alten Fรถrstergarde aussagt (โ€šWir sind Herr im Wald und nur wir wissen, was im Wald richtig ist, da hat kein anderer was zu sagen!โ€˜) Man schieรŸt hier nicht nur mit Kanonen auf Spatzen, sondern gesteht ein, dass man mit normaler Kommunikation nicht in der Lage ist, die eigene Meinung den Menschen nahezubringen. Eine Petition gegen ein Buch! (โ€ฆ)โ€œ

Wohllebens Weihnachtsbotschaft: Lasst doch die Bรคume im Leipziger Auenwald einfach stehen

Wohllebens Weihnachtsbotschaft: Lasst doch die Bรคume im Leipziger Auenwald einfach stehen

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Es gibt 8 Kommentare

Nukla hat etwas angerichtet. Richtig. Nรคmlich den Tisch. Den Tisch fรผr eine offene Diskussion. Eine wirkliche Diskussion auf Augenhรถhe. Nicht das, was diese Verwaltung und deren Protagonisten bewuรŸt falsch als solche bezeichnet.

Wenn von NuKLA diese 30jรคhrige Politik incl. der Formalien und deren fehlende demokratische Legitimation (z. Bsp. AG Stadtwald, sogenannter Runder Tisch) begrรผndet in Frage gestellt wird, reagieren die Betroffenen. Zum Beispiel Engelmann mit der ausdrรผcklich unterstรผtzten โ€œPetitionโ€, deren Inhalt er sich zu eigen macht. Menschlich verstรคndlich, fachlich idiotisch, wissenschaftlich falsch.
DaรŸ Engelmann (auch) fรผr andere inโ€™s Feuer faรŸt, scheint ihm nicht bewusst zu sein. Rosenthal, Dittmar, Sickert lachen sich inโ€™s Fรคustchen.

Oje, Oje..
Was zerstรถrt sich da gerade fรผr altes Porzellan, wie von selbstโ€ฆ
Was hat nukla da angerichtet. Kein Wunder das 11 Wissenschaftler und der Forst sich wehren. Alles hat seine Zeit.

Sehr interessant der Kommentar von Ellen und auch der Link zu den Anmerkungen von Pierre L. Ibisch zu dem Buch Peter Wohllebens.

Es ist doch klar, dass Peter Wohlleben viele Gegner und Feinde in bestimmten Kreisen der Forstwirtschaft und Jรคgerschaft hat. Er setzt sich fรผr natรผrliche Waldรถkosysteme ein und praktiziert das in seinem Revier. Und dazu hat er noch wirtschaftlichen Erfolg; das wird ihm dann natรผrlich besonders รผbel genommenโ€ฆ Der Faktor Neid โ€ฆ

So ist dann auch die beschriebene Petition gegen das Waldbuch von Wohlleben zu erklรคren.

Interessant, wenn auch wenig รผberraschend, dass Rolf Engelmann sich dieser Petition zumindest inhaltlich wohl angeschlossen hat. Und so kommt dann auch das klรคgliche Argument, dass Peter Wohlleben den Wald vermenschlicht. Man lese die Bรผcher einfach mal genau, um zu erkennen, dass er das gerade nicht tut. Auch wenn er bestimmte Begriffe wie Atem, Schmerzen usw. verwendet, so tut er dies stets mit genaueren Erlรคuterungen, wo er auf diese Parallelen auch nรคher eingeht und erklรคrt, warum er solche Wรถrter verwendet. Ich finde, dies ist auch eine gute Mรถglichkeit, dem technokratischen Jargon der Holzlobby entgegen zu treten, die in dem Wald bzw. Forst lediglich eine gewinnabwerfende Holzproduktionsmachine sieht.

Das Engagement von Rolf Engelmann fรผr seinen Forstfรผrsten geht wohl wieder nach hinten los, das zeigt dieser Artikel mit den ergรคnzenden Links und Kommentaren glรผcklicherweise deutlich!

Eine interessante Doku in der u.a. der Fรถrster des Lรผbecker Stadtwaldes, Knut Sturm, sein Verstรคndnis von Wald erlรคutert.
Und verschiedene andere Wald-Besitzer und -Interessen:
u.a.
Private Waldbesitzer benรถtigen fรผr ihre Nadelwald-Plantagen Pestizide. Schuld am Verlust ihrer Bรคume ist nicht der Klimawandel, Borkenkรคfer in Monokulturen etc. sondern Naturschutzorganisationen und Behรถrden, die das Giftspritzen verbieten.
Negatives Beispiel eines privaten Waldbesitzes bei Wittenberg, รผber die Treuhand erworben..
Der tonnenschwere Harvester in seiner Auswirkung auf den Waldboden versus Bewirtschaftung mit Pferden, Seilwinden zum Holztransport..
Und, wie so eine Wirtschaftsplantage mit Rรผckegassen aller 20 Meter aussieht (ab ca. min 18:00), habโ€™ ich mal als Bild angehangen.
Nachhaltiges privates Wirtschaften eines langjรคhrigen Familienbetriebes in Schleswig-Holstein
Holzpreise: Fichte 85 โ‚ฌ (nach 80 Jahren), Buche 80 โ‚ฌ (120 Jahre), Eiche 430 โ‚ฌ (170 Jahre) pro fm
Ab min 29:00 sind dann angehende Fรถrster der Hochschule Gรถttingen im Lรผbecker Stadtwald bei Fรถrster Knut Sturm zu Besuch..

Unser Wald Zoff im deutschen Forst 45 Min NDR 2017
https://www.youtube.com/watch?v=_ruet2t3-kw

Eine wesentlich weiterfรผhrende Themenseite vom ZDF Terra X von 2017 (weitere Teile dort verlinkt)
Unsere Wรคlder (1/3): Die Sprache der Bรคume
Unterirdische Netzwerke und chemische Botschaften
https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/unsere-waelder-die-sprache-der-baeume-100.html

Da finde ich es schon sehr anmaรŸend, โ€˜den Medienโ€™ die Kompetenz abzusprechen, weil sie nicht dem eigenen Wissensstand und der vertretenen Interessenlage genรผgen..

Aber zum Glรผck scheint es inzwischen viel mehr Fรถrster zu geben, die wirtschaften und mit der Natur sorgsam umgehen kรถnnen. (Aber ich darf ja nur 2 Links pro Kommentar setzen ^^)

Dank an die Redaktion und an die beiden Kommentatorinnen fรผr die sachlich interessante und die emotional angemessen verรคrgerte Reaktion auf die Empfehlung des Herrn Engelmann. Der, man darf dessen gewiss sein, bereits begrรผndet durch die Art seines Anstellungsverhรคltnisses als Sprachrohr der Leipziger Verwaltung und der mit ihr innigst verflochtenen hiesigen Wissenschaftlerszene eingeordnet werden kann. Manchmal gehen Schรผsse auch nach hinten los, wenn die grรผndliche bzw. kritische Recherche fehlt und โ€œdas Volkโ€ dann doch nicht so blรถd ist wie erhofft. Schรถn, dass so heiรŸ diskutiert wird!

Im รœbrigen zeugt diese โ€œPetitionโ€ auch nicht grad von wissenschaftlicher Intelligenz. Vereinfacht ausgedrรผckt wรผrd ich vermuten, da hat jemand Muffensausen.^^

โ€œZum Thema Wald sind die Vorkenntnisse vieler Menschen offenbar so gering und die Botschaften anscheinend so attraktiv, dass unentdeckt bleibt, in welchem Umfang MutmaรŸungen als Fakten verkauft werden.โ€

Die Herren Wissenschaftler halten uns Normalsterbliche anscheinend fรผr eine extrem naive und leichtglรคubige Spezies. Wir laufen doch nicht alle mit der rosa Brille durch den Wald und suchen Elfen und Waldgeister, nur weil wir uns eher mit den Aussagen von Peter Wohlleben identifizieren kรถnnen als mit irgendwelchen โ€œWaldumbauplรคnenโ€? Er mag vieles vereinfacht erklรคren und hat vielleicht nicht in allem Recht, aber der Mann ist doch kein Sektenfรผhrer und seine โ€œAnhรคngerโ€ wohl auch keine gutglรคubigen Schafe.

Wenn ich der Meinung bin, dass so viel Wald wie mรถglich sich selbst und damit der Natur รผberlassen bleibt, dann ist das mein gutes Recht. Da brauch ich keinen studierten Zahlendreher, der mir erklรคrt, dass das dumm ist. Uns/mir die Fรคhigkeit absprechen zu wollen, uns ein eigenes, realistisches Bild von der Welt zu machen, nur weil wir/ich nicht der marktgerechten Forstwirtschaft huldigen, ist ganz schรถn frech.

Und eigentlich geht es wohl um einen Streit in โ€˜der Wissenschaftโ€™.
Der Mitinitiator der Petition bzw. Briefschreiber an die Medien ist Prof. Dr. Jรผrgen Bauhus (Albert-Ludwigs-Universitรคt in Freiburg).
Im November 2016 verรถffentlichte der Wissenschaftliche Beirat fรผr Waldpolitik (WBW) beim Bundesministerium fรผr Ernรคhrung und Landwirtschaft (BMEL) ein Gutachten zum Klimaschutz โ€œKlimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernรคhrung und Holzverwendungโ€.
Und in diesem Beirat ist Prof. Bauhus ein wichtiges und einflussreiches Mitglied. Und einer der federfรผhrenden Autoren des Klimaschutzgutachtens und verteidigt dieses auch gegen die Kritik.
(Der damalige Bundesminister war der Herr Christian Schmidt, der eigenmรคchtig (ohne Zustimmung der Bundesregierung) in der EU im Namen Deutschlands fรผr die Weiterzulassung von Glyphosat gestimmt hat.)

Hauptsรคchlich geht es wohl darum, dass manche Teile der Fortswirtschaft (Nadelholzplantagen-Besitzer etc.) und der holzverarbeitenden Industrie den Nadelholzanteil in dt. Wรคldern stabilisieren bzw. gegenรผber dem Laubbaumanteil noch erhรถhen mรถchten, aus wirtschaftlichen Grรผnden.
Und das Gutachten des WBW stรผtzt diese rein wirtschaftliche Sicht, obwohl ein Wissenschaftlicher Beirat allein dem Gemeinwohl verpflichtet ist.

Nun, in der wissenschaftlichen Kritik liest sich das so:
โ€œKonkret wird ein โ€žambitioniertes Szenarioโ€œ empfohlen, bei dem in den kommenden Jahrzehnten der derzeitige Nadelbaumanteil im deutschen Wald von 55% auf 70% erhรถht wird und
50% der derzeitigen Kiefern- und 30% der Fichtenbestรคnde durch Douglasien ersetzt werden
(S. 283). Allein durch diesen Ersatz wรผrde sich die Flรคche jener Baumart von 220.000 auf
2,35 Mio. Hektar mehr als verzehnfachen, hinzu kommt die allgemeine Erhรถhung des Nadelholzanteils auf 70%. Der Vorschlag wird von Teilen der Fachwelt unterstรผtzt; in der Literatur
wird รผber den โ€žLaubholz-Irrwegโ€œ geklagt. Jahrzehnte lange Anstrengungen im Waldumbau
zur Herstellung von mehr Naturnรคhe durch Fรถrderung der Laubbรคume sollen rรผckgรคngig gemacht werden.

Wir ignorieren nicht den Wald als Wirtschaftsfaktor und die Notwendigkeit der Holzerzeugung. Auch missbilligen wir weder kategorisch den Anbau fremdlรคndischer Bรคume in vernรผnftigem Umfang noch sind wir โ€žรถkologische Puristenโ€œ derart, dass auf jedem Standort nur die Bรคume wachsen sollen, die dort auch von allein wรผchsen.

Wir kritisieren am Gutachten seine Einseitigkeit und mangelhafte Daten- und Literaturnutzung, seine schwachen Begrรผndungen und das Verschweigen aller Nachteile und Risiken, die die empfohlene Strategie mit sich bringen kann. Die Forderungen werden von dรผnner und รผberaus selektiver wissenschaftlicher Grundlage abgeleitet. Das Gutachten enthรคlt ausschlieรŸlich Vorschlรคge, die auch dem โ€ždeutschen Cluster Forst und Holzโ€œ, wie es sich nennt, gefallen.
Wir hoffen, dass sich ein allein dem Gemeinwohl verpflichteter Wissenschaftlicher Beirat nicht der Klientelpolitik verschreibt.โ€
Kritische Erwiderung von Prof. Dr. Hampicke, unterschrieben von 8 weiteren Professoren und 3 Doktoren:
http://franzjosefadrian.com/wp-content/uploads/2018/04/Hampicke_Laubholz_Irrweg_Erwiderung_Beirat_Waldpolitik.pdf

Hier die ausfรผhrliche Einordnung der Debatte und auch die Entgegnung des Prof. Backhus:
Streit um das Klimaschutzgutachten des Wissenschaftlichen Beirats
http://franzjosefadrian.com/politik/waldvision/streit-um-das-klimaschutzgutachten-des-wissenschaftlichen-beirats/

Es drรคngt sich der Verdacht auf, dass hier jemand, der auf die Unkenntnis der Hintergrรผnde und der wissenschaftlichen Kontroverse weiรŸ, hier seine Sicht der Dinge einseitig publiziert haben mรถchte.
Und das auf Kosten eines Menschen, der sich vor Ort und auf Grundlage eigener Erkenntnisse im Wald nachhaltig fรผr unsere Natur als unser aller Lebensgrundlage einsetzt.

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