Eigentlich hat sich bei der geplanten Anbindung des Lindenauer Hafens an den Saale-Elster-Kanal seit 2016 nicht viel getan. AuรŸer dass die Verbindung natรผrlich auch 2017 nicht gebaut wurde, wie seinerzeit noch in der LVZ stand. Eine Einwohneranfrage hatte das noch einmal aufgegriffen. Das Umweltdezernat antwortete damals und stellte den Baubeginn fรผr 2019 in Aussicht.

โ€žDie Information, dass finanzielle Mittel fรผr die Bauarbeiten zur Verfรผgung stehen, ist nicht korrektโ€œ, antwortete das Umweltdezernat 2016. โ€žSie werden erst im Doppelhaushalt 2019/2020 eingestellt werden kรถnnen. Somit besteht nicht die Mรถglichkeit, finanzielle Mittel anderweitig zu verwenden.โ€œ

Also wird der Entwurf zum Doppelhaushalt durchforstet โ€“ eine Heidenarbeit. Allein der Band mit den Investitionen ist 1.903 Seiten dick. Da erfรคhrt man dann zum Beispiel, dass die Stadt 66 Millionen Euro fรผrs Schulenbauen eingeplant hat. Auch dass man vorhat, die Georg-Schwarz-Brรผcken ab 2022 neu zu bauen. Sogar das Teilstรผck des PleiรŸemรผhlgrabens an der LampestraรŸe steht schon drin (ab 2022) โ€“ das an der Feuerwache dafรผr nicht.

Vielleicht haben wir es รผbersehen. Man muss Leipzigs Stadtrรคte wirklich nicht beneiden, wenn sie aller zwei Jahre die vier dicken Bรคnde zur Haushaltsplanung durchackern mรผssen. Und lรคstern muss man auch nicht, wenn sie vieles nicht finden. Schon deshalb nicht, weil gerade die Haushaltsplรคne zeigen, wie viel eine Stadt wie Leipzig eigentlich finanzieren muss. Und in wie vielen oft kleinen Posten.

Fakt ist: Kanaltrรคume kommen da erst ganz zum Schluss.

Denn dass man beim Durchstich zum Saale-Elster-Kanal noch nicht weiter ist, war ja auch bei der Stadt-Umland-Konferenz am 7. November auf Gut Wehlitz Thema. Die Stadt Leipzig โ€“ also das Umweltdezernat โ€“ hat nรคmlich die auf die Planung von Infrastrukturen spezialisierte Pรถyry Deutschland GmbH erst beauftragt, eine โ€žMachbarkeitsstudie zur Anbindung des Lindenauer Hafens an den Saale-Elster-Kanal โ€“ Brรผckenbauwerk unter Berรผcksichtigung der Museumsfeldbahn und der Boots-Schiffspassageโ€œ zu erstellen.

Die Ergebnisse wurden in Wehlitz vorgestellt.

Und eigentlich strafte der Vortrag dazu Leipzigs eifrigen Kanalbรผrgermeister Heiko Rosenthal mal wieder der Verschleierung. Denn als er 2015 am Elstermรผhlgraben das von der Stadt mit beauftragte โ€žTourismuswirtschaftliche Gesamtkonzept fรผr die Gewรคsserlandschaft im mitteldeutschen Raumโ€œ (TWGK) vorstellte, behauptete er doch felsenfest, das sei nicht die Grundlage fรผr den Weiterbau des Saale-Elster-Kanals.

Bei Angela Zรกbojnรญk aus dem Amt fรผr Stadtgrรผn und Gewรคsser klang das in ihrem Vortrag anders, denn dort wurde eben dieses TWGK angefรผhrt als โ€žKonzeptionelle Grundlageโ€œ. Und darin steht der Ausbau des Saale-Elster-Kanals als eines der โ€žLeuchtturmprojekteโ€œ. Angela Zรกbojnรญk fรผhrte eindeutig gerade auch das Leuchtturmprojekt Nummer 4 an: โ€žStadt-Gewรคsser-Verbรผnde in Halle/Saaleโ€œ.

Das heiรŸt: Beim Saale-Elster-Kanal gehen die ร„mter genauso vor wie bei WTNK: Sie entwickeln ihre eigenen Visionen, beauftragen aus Eigenmacht diverse Agenturen und Bรผros, ihnen Konzeptionen wie das TWGK zu erstellen und nutzen diese Konzeptionen als Planungsgrundlage.

Alles ohne Rรผckkopplung in demokratisch legitimierte Gremien.

Aber mittlerweile mit einem erstaunlichen Stolz darauf, dass man lauter Arbeitsstrukturen geschaffen hat, die ohne jegliche demokratische Einmischung laufen.

Was dann in so einer hรผbschen Einschรคtzung mรผndet: โ€žDurch Projekte wie die โ€šMachbarkeitsstudie zur Anbindung des Lindenauer Hafens an den Saale-Elster-Kanalโ€˜ werden die Rahmenkonzepte unter Verstetigung der gebildeten Arbeitsstrukturen schrittweise zur Realitรคtโ€œ. So der Vortrag von Angela Zรกbojnรญk aus dem Leipziger Amt fรผr Stadtgrรผn und Gewรคsser.

Autsch, dรผrfte man sagen. Oder nennen wir es einfach: outgesourcte Demokratie. Ein Kรถnigreich fรผr ร„mter und Bรผrgermeister, die im Leipziger Neuseenland so eine Art kleines eigenes ร„mterparlament gebildet haben. Das dann quasi in eigener Planungshoheit auch gleich die Fรถrdergelder beantragt: โ€žUmfangreiche Unterstรผtzung durch den Fรถrdermittelgeber, das Staatsministerium des Innern des Freistaates Sachsen nach Fรถrderrichtlinie โ€šFR Regioโ€˜โ€œ.

Natรผrlich zeigte der Vortrag von Pรถyry Deutschland, dass man bei der Konzeption des neuen Brรผckenbauwerks im Verlauf der Lyoner StraรŸe und der Sortierung von Museumsfeldbahn, Radweg und Kanal unter der Brรผcke noch in der Findungsphase ist. Zuerst mรผsste die Kiesgrubenzufahrt von Papenburg verlegt werden. Dann ist noch ungeklรคrt, ob ein schmaler Kanal von 8 Meter Breite reicht, oder ob man auf die volle Breite des Saale-Elster-Kanals gehen mรถchte. Das entscheidet zum Beispiel darรผber, wie viele Motorboote gleichzeitig unter der Brรผcke durchfahren kรถnnen.

Aber bevor man รผberhaupt an den Bau von Brรผcke und Kanaldurchstich denkt, muss etwas vรถllig anderes passieren.

Denn die Wasserspiegelhรถhe im Karl-Heine-Kanal differiert deutlich von der im Saale-Elster-Kanal. Wรผrde man einfach so durchstechen, hรคtte man nicht nur im Hochwasserfall ein gewaltiges Problem.

An dieser Stelle des Karl-Heine-Kanals kรถnnte das Wassersperrwerk gebaut werden. Foto: Marko Hofmann
An dieser Stelle des Karl-Heine-Kanals kรถnnte das Wassersperrwerk gebaut werden. Foto: Marko Hofmann

Deswegen ist das einzige Bauwerk, das Pรถyry tatsรคchlich recht konkret beschreibt, ein โ€žAbsperrbauwerk am Karl-Heine-Kanalโ€œ, und zwar gleich sรผdlich der Luisenbrรผcke. Ein Sperrwerk, das den Saale-Elster-Kanal im Hoch- und Niedrigwasserfall vom Gewรคsserknoten Leipzig trennen soll und den Lindenauer Hafen und die dort geplante Marina vor Wasserspiegelschwankungen schรผtzen soll, aber auch vor dem Leerlaufen des Hafenbeckens.

Und โ€“ nicht ganz unwichtig zu erwรคhnen, da ja die schadstoffreichen Ablagerungen im Lindenauer Hafen fast alle noch liegen: โ€žVermeidung der Mobilisierung von Altlastenโ€œ. Der Kanal ist hier 8,50 Meter breit, das Wasser an der tiefsten Stelle 2 Meter tief. Bei Hochwasser wรคre mit bis zu 2 Meter mehr zu rechnen.

Ursprรผnglich war so ein Sperrwerk mal direkt an der Abzweigung des Karl-Heine-Kanals von der WeiรŸen Elster geplant gewesen. Denn immerhin ist ja der Kanal zum Lindenauer Hafen schon gebaut, Hoch- und Niedrigwasser in der WeiรŸen Elster wรผrden also jetzt schon direkte Auswirkungen haben, der Durchstich zum Saale-Elster-Kanal eher nicht.

Denn nach den Planungen lรคge der Wasserspiegel im Lindenauer Hafen mit 107 Meter รผber NN genauso hoch wie im Saale-Elster-Kanal. Bei einer ร–ffnung wรผrde das Wasser im Saale-Elste-Kanal nur um mehrere Dezimeter steigen und dann dauerhaft hรถher liegen.

Aber wenn Schwankungen in der WeiรŸen Elster jetzt schon absehbare Schwankungen bis in den Lindenauer Hafen erwarten lassen, ist die Baureihenfolge klar. Und so war es auch im Pรถyry-Vortrag sortiert: Erst muss das Absperrwerk gebaut werden, dann muss Papenburg seine Kiesgrubenzufahrt verlegen โ€ฆ obwohl einiges darauf hindeutet, dass sogar vorher noch die Lyoner Brรผcke gebaut werden muss, damit Papenburg nicht vom Kies abgeschnitten ist. Erst wenn das alles gebaut ist, kann es an den Durchstich gehen.

Aber da auch das Absperrwerk nicht im Doppelhaushalt 2019/2020 zu finden ist (es sei denn, es versteckt sich hinter dem Allgemeinplatz โ€žHochwasserschutzโ€œ), ist mit einem Durchstich zum Saale-Elster-Kanal oder einem Neubau der Lyoner Brรผcke nicht vor 2022 zu rechnen.

Aber da ja die โ€žVerstetigung der gebildeten Arbeitsstrukturen schrittweise zur Realitรคtโ€œ wurde, haben die Planer ja jede Menge Zeit, die Sache beharrlich voranzutreiben mit dem leuchtenden Ziel: โ€žDer Lindenauer Hafen wird als Transithafen fรผr die รผber das europรคische Wassernetz ankommenden Boote entwickelt.โ€œ Das hat nun wieder Paul-Christian Max von Pรถyry Deutschland von der Homepage der Stadthafen GmbH zitiert.

Noch ein paar touristische Kanaltrรคume mit Skatern und Sportevents

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