Ein paar Mal schon hieß es zum großen, brachliegenden Gelände des einstigen Krystallpalasts zwischen Wintergartenstraße und Brandenburger Straße: Jetzt wird gebaut! Jetzt wird ein großes Prestige-Projekt verwirklicht! Bald drehen sich die Kräne! Das war mehrmals nicht mehr als eine schöne Verheißung. Die Blase platzte. Mit ARGO Capital Partners und dem Projektentwickler ORKA Development scheint es jetzt wirklich ernst zu werden.
„Wir haben da eine echte Perle erworben“, sagt Harald Müller von ARGO Capital Partners. Anfang 2018 hat der Luxemburger Immobilieninvestor ARGO die beiden Grundstücke vom vorherigen Besitzer erworben – mitsamt den schon existierenden Plänen für das Gelände. Denn längst gibt es einen gültigen Bebauungsplan, auch eine Architektenwerkstatt mit der Stadt fand schon statt, an der fünf Architekturbüros teilnahmen.
Auch das hat ARGO mit übernommen. Damit kann man arbeiten, sagt Müller. Und was die konkrete Ausgestaltung beträfe, sei der B-Plan flexibel genug, die Detailplanungen an die aktuellen Erfordernisse anzupassen.
Und da die wichtigsten Schritte schon gegangen sind, muss ARGO nicht von ganz vorn anfangen, sondern kann gleich an die Vorbereitung der Anträge für die Baugenehmigungen gehen. Die rechtskräftige Baugenehmigung wird für Anfang 2019 erwartet, sodass gleich 2019 mit dem Bau der Infrastrukturen (Wasser, Abwasser, Strom, Telefon …) begonnen werden könne.
Denn es wird ja ein komplettes neues Wohnquartier. Liegen die Infrastrukturen, kann mit dem Aushub für die Tiefgaragen begonnen werden. Das könnte Anfang 2020 der Fall sein, so Müller. Die Gesamtfertigstellung des neuen Krystallpalast-Quartiers ist für 2022/23 geplant.
Der Bau des 54.000 qm großen gemischten Quartiers am Leipziger Hauptbahnhof erfolgt dann auch genau nach den Vorgaben des Wettbewerbs mit fünf Architekturbüros. Neben einer dreistelligen Zahl von Wohnungen entstehen bis ca. 2022/23 Geschäfte, Büros, Hotels, Mikro-Apartments, ein Kindergarten und Altengerechtes Wohnen.
Auch Ladenzeilen sollen entstehen – aber kein Laden größer als der typische „Leipziger Laden“ von 200 bis 300 qm. Die genaue Zahl der Wohnungen stehe noch nicht fest, sagte Harald Müller am Montag, 19. November, als man mit den Plänen zum Bebauen des Arals auch das neue Buch „Der Leipziger Krystallpalast“ von Bettina Baier vorstellte.
Seit fast 200 Jahren bewegt das Krystallpalast-Areal die Gemüter der Leipziger, zunächst als berühmtes Zentrum des Leipziger Vergnügungs- und Unterhaltungslebens, später dann aufgrund der ungeklärten Zukunft des Areals, das seit 1992 als Brachfläche in bester Lage unmittelbar am Leipziger Hauptbahnhof das Stadtbild beeinträchtigt.
Der neue Eigentümer des ca. 19.000 qm großen Grundstücks, die ARGO Capital Partners von Harald Müller (Gesellschafter) und Jörg Kollmeier (Gesellschafter), will die Brachfläche in bester Innenstadtlage endlich verschwinden lassen.
„Das Quartier Krystallpalast wird sich als neues Stadtquartier harmonisch in die gewachsene Leipziger Innenstadt einfügen und diese mit einem innenstadttypischen Mix aus Wohnungen, Geschäften, Büros, Hotels und Apartments sowie sozialen Einrichtungen wie Kindergarten und altengerechtem Wohnen ergänzen“, erläutert Harald Müller.
Damit die neuen Nutzer möglichst stadt- und umweltverträglich in das Quartier kommen, wird das Quartier spürbar weniger Stellplätze für Pkw bekommen, als sonst üblich. Dafür werden großzügig bemessene Fahrradabstellplätze im Erdgeschoss und teilweise im Tiefgeschoss errichtet. 1.000 Stück ungefähr.
Außerdem stehen in einer Tiefgarage elektrifizierte Stellplätze zur Verfügung, die auch für Carsharing genutzt werden sollen. Vor der Tür ist bereits die neue Straßenbahnhaltestelle „Wintergartenstraße“ entstanden. Der Busbahnhof in direkter Nachbarschaft und natürlich der Hauptbahnhof auf der anderen Straßenseite sorgen für optimale Verkehrsverbindungen auch über die sächsische Metropole hinaus.
Das heißt: Das Quartier ist vor allem für Bewohner interessant, die die Citynähe gut finden und mit den modernen Mobilitätsangeboten der Großstadt auf das eigene Auto weitgehend verzichten wollen. Wobei Harald Müller das sowieso für den Trend der Zukunft hält. „Junge Leute legen keinen Wer mehr auf das eigene Auto. Wenn sie eins brauchen, bestellen sie es sich“, sagt er.
Deshalb die gleich mit eingeplante Carsharing-Station.
Städtebaulich besonders wichtig war der ARGO Capital Partners, die die Quartiersentwicklung in enger Partnerschaft mit der Stadt Leipzig auf Grundlage des bereits 2015 durchgeführten Architekturwettbewerbs realisiert, der Bau eines sowohl in der Nutzung als auch architektonisch gemischten Quartiers.
Die fünf beteiligten Architekturbüros gestalten daher jeweils auch „ihre“ Teilbereiche des Bauvorhabens, das insgesamt aus acht Gebäuden mit begrünten Dächern besteht, um dem Quartier eine aufgelockerte und abwechslungsreiche Fassadensprache zu geben. Die Grundstruktur der neuen Bebauung folgt der Tradition einer historisch stadttypischen Blockrandbebauung, die Raum für zwei Innenhöfe lässt.
Einer der beiden Innenhöfe wird wie ein kleiner Park mit Bäumen, Büschen, Grasflächen, kleinen Plätzen und Wegen gestaltet, die entweder eine direkte Durchquerung oder einen ruhigen Spaziergang durch die parkähnliche Anlage ermöglichen. Ein Arboretum macht hier auch Pflanzenpracht erlebbar. Und hier findet auch der geplante Kindergarten seinen Platz.
Der zweite Innenhof wiederum ist wie ein Atrium überwiegend gepflastert und verfügt über Bänke und eine große Freifläche. Und an der Ecke Hofmeister- und Brandenburger Straße soll ein freier Platz mit Sitzmöglichkeiten zum Ausruhen und Flanieren einladen. Derzeit laufen die Abstimmungen mit der Leipziger Stadtverwaltung, sodass der Baustart wohl 2019 erfolgen kann. Die Fertigstellung ist für 2022/23 geplant, mit der Realisierung des Vorhabens hat ARGO die Frankfurter Projektentwickler ORKA Development beauftragt.
Den Termin zur Vorstellung des Projekts gab es am Montag im Krystallpalast Varieté in der Magazingasse, das ja nicht grundlos so heißt. Seit über 20 Jahren hält es mit dem traditionsreichen Namen auch die alte Leipziger Varieté-Tradition am Leben, die einst im Krystallpalast zu Hause war und die Leipziger begeisterte. Und das Konzept funktioniert mit hochkarätigen Kleindarstellern auch heute noch.
Die Tradition aus der Wintergartenstraße ist also nicht völlig verschwunden. Und der Ort der Präsentation passte natürlich auch zum Buch von Bettina Baier, das passend zum baldigen Baustart und mit Unterstützung der ARGO Capital Partners am 19. November im Lehmstedt Verlag erschien: „Der Leipziger Krystallpalast“.
Darin befasst sich die Autorin und Kunsthistorikerin Bettina Baier mit der knapp 200-jährigen Geschichte des Areals und gibt auch einen Ausblick auf die künftige Nutzung. „Mit dem Buch können wir den Menschen ein Stück Geschichte wiedergeben und sie hoffentlich für die Zukunft begeistern“, erläutert Harald Müller.
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