Stadtpolitik hat eine Menge mit Geduld und Ausdauer zu tun. 2014 diskutierte Leipzig zuletzt über das Luther-Melanchthon-Denkmal, das einst am Johannisplatz stand und 1943 für den Krieg der Nazis eingeschmolzen wurde. 2014 fiel auch die Entscheidung für einen neuen Standort. Und für eine ganz neues Luther-Melanchthon-Denkmal. Und dafür gibt es jetzt endlich den Wettbewerb.

Leipzig soll sein im Jahr 1943 zu Kriegszwecken eingeschmolzenes Luther-Melanchthon-Denkmal zurückerhalten. Hierfür lobt die Stadt nun mit dem 1. Oktober 2018 einen offenen zweistufigen Wettbewerb Kunst im öffentlichen Raum aus. Gefragt ist ein künstlerischer Entwurf zur Gestaltung eines solchen Denkmals im Grünzug zwischen Karl-Tauchnitz-Straße, Friedrich-Ebert-Straße und Martin-Luther-Ring, westlich des Neuen Rathauses – und damit nah an der ehemaligen Pleißenburg als einem eng mit der Reformation verbundenen Ort in Leipzig, teilt das Kulturdezernat mit.

Ziel des international ausgeschriebenen Wettbewerbs ist es, einen künstlerischen Entwurf zu finden, der die Reformatoren Luther und Melanchthon in heutiger zeitgenössischer Form stärker im Bewusstsein der Leipziger Bürgerschaft und ihrer Gäste verankert. Er soll außerdem positiv die Rollen der beiden Persönlichkeiten, ihre Beziehung zueinander, die reformatorische Bewegung in Leipzig sowie deren Bedeutung für die heutige Zeit abbilden.

Luftbild der kleinen Parkanlage (rechts unten), wo das neue Denkmal stehen soll. Foto: Punctum/ Bertram Kober
Luftbild der kleinen Parkanlage (rechts unten), wo das neue Denkmal stehen soll. Foto: Punctum/ Bertram Kober

Den Hintergrund nicht nur der neuen Standortwahl, sondern auch der gewollten Neuschöpfung des Denkmals war die Einschätzung des Leipziger Gestaltungsforums, das sich gegen die Wiedererschaffung aller einstigen Leipziger Denkmäler in ihrer ursprünglichen, dem 19. Jahrhundert verbundenen Form aussprach. Das also der fortlaufenden Historisierung des Stadtbildes den Anspruch entgegensetze, für das ursprüngliche Anliegen auch eine moderne Formensprache zu finden.

Und die Beschäftigung mit Luther und Melanchthon dürfte für viele heutige Künstler eine echte Herausforderung sein. Haben sie überhaupt noch eine intensive Beziehung zum Wirken dieser beiden Wittenberger Reformer?

Mit der Wettbewerbsauslobung wird ein Ratsbeschluss von 2014 umgesetzt, welcher maßgeblich auf den 2005 gegründeten Luther-Melanchthon-Denkmal e.V. zurückgeht. Dessen Ziel ist es, mit einem Denkmal an die beiden wichtigen Reformatoren zu erinnern.

Zugleich möchte der Verein die Erinnerung an das Schicksal von Leipzigs ehemaligem Luther-Melanchthon-Denkmal wachhalten: Es wurde seinerzeit überwiegend durch Spenden Leipziger Bürgerinnen und Bürger finanziert, vom bedeutenden sächsischen Bildhauer Johannes Schilling (1828-1910) geschaffen und 1883 eingeweiht. Im 2. Weltkrieg wurde es eingeschmolzen und ist seitdem in allen seinen Teilen verloren.

Ursprünglich war der Verein auch für die Wiedererrichtung am einstigen Standort am Johannisplatz. Aber mit dem Verlust der Johanniskirche ist der dortige direkte Bezug zwischen der eindrucksvollen Kirche und dem Reformatorendenkmal verschwunden.

Der Luther-Gedenkort, der an die Leipziger Disputation erinnert, wurde schon im Jubiläumsjahr der Reformation 2017 in der Hugo-Licht-Straße am Neuen Rathaus eingeweiht.

Die Federführung des Wettbewerbsverfahrens liegt beim Kulturamt. Im Preisgericht werden die Bürgermeisterin für Kultur, Dr. Skadi Jennicke, der Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Dr. Johann Hinrich Clausen, vom Luther-Melanchthon-Denkmal e.V. Dr. Sieghard Mühlmann, die Künstlerinnen Elisabeth Howey und Prof. Renata Stih, der Künstler Prof. Bruno Raetsch sowie der Direktor des Museums der bildenden Künste, Dr. Alfred Weidinger, vertreten sein.

Wettbewerbsbeiträge sind fristgerecht bis zum 9. Januar 2019 einzusenden. Das Preisgericht zur ersten Stufe tagt am 24. Januar 2019, zur zweiten Stufe am 23. Mai 2019. Die Wettbewerbsergebnisse werden im Rahmen der Ausstellung DENK MAL Luther Melanchthon im Juni 2019 (sie ist einer der Höhepunkte innerhalb der Jubiläumsfeierlichkeiten der Stadt Leipzig anlässlich 500 Jahre Leipziger Disputation) in der Unteren Wandelhalle des Neuen Rathauses präsentiert.

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Dabei kann/soll man den Antisemiten Luther nicht ausblenden, der mit seinen Tiraden gegen die Juden auch den Nazis Munition geliefert hat!

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