„Zukunft der ehemaligen Theaterspielstätte Skala gesichert“, meinte der Grundstückverkehrsausschuss der Stadt Leipzig kühn im November 2017, als man dem Verkauf der Immobilie Gottschedstraße 16 an die Kulturstätten Jäger GmbH & Co. KG i. G. mit Sitz in Leipzig für 1,8 Millionen Euro zustimmte. Mit der Auflage, die kulturelle Nutzung der einstigen Theaterspielstätte sofort vertraglich zu sichern. Doch das hat so nicht geklappt. Drei Stadträte beantragen jetzt, den Verkauf zu stoppen.
Tatsächlich schwingt bei ihnen auch ein gewisser Ärger darüber mit, dass sich die Verwaltung eigentlich über den Stadtratsbeschluss von 2015 hinweggesetzt hat, der eigentlich die Ausschreibung der Immobilie zu einem Erbbaurecht vorsah, was dann tatsächlich den interessierten Kulturinstitutionen in der Stadt eine Chance geboten hätte, sich ernsthaft um den Betrieb der Immobilie zu bemühen. Aber die Ausschreibung war dann doch so gestaltet, dass sich nur Kaufinteressenten fanden.
Irgendwie wolle man dann doch mit dem Geld für den Hausverkauf die Umbauarbeiten in der ehemaligen Diskothek des Schauspielhauses finanzieren. Was so oder so nicht aufging. Weder konnte eine so opulente Kaufsumme herausgeschlagen werden, noch war der Umbau der einstigen Diskothek zu einer attraktiven Spielstätte des Schauspiels für 1,8 Millionen Euro zu haben.
Und man wischte eine eigentlich zukunftsfähige Idee, die auch die Ratsfraktionen überzeugt hatte, völlig ohne Not einfach vom Tisch.
Was jetzt im Antrag der drei Stadträte Werner Kujat (Die Linke), Axel Dyck (SPD) und Dr. Gesine Märtens (Grüne) ziemlich deutlich benannt wird.
„Mit dem angezeigten Willen zum Erwerb der Skala verpflichtete sich der Investor Jäger GmbH & Co. KG, eine dauerhafte kulturelle Nutzung durch den Jazzclub sicherzustellen. Dies umfasste sowohl eine verträgliche Miete für die kulturell genutzten Räume als auch die Sanierung der Spielstätte. Mittlerweile ist abzusehen, dass der Investor seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Es gibt keine schriftliche Vereinbarung mit dem Jazzclub und damit keine Sicherheit für die kulturelle Nutzung. Der Investor hielt seine Zusagen in den Verhandlungen nicht ein“, stellen die drei Stadträte in ihrem gemeinsamen Antrag fest.
„Eine weitere Suche nach anderen Käufern führt am 28.02.2019 zum weiteren Anstieg des Verkehrswerts. Unter diesen Voraussetzungen kann eine kulturelle Nutzung seitens der Investoren scheinbar nicht garantiert werden, weswegen es sinnvoll ist, den Verkauf zu stoppen.“
Und dann erinnern sie an den entscheidenden Antrag A-00215/14-NF-002 „Dauerhafte kulturelle Weiternutzung der ehemaligen Theater-Spielstätte Skala“, wo im Punkt eins 2015 beschlossen wurde: „Das Grundstück Gottschedstraße 16 (ehemalige Spielstätte Skala) wird wieder einer dauerhaften kulturellen Nutzung zugeführt. Die Stadtverwaltung bietet diese potenziellen Nutzern aus der Freien Szene gezielt für Erbbaurecht oder Kauf an.“
Aber die Verwaltung wollte unbedingt verkaufen und Geld erlösen. Was ja dann auch zum baldigen Ausstieg der Cinemathéque als Interessent führte. So richtig kulturaffin sind wesentliche Teile der Leipziger Verwaltung nicht. Und vor allem können sich einige Akteure einfach nicht vorstellen, dass auch ein „armer“ Kulturverein ein Haus dieser Größe klug bewirtschaften und die Pacht aufbringen kann. Das Märchen vom goldenen Investor sitzt tief in den Köpfen einiger Entscheider.
„Die Möglichkeit der Vergabe nach Erbbaurecht ist in 2015 vom Stadtrat beschlossen, aber bisher nicht ausgeschrieben worden. Dies soll nun nachgeholt werden“, untermauern die drei Ratsmitglieder ihr Anliegen. „Die verbindliche kulturelle Nutzung der Liegenschaft Gottschedstraße 16 ist seit der Ankündigung der Stadt Leipzig, diese veräußern zu wollen, Gegenstand der öffentlichen Diskussion und mit Beschluss der Ratsversammlung vom 25.2.2015 Beschlusslage.“
Seit dem Beschluss der Ratsversammlung von 2015 sind die Grundstückspreise in Leipzig enorm gestiegen.
„Für gemeinnützige Träger der Kulturlandschaft bedeutet das Mietsteigerungen, die sich in steigenden Förderbedarfen niederschlagen bzw. zur Verdrängung aus der Innenstadt führen“, gehen die Stadträte auf die steigenden Lasten der Kulturschaffenden in Leipzig ein, die eben das Geld zum Schnell-mal-Kaufen nicht haben, dafür viele klug durchdachte Konzepte, wie Leipzig sein kreatives Potenzial auch künftig zeigen kann.
„Der kommunale und mithin öffentliche Einfluss, dieser Entwicklung gegenzusteuern, ist beschränkt. Eine Möglichkeit ist jedoch, öffentliche Liegenschaften, die für eine kulturelle Nutzung vorgesehen sind, im öffentlichen Eigentum zu behalten und Trägern der freien Kunst und Kultur zur Miete oder Pacht anzubieten. Mit einer so verpachteten Liegenschaft entstünde ein Kulturhaus, das den dringend erforderlichen Bedarf nach bezahlbaren Büro- und Veranstaltungsräumen der freien Szene langfristig sichert.“
Und Löcher muss man mit so einem Hausverkauf nicht stopfen, befinden die drei antragstellenden Stadträte.
„Ursprünglich galt es, den Veräußerungserlös zur Deckung der Finanzierung des Ausbaus der Zweitspielstätte des Schauspiel Leipzig heranzuziehen. Die Zweitspielstätte wurde im November 2017 eröffnet. Die Finanzierung hat die Stadt Leipzig aus eigenen Einnahmen realisiert. Der Grund einer Veräußerung ist somit obsolet“, stellen sie fest.
„Die Vergabe in Erbbaupacht sichert der Kommune langfristig ihr Eigentum und ermöglicht es insbesondere freien Trägern der Kultur, die Liegenschaft kulturell zu nutzen. Die Einmietung weiterer Träger der (freien) Kunst und Kultur zu vergünstigten (aus dem Erbbaupachtzins abgeleiteten) Mietpreisen hält den Förderbedarf ebenjener Nutzer dauerhaft niedrig und ermöglicht ihnen die Anmietung von Räumlichkeiten in herausragender Lage.“
Und so schlagen sie vor, jetzt in den Stadtratsgremien über folgende Punkte zu diskutieren:
„Der Beschluss VI-DS-04716 zum Verkauf der ehemaligen Spielstätte Skala (Grundstück Gottschedstraße 16 in 04109 Leipzig, Flurstück 3024a der Gemarkung Leipzig) an die Jäger GmbH & Co.KG wird aufgehoben.
Das Grundstück und die Immobilie Gottschedstraße 16 werden dem Jazzclub Leipzig e. V. über einen Zeitraum von 99 Jahren zu einem moderaten Erbbauzins von max. 3 % zum aktuell gültigen Verkehrswert zur kulturellen Nutzung angeboten. Die Vergabe erfolgt unter Vorlage eines tragfähigen Betreibungs- und Finanzierungskonzepts durch den Jazzclub Leipzig e. V.“
Keine Kommentare bisher