Seit 2008 geht das schon so, dass für das alte Zollschuppengelände westlich des Hauptbahnhofs immer neue Ideen auftauchen. Damals noch eine, über die Oberbürgermeister Burkhard Jung heute froh ist, dass Leipzig sie abgelehnt hat. Damals hatte sich der Investor für einen Großmarkt für das Gelände so dicht am Stadtzentrum interessiert. Dennoch hat es zehn Jahre gedauert, bis sich jetzt mit der Leipzig 1 GmbH tatsächlich jemand ernsthaft an die Planungen für das Areal macht.
Es gab zwar bekanntlich 2012 tatsächlich einen ernsthaften Versuch mit Aurelis, das hier sogar schon zum Spatenstich einlud und mit der Stadt recht weit war in den Planungen für ein nachhaltig entwickeltes Stadtquartier. Sogar das Bauschild für das Projekt „Am Alten Zoll“ wurde 2013 schon aufgestellt. Passiert ist nichts. Vielleicht auch, weil dem Investor nicht wirklich klar war, wie man das Gelände lukrativ entwickeln könnte.
Einzig die Stadt hatte schon ihre Pflöcke eingeschlagen. Denn wenn so ein neues Stadtquartier entwickelt werden soll, dann müssen auch dringend benötigte Strukturen wie Schulen und Kitas gebaut werden, ein attraktiver Park und ein Radweg am Gelände entlang. All das war im Grunde 2012 schon festgeschrieben. Und als mit dem neuen Bremer Interessenten 2015 erstmals gesprochen wurde, war gerade die Schule die wichtigste Forderung der Stadt.
Und es gibt aus dem Jahr auch eine Zustimmungserklärung, erklärt Jens Meinrenken, dessen Leipzig 1 GmbH das Areal von der Bahn erworben hat, dass die Schule unbedingt fester Planbestandteil wird.
Und mittlerweile ist auch der Bebauungsplan für die kompletten 12 Hektar so weit fertig, dass er im September in den Stadtrat gehen kann. Die Gelegenheit nutzte OBM Burkhard Jung am Dienstag, 7. August, zusammen mit Jens Meinrenken, Norbert Hippler vom RKW-Büro Leipzig und Heinrich Neu, Planungsabteilungsleiter Mitte/Gestaltung öffentlicher Raum im Stadtplanungsamt, das ganze Projekt mal direkt auf dem Gelände in einem der alten Zollschuppen vorzustellen.
Denn immerhin soll auf dem brachliegenden ehemaligen Bahngelände westlich des Hauptbahnhofs ein neues Stück Leipzig entstehen. Der dafür erforderliche Bebauungsplan liegt jetzt im Entwurf vor und kann im September zur Fassung des Billigungs- und Auslegungsbeschlusses in den Stadtrat gehen.
„Mit diesem neuen Projekt wächst die Innenstadt wieder ein Stück weiter an den Hauptbahnhof heran. Auf der Fläche westlich des Bahnhofs entstehen hier 650 attraktive Wohnungen inmitten der Stadt; ebenso geplant sind ein Gymnasium sowie eine Sporthalle mit den dazugehörigen Freiflächen und eine Kita“, lässt sich Jung zitieren.
„Wo andere Städte in die Fläche ausfransen, hat Leipzig die einmalige Chance, aus der Mitte heraus zu wachsen und den urbanen Raum neu zu gestalten. Wohnen, Arbeit, Bildung und Verkehr können wir hier gemeinsam mit dem Investor in einen neuen Einklang bringen.“
Die innige Freude darüber, dass das so schnell wachsende Leipzig noch ein paar nennenswerte Bauflächen in Innenstadtnähe hat, ist ihm anzusehen. Und auch die Freude, dass jetzt tatsächlich etwas vorangeht. Denn im alten Zollschuppengelände kann schon ab 2019 gebaut werden. Muss auch, denn es ist – was Infrastrukturen wie Wasser, Abwasser, Strom usw. betrifft, noch nicht erschlossen. All das braucht aber ein gemischtes Wohn- und Gewerbequartier. Also müssten 2019 sofort mit den Abriss- auch die Tiefbauarbeiten beginnen.
Die alten Zollschuppen werden komplett verschwinden. Stattdessen entstehen drei Bebauungsstreifen mit unterschiedlich gestaffelten Gebäuden, dazwischen natürlich Straßen, Tiefgarage, aber auch fünf Plätze – einer als zentraler Platz. Und einer dieser Plätze ist der geplante Wasserpark an der Parthe, an dem auch der Radweg entlangführen wird zur Berliner Straße, wo es dann eine richtige Auffahrt auf die alten Brückenfundamente geben wird, über die der Radweg dann zum Eutritzscher Freiladebahnhof führen soll, den ja bekanntlich die CG Gruppe entwickelt.
„Es ist uns eine große Freude, in sehr professioneller Zusammenarbeit mit der Baubehörde der Stadt Leipzig ein zukunftweisendes Projekt vorstellen zu können, das viele Voraussetzungen für ein urbanes Zusammenleben vereint“, sagt Jens Meinrenken, Geschäftsführer der Leipzig 1 GmbH, der die Gesamtbaukosten für das Quartier auf rund 300 Millionen Euro schätzt. Genauere Zahlen kann es noch gar nicht geben, denn was bislang vorliegt, ist ja nur die Bebauungsplanung und eine vorläufige Visualisierung, die eine Vorstellung davon gibt, wie das Gelände mal im Jahr 2030 aussehen könnte.
Die konkreten Architekturentwürfe fehlen noch. Und für einige Blickpunkte – wie etwa das Entrée direkt am Hauptbahnhof – muss es natürlich noch architektonische Gestaltungswettbewerbe geben.
Für die Schule natürlich auch. Sie ist übrigens im kürzlich von Burkhard Jung vorgestellten Schul-Sofortprogramm enthalten. Im vierten Quartal soll die Ausschreibung für dieses fünfzügige Gymnasium samt Sporthalle beginnen, sodass 2019 im besten Fall der Baubeginn sein kann. Und weil Leipzig diesen Schulneubau gern an einen Privaten vergeben will, ist natürlich auch die Leipzig 1 GmbH am Zug.
„Wir werden uns auf jeden Fall um den Bauauftrag bewerben“, sagt Meinrenken.
Wohl wissend, dass gerade dieses Projekt drängt, denn 2023 soll diese Schule in Betrieb gehen.
Im Gelände liegt sie übrigens im nördlichen Teil Richtung Berliner Straße, wo die Stadt deshalb auch plant, eine neue Straßenbahnhaltestelle (Linie 9) einzurichten. Auch die Straßenwegung muss hier im Nordzipfel über die Parthe führen.
„Aber ansonsten soll das Quartier möglichst autoarm werden“, sagt Heinrich Neu.
Und so klimatauglich wie möglich. Deshalb die fünf begrünten Plätze, diverse Regenwasserrückhalteflächen und möglichst alle Dächer begrünt.
Norbert Hippler, Assoziierter Partner von RKW Architektur +, ergänzt noch: „Ich bin überzeugt davon, dass solche Quartiere das urbane Leben in einer sich rasant verändernden Welt ausmachen. Zukunftsfähig ist diese Entwicklung wie hier zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt, weil kurze Wege zwischen Arbeiten, Wohnen und Leben gewährleistet sind. So hat schon 2006 die Leipzig Charta vorausschauend die europäische Stadt definiert, als Leipzig nicht davon ausgehen konnte, überhaupt zu wachsen. Eine tolle Aufgabe!“
Das neue Quartier auf dem rund 12 Hektar großen Areal zwischen Hauptbahnhof und Gleisen, Kurt-Schumacher-Straße und Parthe ist von Leipzigs Stadtplanern auch als Bindeglied zwischen dem Geschäftsviertel der Altstadt und den nördlichen Wohnvierteln konzipiert. Eine kleinräumige Mischung von Wohnen und Gewerbe, die unterschiedliche Wohnformen ermöglicht, sowie hochwertige Grünräume machen die Attraktivität des Viertels aus.
Die einzelnen Blöcke werden unterschiedliche Höhen haben. Im Norden des Gebietes soll ein 13-Geschosser einen markanten Akzent setzen. Die Leipzig 1 GmbH, ein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Bremen, hat sich der Stadt gegenüber verpflichtet, auch hier 30 Prozent Sozialwohnungen zu errichten.
Leipzig muss sich jetzt dringend das Vorkaufsrecht für das Grundstück an der Parthe sichern
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