In manche Leipziger Ecken kommt man unter der Woche einfach nicht, auch wenn der Umweltbürgermeister persönlich zur Platzeinweihung einlädt. Da fährt man dann eben an einem sonnigen Wochenende hin, wenn die Wahrener ihre Hunde Gassi führen und die Schafe am Luppedamm grasen. Eingeweiht wurde der fertige Schillerplatz am 6. Juni. Nur die Baustellenhinweise auf dem Stadtplan der Stadt darf man nicht ernst nehmen. Wahrscheinlich ist der Betreuer im Babyurlaub.
Denn wer über die Stahmelner Straße versucht, ganz gemütlich zum versteckten Schillerplatz in Wahren zu gelangen, landet in einer Dauerbaustelle der Wasserwerke Leipzig. Anlieger wissen das wahrscheinlich. Und hinterher, wenn man die aktuelle Baustellenliste der Stadt aufruft, findet man den Hinweis natürlich: „Stahmelner Straße zwischen Pittlerstraße und Claußbruchstraße: Vollsperrung der Claußbruchstraße und der Stahmelner Straße zwischen Auenseestraße und Claußbruchstraße.“
Und das offiziell vom 5. März bis zum 6. Dezember. Abwasser- und Trinkwasserleitungen werden erneuert. Oder wurden schon erneuert. Denn Rohrarbeiten sieht man keine mehr. Die Straße aber ist eine Schotterwüste, ganz so, als würde sie jetzt ein paar Monate lang warten, bis dann auch wieder Asphalt aufgebracht wird.
Wer schlank ist, schlängelt sich auf dem halb zugestellten Fußweg vorbei bis zur Auenseestraße. Wobei die Angabe Auenseestraße halb geschwindelt ist – die ganze Kreuzung ist ebenfalls aufgerissen und geschottert. Eine ordentliche Baustelle stellt man sich eigentlich anders vor.
Also auch den Rest der Schotterstrecke rauf zum Schillerplatz schieben – und siehe da: Der Kampf des Stadtbezirksbeirates Leipzig-Nordost hat sich gelohnt. Im Mai 2016 hatte er die Umgestaltung dieses über Jahrzehnte vernachlässigten Platzes beantragt, der 1906 den Namen Friedrich Schillers erhielt. Auch wenn Schiller nie hier war.
2.000 Quadratmeter groß ist der Platz und erhielt zwei neue Spielbereiche mit Angeboten zum Schaukeln, Klettern und Sandspiel. Beim Einbau der neuen Nestschaukel wurde auf eine behindertengerechte Bauweise geachtet, betont das zuständige Umweltdezernat. Bänke und eine Sitzmauer laden Kinder sowie Erwachsene zum Verweilen ein.
Verweile doch, du bist so Faust …
War der falsche Dichter.
Tatsächlich stehen die Bänke und die kleinen Mauern am Sandspielplatz genau richtig, damit Eltern hier gut sitzen und ein Auge auf die Knirpse haben können, wenn sie über die Holzteile klettern oder mit den bunten Kugeln irgendetwas anstellen, vielleicht versuchen hochzuklettern. Die Spielplatzgestalter werden sich schon was gedacht haben dabei.
Die Schaukel ist eher was für die etwas größeren Kinder, die hier mal abhängen und miteinander klönen wollen.
Und die kletterlustigen Knirpse haben eine kleine Kletterburg, die hoffentlich ein paar Jahre hält. Denn das Problem Leipziger Spielplätze ist ja, dass meistens in nächtlichen Kraftmeiereien die wertvollen Geräte zerstört werden. Die alten Bäume blieben natürlich stehen. Der Platz mit Laufnähe zur Hallischen Straße ist eine grüne Oase im Wohngebiet.
„Das Projekt beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Erneuerung der Spielangebote, Sitzmöglichkeiten und Wege, sondern umfasste mit einer Geländemodellierung zusätzlichen Baum- Strauch und Staudenpflanzungen den ganzen Park“, ließ sich Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal zitieren. „Die Parkränder zur Straße wurden mit zahlreichen Blühsträuchern und Bodendeckern begrünt. Mit der Geländemodellierung im Inneren der Grünfläche wurden auch die bespielbaren Rasenflächen neu angelegt. Neue barrierefrei angelegte Wege- und Platzflächen verbinden die Spielflächen und Sitzmöglichkeiten für Alt und Jung.“
Vier neue Bäume ergänzen den erhaltenen Baumbestand des kleinen Parks. Dabei wurden Bäume wie Rotbuche, Mehlbeere und Apfel ausgewählt, die mit ihrer Blüte, Herbstfärbung und Früchten zukünftig besondere Akzente im Park setzen. Die Gesamtkosten betrugen 156.000 Euro.
Nach einem Planungsgespräch mit Erwachsenen und Kindern im April 2017 waren die diskutierten und ausgewählten Ideen vom Amt für Stadtgrün und Gewässer mit dem Leipziger Landschaftsarchitekturbüro Goronzi zügig weitergeplant und die Bauleistungen ausgeschrieben und vergeben worden. Als bauausführende Firma war die Gala Service Wurzen GmbH tätig.
Nur für die Fußwege am Platzrand reichte dann wohl das Geld nicht mehr. Da gab’s nur noch feinen grauen Schotter. Ist ja nicht nur die Stahmelner Straße, die einem klarmacht, wie ruppig das Pflaster in vielen Leipziger Wohnquartieren ist. Von den Radwegen ganz zu schweigen. Man merkt, wie weit Leipzig in der eigenen Radverkehrspolitik mittlerweile zurückhängt.
Natürlich versucht man sich auch noch vorzustellen, wie das hier mal aussah, als irgendjemand auf die Idee kam, dem Platz zwischen Auenseestraße, Hirtenholzstraße und Ölhafenstraße den Dichternamen zu verpassen. Wobei die Ölhafenstraße zu keinem Ölhafen führt, wo die großen Öltanker landen, die Leipzig mit Schmieröl versorgen. Sie ist nach einer alten Leipziger Ratsherrenfamilie benannt und hieß vor der Eingemeindung Wahrens nach Leipzig noch Heinkstraße. Und sie war auch noch nicht so weit bebaut. Der Schillerplatz lag vor 100 Jahren quasi noch in lichter Weite. Straßen wie die Hirtenholzstraße waren zwar schon benannt, aber selbst 1929 noch nicht bebaut.
Und man erfährt beim Blättern in alten Adressbüchern, dass damals noch zwei Straßenbahnlinien Richtung Stahmeln fuhren – die Nr. 10 und die 29. Heute fährt nur noch die 11.
Bürger und lokale Politik bringen gemeinsam Wahrener Schillerplatz voran
Bürger und lokale Politik bringen gemeinsam Wahrener Schillerplatz voran
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