Was macht man nun mit einem Stadthafen-Traum, der sich hinten und vorne nicht rechnet und die Investoren lieber dankend verzichten lässt, als sich in so ein unberechenbares Investitionsabenteuer zu stürzen? Ganz wollen die Grünen mit ihrem Antrag das Projekt nicht beenden. Aber bei einem dritten Anlauf zur Investorensuche sollen jetzt endlich auch einmal die Bürger einbezogen werden. Die wurden nämlich seit 2004 mit hoheitlicher Arroganz schön außen vor gelassen.
Damals war das vielleicht noch verständlich. Immerhin hatte man einen Traum. Und was die Verwaltung zum Thema sagte, klang überlegt. Da glaubte man schon, dass sie in den Amtsstuben wussten, was sie taten. Aber das Null-Ergebnis zeigte: Sie hatten sich wohl in der Steuerungsgruppe zum Gewässerverbund alle gegenseitig besoffen geredet und den Hafen schöngeschwärmt. So, wie man sich den ganzen Wassertourismus schönschwärmte: Sind erst einmal tolle Häfen und Schleusen da, kommen die …
Ach ja, das war ja unsere Frage die ganze Zeit: Wer soll da eigentlich ankern im Stadthafen?
Paddel- und Ruderboote würden eindeutig nicht so viel Aufwand machen, dass sich hier der Bau von Dauerliegeplätzen und Bootswerkstätten lohnte. Das ganze Projekt lebte von der Grundüberzeugung des WTNK, dass man künftig hunderte Motorbootbesitzer nach Leipzig locken könnte. Sie sollten auf attraktiven Kursen ins Neuseenland fahren und über den Elster-Saale-Kanal bis zur Saale. Der Stadthafen war der zentrale Dreh- und Angelpunkt.
Aber seitdem ploppte eine Hiobsbotschaft für das WTNK nach der anderen auf. Eigentlich waren es frohe Botschaften, denn wenn sie alle endlich ernst genommen werden, hört die behördliche Überforderung im Naturschutzgebiet Leipziger Auenwald endlich auf.
2014 gab es die erste Nachricht: Die Landesdirektion spielte beim Leipziger Wunsch, im Floßgraben die Schiffbarkeit zu erklären, nicht mit. Das heißt: Motorboote dürfen auch künftig nicht durch den Floßgraben zum Cospudener und zum Zwenkauer See fahren. Der berühmte „Kurs 1“ war damit passé. Der Kurs 1 im WTNK: „Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Elsterflutbett, Pleißeflutbett, Pleiße, Floßgraben, Cospudener und Zwenkauer See“, befahrbar unter anderem mit dem LeipzigBoot.
Da haben Leipzigs Gewässerträumer extra ein „gewässerangepasstes“ Boot entwickeln lassen – aber auch das darf nicht durch den Floßgraben fahren.
2017 gab es dann eigentlich das Ende von Kurs 5 (und 5a): „Stadthafen, Oberer Elstermühlgraben, Elsterflutbett, Pleißeflutbett, Pleiße, Markkleeberger See, Störmthaler See/ 5a Mühlpleiße, Kleine Pleiße“. Die sogenannte „Wasserschlange“, die von der Pleiße zum Markkleeberger See führen soll, ist nicht genehmigungsfähig.
Und seit 2016 hängt eigentlich auch das nächste Stopp-Schild da: Da stellte die Landesdirektion fest, dass den gewerbsmäßigen Bootsverleihen in Leipzig schlicht die Genehmigung fehlt. Leipzigs Umweltschutzamt hatte einfach nicht geprüft, ob und wie viel Bootsbetrieb gewerblich zugelassen werden darf. Dazu braucht es eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Die ist bis heute nicht erfolgt.
Aber klar ist inzwischen: Mehr als die derzeit genehmigten Fahrgastbetriebe wird es im sensiblen Leipziger Gewässerknoten nicht geben können. Alles, was sonst an privaten Booten unterwegs ist, ist illegal.
Auf so einem Bestand kann man keinen wirtschaftlichen Hafenbetrieb aufbauen. Das funktioniert einfach nicht.
Das Projekt muss sich also gründlich verändern, sich den realen Rahmenbedingungen der Stadt Leipzig annähern, die nun einmal keine Grachtenstadt ist.
Die Grünen in ihrem Antrag: „Auf Grundlage aktualisierter Rahmenbedingungen und eines fortzuschreibenden Konzeptes in Bezug auf das Plangebiet, welche nach durchgeführter Bürger- und Akteursbeteiligung vom Stadtrat zu beschließen sind, ist ein erneuter Investoren-/Betreiberwettbewerb durchzuführen. Die Auslobung ist ebenfalls vom Stadtrat zu beschließen. Die stadteigenen notwendigen Grundstücke für den Bau des Stadthafens 2407, 2408 c und 2593 f sind im Wege des Erbbaurechtes zu veräußern.
Die an der Käthe-Kollwitz-Straße gelegenen Grundstücke 2408 b, 2408 und 2407 c sind ebenfalls in Erbpacht und im Rahmen einer Konzeptvergabe zu vergeben. Über die Vergaben entscheidet der Grundstücksverkehrsausschuss.“
Die Bilanz, die die Grünen zum bisherigen Nicht-Erfolg der Traumpläne ziehen:
„Das zukünftige Gelände des Stadthafens wird seit 2014 im Rahmen einer Zwischennutzung mit wassertouristischen Hintergrund und einem größeren Parkplatz (PKW-Parkplätze, zwei Busparkplätze und Kurzzeit-Wohnmobilstellplätze) bewirtschaftet.
2014 gab sich die Verwaltung optimistisch, dass mit dem Bau des Stadthafens im Jahre 2017 zu rechnen sei (vgl. Beschlussvorlage BS/GVAV-382/14/).
2009 hat der Stadtrat im Rahmen des Bau- und Finanzierungsbeschlusses den Oberbürgermeister beauftragt, ein Investoren- und Betreiberverfahren ausloben zu lassen. Es wurde des Weiteren beschlossen, dass die Ratsversammlung über die Ergebnisse vor Baubeginn informiert werde solle. Außerdem war die damalige Auffassung des Stadtrates, dass mit dem Bau erst nach erfolgreicher Investoren- und Betreibersuche für den Betrieb des Stadthafens und bezüglich des Verkaufs der Grundstücke außerhalb des Hafenbeckens begonnen werden solle.
Die Öffnung des Elstermühlgrabens und der damit verbundene Bau des Stadthafens sind wichtige Bausteine des Gewässerkonzepts Leipziger Neuseenland. Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist allerdings der Auffassung, dass das derzeit noch laufende Investoren- und Betreiberverfahren umgehend zu beenden ist, da sich
- die Rahmenbedingungen (Verkehrswerte der Grundstücke, städtebauliche Einbindung, Machbarkeitsprüfung, ökologische und ökonomische Anforderungen) seit 2009 wesentlich verändert haben und
- die Beschreibung des Vorhabens ‚Stadthafen‘, das Gestaltungskonzept, die Baubeschreibung, die Auswirkungen und Folgeeffekte sowie die Fördermittelbereitstellung zu überprüfen und entsprechend zu aktualisieren sind.“
Also in der Summe ein ganz nüchternes Ergebnis: Die Pläne für den Stadthafen in dieser Form sind geplatzt. Da kann die Stadt noch 100 Jahre nach einem Investor suchen – sie wird keinen finden.
Das Projekt muss sich also deutlich ändern.
Der Vorschlag der Grünen: „Für die Planung und den Bau des Stadthafen schlagen wir deshalb nach Aktualisierung der Rahmenbedingungen und Überprüfung sowie Fortschreibung des Konzeptes die erneute Durchführung eines Investoren-/Betreiberwettbewerbes vor. Entsprechende Stadtratsbeschlüsse sind diesbezüglich zu fassen. Eine Bürger- und Akteursbeteiligung ist durchzuführen.“
Aber eine Bürgerbeteiligung halt nicht für das ganze Gelände, sondern nur für den Teil, der tatsächlich für eine wie auch immer geartete Hafennutzung infrage kommt.
Denn für die Grundstücke, die direkt an der Straße liegen, gibt es im wachsenden Leipzig nun wirklich bessere Nutzungen.
Das formulieren die Grünen so: „Vor dem Hintergrund, dass von der Vergabe von kommunalen Grundstücken im Wege des Erbbaurechtes und mittels Konzeptvergabe eine bodenpreisdämpfende Wirkung ausgeht, die Konzeptvergabe im Erbbaurecht darüber hinaus auch im Wohnungspolitischen Konzept verankert (Vielfalt des Wohnungsangebotes, mögliche Inanspruchnahme der sozialen Wohnungsbauförderung, multifunktional/gemeinschaftlich genutzte Flächen im Nutzungskonzept, Erhalt und Entwicklung von sozial und nutzungsstrukturell gemischten Stadtteilen, kooperativen Ansatz bei der Freiraumplanung und -nutzung) wurde und außerdem wesentlicher Bestandteil der neu auszurichtenden städtischen Liegenschaftspolitik ist, sind die an der Käthe-Kollwitz-Straße gelegenen Grundstücke 2408 b, 2408 und 2407 c entsprechend zu veräußern. Die (Misch-)Nutzung für Gewerbe/Kultur/Gastronomie/Wohnen sind dabei mögliche Optionen auf die eine entsprechende Bewertungsmatrix im Weiteren eingehen kann.“
Damit wird das Gebiet nämlich als Wohnquartier aufgewertet. Und das eröffnet für das Wassergrundstück natürlich andere Entwicklungsperspektiven, die nicht zwingend an das längst gescheiterte WTNK gebunden sind. Die Grünen: „Wir sind davon überzeugt, dass mit unseren Darlegungen einerseits einer nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklung Rechnung getragen wird und andererseits das ‚Projekt Stadthafen‘ mit Beschlussfassung unseres Antrages neuen Schwung bekommen könnte.“
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