Es ist eine der vielen Langlauf-Geschichten in der Leipziger Gewässerpolitik. Eigentlich sind sämtliche Pläne geplatzt, das Leipziger Gewässersystem mit Stadthafen durch Privatinvestoren entwickeln zu lassen. Aber man macht stur einfach immer weiter. Ein Grünen-Antrag bringt das Thema jetzt wieder auf den Tisch. Die Grünen beantragen das Ende der völlig ergebnislosen Investorensuche.

„Das seit 2009 laufende Investoren- und Betreiberverfahren wird beendet“, beantragen die Grünen. „Der zuletzt im Jahre 2009 geänderte Bau- und Finanzierungsbeschluss ‚Änderung zum Bau- und Finanzierungsbeschluss für das städtische Bauvorhaben ‚Öffnung Elstermühlgraben, 2. Bauabschnitt – Stadthafen Leipzig‘‘ wird evaluiert.“

Seit 2004 sucht die Stadt vergeblich nach privaten Investoren, die den Stadthafen bauen und bewirtschaften. Eigentlich war man 2009 schon so weit, diese Suche als beendet zu erklären. Aber das Null-Ergebnis brachte die Verwaltung überhaupt nicht zum Nachdenken.

2010 reagierte man dann wortreich auf eine Petition, die gefordert hatte, im Stadtrat noch einmal über das Hafenprojekt abzustimmen.

Die Antwort der Verwaltung war dann ein verklausuliertes Eingeständnis des Scheiterns:

„In den ursprünglichen Planungen aus dem Jahr 2004 hatte das Hafenbecken tatsächlich eine Wasserfläche von 6.980 m². Entsprechend wurde im Rahmen des Vorhabens ‚Offenlegung des Elstermühlgrabens‘ der Antrag auf Planfeststellung am 13.07.2004 im damaligen Regierungspräsidium Leipzig eingereicht. Die Ausfertigung des Planfeststellungsbeschlusses erfolgte am 21.12.2007.

Der ursprüngliche Baubeschluss zum Vorhaben vom 07.07.2004 (Nr. RBIII-1663/04) erfolgte unter der Maßgabe, dass der Bau des Stadthafens nur erfolgt, wenn sich ein privater Investor/Betreiber findet, der die gesamten städtischen Ausgaben für das Bauwerk übernimmt.

Die Investorensuche, welche eine Projektgemeinschaft über eine Laufzeit von 20 Monaten betrieb, verlief nicht erfolgreich. Gründe waren u. a. die relativ hohen Kosten für die Herstellung des Bauwerks, welche nach Umlage auf die angrenzenden Flächen Investitionen auf diesen unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität ausschlossen.“

Jeder Unternehmer wird bei solchen Worten hellwach: Das Projekt war schlicht nicht rentabel.

Was übrigens für alle Bauwerke in der Leipziger Gewässerlandschaft gilt: Es sind überall öffentliche Gelder, die in diese Bauwerke gesteckt werden, immer mit der Begründung, man würde damit den Wassertourismus voranbringen.

Und statt umzudenken und Alternativen zu suchen, die die Stadtkasse wirklich entlasten, dachte man auch 2010 nur daran, vielleicht die Kosten ein bisschen zu senken: „Im Zuge des weiteren Prozesses wurden Optimierungsmöglichkeiten gesucht, welche eine Kostenminimierung bedeuten, die Funktionsfähigkeit der gesamten Anlage jedoch nicht beeinträchtigen. Zu diesem Zweck erfolgte die Beauftragung von Untersuchungen zum wirtschaftlichen Betrieb des Stadthafens im Rahmen der Umsetzung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes.“

Da ist es wieder: das Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK), mit dem alles begründet wird, was man im Gewässersystem versucht, an Investitionen und gewerblichen Nutzungen zu begründen.

„Im Ergebnis dessen wird der Stadthafen nunmehr auch unter Berücksichtigung der erforderlichen Infrastruktur mit einer Uferlänge von 240 m und einer Wasserfläche von 4.250 m² geplant. Diese Beziehung zwischen Uferlänge, die potenziell für Anleger zur Verfügung steht und Gesamtwasserfläche, ergibt sich aus der Gestalt der Wasserfläche als ungleichseitiges Viereck, das wesentlich bestimmt wird durch die Lage des Elstermühlgrabens und die Bebauung an Käthe-Kollwitz-Straße und Friedrich-Ebert-Straße.

Ziel war, die Wirtschaftlichkeit des Hafens durch eine Begrenzung der Wasserfläche auf das Notwendigste und eine Einschränkung der perspektivischen Entwicklung zu verbessern und landseitig mehr Platz zu gewinnen für vielfältige Investitionen, was mit dem gegenwärtigen Planungsstand gelingt. Die Realisierung des Vorhabens Stadthafen wurde in der 55. Ratsversammlung unter RBIV-1552/09 am 18.03.2009 beschlossen. Die Änderung der ursprünglichen Planung wird der Landesdirektion Leipzig schnellstmöglich angezeigt.

Vorbesprechungen haben dazu stattgefunden. Es ist davon auszugehen, dass die Änderungen als unwesentlich eingestuft werden und ein erneutes Verfahren nicht notwendig wird. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand wird die Realisierung des Vorhabens im Jahr 2011 erfolgen.“

Natürlich ist 2011 nichts passiert.

Eine „Kostenminimierung“, die durch eine kleinere Wasserfläche entsteht und mehr Bauplatz, bedeutet noch nicht, dass sich das Projekt trotzdem rentiert. Es gibt keine wassertouristische Nutzung, die so viel Geld einspielen kann.

Stattdessen gab man erst einmal Geld aus, um die Flächen zu kaufen, die gar nicht der Stadt gehörten.

2012 die erste. Die Dezernate Wirtschaft und Arbeit sowie Umwelt, Ordnung, Sport taten sich zusammen, um den „Ankauf des Flurstücks 2407c der Gemarkung Leipzig und der Teilflächen des Flurstücks 2407 von ca. 8.378 m², des Flurstücks 2408c von 530 m², des Flurstücks 2593f von 245 m² und des Flurstücks 2408 von ca. 436 m² der Gemarkung Leipzig, wie in der Anlage 1 farbig markiert, vom Eigentümer – der Stadtwerke Leipzig GmbH – für den Bau des Stadthafengeländes“ für 764.956 Euro zu kaufen.

Und 2014 gab es dann den nächsten Grundstückskauf: Diesmal beantragten die beiden Dezernate den Kauf von „1.417 m² des Flurstücks 2408b der Gemarkung Leipzig vom Eigentümer – der Berufsgenossenschaft Holz und Metall, Kreuzstraße 45, 40210 Düsseldorf – zum Kaufpreis von 227.600“.

Derweil begann man wieder die Suche nach Investoren für dieses Traumstück innerstädtischer Entwicklung. Weil der Stadt das Gelände nun gehörte, machte man einen Zwischennutzungsvertrag für die Mole des Stadthafens, wo seitdem ein emsiger Bootsverleih zu finden ist. Jetzt stand das Jahr 2017 als Zieljahr für den Baubeginn des Hafenbeckens im Plan. Aber was sich die beiden Dezernate da „kostenminimierend“ ausgedacht hatten, überzeugt keinen einzigen Investor. Bis heute ist keiner gefunden.

Und zu Recht nehmen die Grünen das Wort „Evaluation“ in den Mund: Hier sind so viele Phantasieblasen als ernst gemeinte Pläne in die Welt geschickt worden, dass eigentlich mal jemand das ganze Traumprojekt unter die Lupe nehmen müsste, der wirklich Ahnung hat von funktionierenden Wirtschaftsprojekten.

Den Grünen-Antrag behandeln an dieser Stelle.

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