Am 3. April schrieb Lutz Weickert einen Brief an das Oberverwaltungsgericht in Bautzen. Es musste wohl einfach mal raus, denn anderthalb Jahre nach dem Urteil des Gerichts ist mehr als klar, dass die Gewinnerseite bei diesem Prozess nach allen Regeln der Kunst getrickst und getäuscht hat. War ja nur das Luftfahrtbundesamt, das mit Steuergeldern die berechtigte Klage der Fluglärmbetroffenen vom Tisch fegte.
Der Brief, den Lutz Weickert, der direkt von der unrechtmäßig beflogenen Südabkurvung betroffen ist, an das Oberverwaltungsgericht schrieb:
Sehr geehrter Herr Künzler, sehr geehrter Herr Meng,
am 16.09.2016 veröffentlichte das OVG Sachsen das Urteil 1 C 6/14 zur Klage der Grünen Liga Sachsen gegen die Gefährdung des Europäischen Vogelschutzgebietes „Leipziger Auensystem“ durch Überflüge über die sogenannte „Kurze Südabkurvung“.
In seinem Urteil stellte das OVG zwar richtigerweise fest, dass im Planfeststellungsbeschluss diese Route nur für Überflüge bis zu 30 Tonnen Startgewicht gedacht war. * Trotzdem wies es die Klage ab, da laut des Beklagten (Luftfahrtbundesamt) „ausgeschlossen“ ist., dass die Flugzeuge das Vogelschutzgebiet in Flughöhen unter 600m überfliegen. ** Obwohl von der Anwaltskanzlei Günther und deren Gutachtern umfangreiche Dokumentationen für Überflüge unter 600m vorlagen, negierte das Gericht diese Fakten.
Zunehmend kommt es immer mehr zum tiefen Überfliegen von Frachtmaschinen über das Europäische Vogelschutzgebiet. So fliegen seit Anfang des Jahres fast täglich und regelmäßig russisch/ukrainische Uraltmaschinen vom Typ AN12 ***in Höhen, teilweise unter 400m über das Vogelschutzgebiet und die Ortschaften im Nordwesten von Leipzig. Beiliegend ein Auszug für Februar. Falls Interesse besteht, reichen wir gerne den März nach.
Soviel zur Glaubwürdigkeit des Luftfahrtbundesamtes, einer Behörde des Bundesverkehrsministeriums.
Mit freundlichen Grüßen
L. Weickert
*O 54 S21 ..dass das prognostizierte Flugverfahren nur für Flugzeuge mit einem Startgewicht von maximal 30 t gedacht war,….während das aktuelle Flugverfahren von Flugzeugen mit einem Startgewicht bis zu 136 t genutzt werden darf.“
**O 63 S.26 „Im vorliegenden Fall ist es…. ausgeschlossen, dass die Flugverfahren das Europäische Vogelschutzgebiet wesentlich beeinträchtigen können, denn – wie unter3.2 ausgeführt – überfliegen die Flugzeuge, die die streitigen Flugverfahren nutzen dürfen, das Schutzgebiet mit einer Höhe von mehr als 600 m.“
***Vom Erstflug 1957 bis November 2017 kam es mit Antonow An-12 zu 232 Totalschäden von Flugzeugen. Bei 129 davon kamen 1785 Menschen ums Leben. (siehe beiliegende Übersicht) Aufgrund einer Häufung von Unfällen unter Beteiligung dieses Flugzeugtyps haben die Vereinigten Arabischen Emirate Flüge der An-12 in ihrem Luftraum ab März 2010 verboten.
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Die Klage der Grünen Liga gegen die Südabkurvung, die direkt über das Naturschutzgebiet Leipziger Auenwald führt, sorgte 2015 und 2016 für einen spürbaren Rückgang der Flüge über die Südabkurvung mit schwerem Fluggerät. Aber seit das OVG die Klage abwies, zeigen die Nutzungszahlen wieder nach oben, die Deutsche Flugsicherung, die im Auftrag des Luftfahrtbundesamtes die Flugrouten am Flughafen Leipzig/Halle einweist, schickt wieder mehr schwere und laute Frachtflieger über die Kurze Südabkurvung, die ursprünglich nur als Ausweichroute für kleine Flugzeuge bis 30 Tonnen gedacht war und so auch im Planfeststellungsbeschluss stand.
Das Thema hat auch Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“, im letzten Fluglärmreport, dem für Februar, aufgegriffen – nebst anderen brisanten Themen, die immer deutlicher werden lassen, dass es die Bundesregierung selbst ist, die am Flughafen Leipzig/Halle (mit allem Wohlwollen der sächsischen Landesregierung) mit verdeckten Karten spielt. Denn mittlerweile nehmen auch wieder die militärischen Flüge über den Flughafen zu. Dazu kommt die einseitige Nutzung der Südbahn im Nachtfrachtbetrieb – obwohl nach Aussage des sächsischen Verkehrsministeriums alle technischen Anlagen vorhanden sind, den Betrieb gleichmäßig auf beide Startbahnen zu verlagern. Aber das war dann wohl nur die Beruhigungspille für die EU-Kommission.
Trotz Vorhandensein der Anlagen wurden auch im Februar 95 Prozent der nächtlichen Flüge über die stadtnahe Südbahn abgewickelt.
Und seit 2017 steigt eben auch die Zahl der Flüge über die kurze Südabkurvung. War deren Zahl im Jahr 2016 auf 61 gefallen, waren es 2017 schon wieder 96 und in den ersten beiden Monaten des Jahres 2018 schon 117, 30 davon durch DHL-Flugzeuge, 19 Mal dröhnte der uralte russische Flieger AN 12 über den Auenwald.
Und dass im Prozess auch über die Flughöhen regelrecht geschwindelt wurde, kann Weickert wieder mit Zahlen belegen. Die Fluglärmbetroffenen haben sich ja mittlerweile professionelle Daten besorgt, weil der Flughafen auf ein belastbares Lärmmessnetz in der Region einfach nicht zu verpflichten ist. Und bei ihren Flügen im Februar hat die AN 12 in Höhe Ortseingang Lützschena-Stahmeln ganze drei Mal die behauptete Mindestflughöhe von 600 Meter eingehalten. Zehn Mal war sie drunter. Und das alles in den Abendstunden. Wer solche Überflüge erlebt, weiß, dass dann minutenlang eine Lärmglocke über die ganze Gegend zieht.
Und mit der Klausel im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD zur massiven Ausweitung des „Flugbetriebes am Flughafen Leipzig-Halle mittels internationaler Frachtfluglanderechte und allgemein extrem verkürzter Genehmigungsdauer für Ein- und Ausflüge von Ad-hoc-Frachtchartern“, hat nicht nur die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ so ihre Sorgen. Denn wenn man die massiv steigenden Zahlen für die Nutzung der Kurzen Südabkurvung sieht, deutet sich damit auch eine massive Ausweitung des Fluglärmgebietes an – dann werden noch mehr Frachtflieger eben nicht nur über den Auenwald, sondern eben auch über dicht besiedeltes Leipziger Stadtgebiet dröhnen. Matthias Zimmermann stellt wohl zu Recht die Frage: „Wichtig für einen Ausbau der Militärflüge?“
Augenscheinlich machen einige Bundesinstanzen am Flughafen Leipzig/Halle ihre eigene Politik. Und sie sind sich auch nicht zu schade, einem Gericht dafür falsche Zahlen aufzutischen und Planfeststellungen einfach zu ignorieren.
Vertrauen in Regierungshandeln stellt man so auf keinen Fall her.
Überflüge der AN 12 über die Kurze Südabkurvung allein im Februar 2018.
Der Fluglärmreport für Februar 2018.
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