Die Wasserrahmenrichtlinie ist ja so neu nicht. Sie wurde im Jahr 2000 von der EU beschlossen. Auch Sachsen hatte also bis jetzt 17 Jahre Zeit, ihre Umsetzung in Gang zu bringen und Konzepte aufzulegen, mit denen das sächsische Gewässersystem nachhaltig in einen guten Zustand (Note 2) versetzt werden könnte. Nachhaltig heißt nun einmal: nicht mit technischen Mitteln. Die Selbstheilungskräfte der Flüsse müssten die Hauptarbeit leisten. Aber das hat Sachsen massiv unterbunden.

Auch wenn es die Staatsregierung so nicht thematisiert. Aber seit 2002 gilt in Sachsen die Formel: Für den technischen Hochwasserschutz gibt es immer Geld, für die Revitalisierung der Flüsse nicht. Deswegen wurde das durchaus sinnvolle Programm, wie es nach der Jahrhundertflut 2002 vorgestellt wurde, einen Großteil der Überschwemmungsgebiete der Flüsse wieder zu öffnen und die Deiche zurückzuverlegen, in den folgenden Jahren immer weiter eingedampft. Stattdessen wurde selbst in Leipzig weiter in massive Deichverstärkung mitten im Auensystem gesetzt.

Ein Programm, wie wenigstens die in der Verantwortung der Stadt liegenden Flussabschnitte wieder in einen möglichst naturnahen und selbststabilisierenden Zustand überführt werden könnten, gibt es nicht. Es ist einfach kein Thema. Und wenn es die Umweltverbände zum Thema machen, wird es immer wieder ignoriert in dem festen Glauben, man könnte die Probleme der Flüsse ingenieurtechnisch lösen. Aber Ingenieure bauen keine lebendigen Flüsse.

Sie können bestenfalls die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Flüsse sich wieder selbst regenerieren können. Überall, wo das verhindert wird, bleiben die Flüsse tot. Die Leipziger haben sich schon längst an den toten Zustand ihrer Flüsse gewöhnt. Sie merken oft nicht einmal mehr, dass sie nicht auf lebendige Fließgewässer schauen, sondern auf chemisch hochgradig belastete Wasser, in denen kaum etwas lebt.

Was dann die Noten für die Leipziger Fließgewässer bestätigen.

Zur unteren Weißen Elster haben wir das Thema schon ausführlich behandelt. Die kommt über die schlechteste Note, die Note 5, zumeist nicht hinaus.

Erreicht wenigstens eins der anderen Leipziger Flüsschen die geforderte Note 2?

Auch der Elstermühlgraben kommt über die Note 5 nicht hinaus. Foto: Ralf Julke
Auch der Elstermühlgraben kommt über die Note 5 nicht hinaus. Foto: Ralf Julke

Nicht dran zu denken.

Das hier sind die Noten aus einer Landtagsanfrage von 2016. Geändert an diesem desolaten Zustand der Leipziger Gewässer hat sich seither ja nichts.

Die Noten für Leipzigs Fließgewässer:

Floßgraben 4
Pösgraben 5
Lösegraben 5
Zschampert 5
Nördliche Rietzschke 5
Östliche Rietzschke 5
Krebsgraben 5
Threne 5
Parthe 5
Alte Luppe 5
Neue Luppe 5
Elstermühlgraben 5
Weiße Elster 5, abschnittsweise auch 4

Da viele dieser Fließgewässer im Stadtgebiet auch noch kanalisiert sind und keine natürlichen Flussprofile ausbilden können, können sie selbst im Auendelta keine Selbstreinigungskräfte entwickeln. Aber gerade der zähe Streit um das Projekt „Lebendige Luppe“ zeigt: Die Zeit der ingenieurtechnischen Lösungsvorschläge geht vorbei.

Sie schaffen nicht das, was stets vollmundig versprochen wurde. Es wird ohne eine große Veränderung im technisch verbauten Leipziger Gewässersystem nicht gehen, wenn man die Aue nicht austrocknen lassen will und die Flüsse wieder so lebendig machen möchte, wie sie bis ins 19. Jahrhundert waren.

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