Im vergangenen Jahr machte der NuKLA e.V. von sich Reden, als er den juristischen Weg beschritt, um die geplanten Baumfällungen im Leipziger Auenwald zu stoppen. Denn die erfolgten seit Jahren ohne Rechtsgrundlage, weil der Stadtrat nicht über die aktuellen Forstwirtschaftspläne entschied. Was einer der Gründe dafür ist, warum der Auenwald in der Arbeit der Stadtratsfraktionen so gut wie keine Rolle spielt. Ein Unding, findet der NuKLA und konfrontiert die Stadträte jetzt mit lauter Fragen zum Umgang mit dem Auenwald.
Das Grundthema ist klar: Das größte Leipziger Naturschutzgebiet kann nicht immer nur vorrangig als Wirtschaftswald betrachtet werden. Oder als Tummelplatz für alle möglichen wirtschaftlichen Nutzungen, die eindeutig gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen. Aber das Bewusstsein dafür, dass der Auenwald ein Naturschutzareal nach höchsten europäischen Standards ist, ist im Leipziger Stadtrat überhaupt nicht vorhanden. Man hat das Thema einfach dem Umweltamt, dem Amt für Stadtgrün und Gewässer, dem Stadtförster und der Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland überlassen. Irgendwie sollte eine wassertouristische Nutzung entstehen und man arbeitet in den Gremien weiter an einer wirtschaftlichen Nutzung des Gebiets, obwohl genau die untersagt ist und nur in Ausnahmefällen mit Sondergenehmigung stattfinden darf.
Logisch, dass der NuKLa jetzt an alle Ratsfraktionen schreibt: „Wir empfehlen die aktuell auffallend überwiegende wirtschaftliche Nutzung des Auwaldes Leipzig im Zuständigkeitsbereich der Leipziger Stadtforsten sowie des Sachsenforst zugunsten einer Orientierung an den Erfordernissen eines Groß-Naturschutzgebiets mit den FFH- und SPA-Bereichen, die europäischen Schutzkriterien unterliegen, umzustellen.
Insbesondere sollten umfängliche Hiebsmaßnahmen künftig unterbleiben, wie sie auch für den laufenden Winter angekündigt wurden. Wir empfehlen die Nutzung des Auwaldes vornehmlich für Zwecke der Naherholung, der Luft-Verbesserung für Leipzig und der Sanierung des Grundwassers umzuwidmen.
Zu Anfang der Hiebsperiode 2017/2018 wurde mitgeteilt, dass in dieser Saison 7.000 fm Holz im Leipziger Auwald eingeschlagen werden sollen. Dieser Hiebssatz kann keinesfalls in den kommenden Jahren beibehalten werden, denn es werden dann für die verschiedenen Schutzziele existentielle Lebensraum-Elemente in Form von Altbäumen vor allem der Esche und Eiche, aber auch Rotbuchen, Bergahorn u. a. entnommen.“
Die forstwirtschaftlichen Waldumbauten machen also erst wirklich Sinn, wenn möglichst große Teile des Auenwaldes wieder revitalisiert werden und sich unter echten Auenbedingungen entwickeln können. Dann gibt es einen Rahmen, in den sie sich einfügen müssen.
Immerhin haben im Zusammenhang mit dem Projekt „Lebendige Luppe“ einige Ratsfraktionen wie die SPD-Fraktion den Gedanken, dass der Auenwald eigentlich Wasser braucht, zumindest wieder in ihr Denken aufgenommen.
Aber viel zu schnell werden wichtige Gedanken wieder vergessen, wenn die Verwaltung einfach so weitermacht wie bisher.
Deswegen hat der NuKLA e.V. jetzt ein ganzes Fragenpaket an die im Stadtrat vertretenen Parteien geschickt und bittet sie darum, diese zur Beantwortung an die Verwaltung der Stadt heranzutragen und im Stadtrat zu erörtern.
Die Fragen:
– Wir bitten zu begründen, warum im Leipziger Waldgebiet, das zu weit mehr als 50 % nach Kriterien der FFH-, und Vogelschutz und als NSG unter Schutz gestellt wurde, in diesem Umfang Holz zum Einschlag freigegeben wird.
– Welche Holzarten sind zur Entnahme in welchem Umfang vorgesehen?
– Nachdem wir bereits die zweite Hälfte des Februar 2018 schreiben, bitten wir um Mitteilung, welcher Anteil dieses Hiebsatzes bisher erreicht wurde und auf welche Baumarten sich der bisherige Einschlag in welchem Umfang bezieht.
– Wird der vorgesehene Hiebssatz erreicht werden und wann werden die Nutzungsmaßnahmen beendet sein?
– Was spricht dagegen, die alljährlichen Hiebsmaßnahmen auf solche der Wegesicherung resp. der Beseitigung von Wege-sperrendem Windwurf zu beschränken?
– Auf welche Weise wird sichergestellt, dass bei den Hiebsmaßnahmen kein Schaden an den Wertgütern des FFH-Gebiets, des NSG sowie der übrigen für Natur- und Artenschutzzwecke ausgewiesenen Bereiche eintritt?
– Wie wird sichergestellt, dass beispielsweise Fledermaus-Quartiere, Spechthöhlen, Vorkommen des Eremiten und weiterer Mulm- und Totholz-besiedelnder Käfer nicht geschädigt werden?
– Beabsichtigt die Forstverwaltung in Ergänzung der bestehenden Schutzbereiche sogenannte „Altbäume mit Habitat-Tradition“ einem besonderen Schutz zu unterstellen?
– Eine Erkenntnis der Ökologie lautet „Je älter ein Baum wird, desto vielfältiger wird sein Strukturangebot und umso vielfältiger wird die Lebensgemeinschaft die er beherbergt“. Wie trägt die Forstverwaltung dieser Erkenntnis Rechnung, wenn dennoch in den für die Naturentwicklung geschützten Bereichen Altbäume – im vergangenen Jahr gesunde Eschen von mehr als 150 bis 170 Jahren Alter – entnommen werden?
– Welche Kosten für Personal, Gebäude, Maschinen und sonstiges entstehen der Stadt für die Aufrechterhaltung der Wirtschafts-Forstbetriebs im Jahr 2017 und 2018?
– Welche Einnahmen werden durch den Forstbetrieb im Auwald Leipzig erzielt?
– Wie viel % der Einnahmen aus dem Forstbetrieb im Auwald Leipzig kommen den Schutzzwecken des Auwaldes zugute, und welche anderen Ressorts profitieren in welchem Umfang davon?
Man merkt, dass der NuKLa viel Wert auf ein Thema legt, das meistens ausgeblendet wird, wenn es um Baumfällungen und Waldverjüngung geht: den Umgang mit den richtig alten Bäumen und den umgestürzten Altbäumen, die ein wichtiges Habitat für viele Tier- und Insektenarten sind. Etwas, was durch Jungwuchs über Jahrzehnte nicht ersetzt werden kann.
„Wir freuen uns sehr, wenn Fraktionen des Stadtrats diese Fragen aufgreifen und die Stadtverwaltung um Auskunft bitten. Eine Ergänzung unserer Frageliste kann folgen“, schreiben Prof. Dr. Bernd Gerken und Johannes Hansmann im Namen des vom NuKLA gegründeten Sächsischen Aueninstitut Mitteldeutschland an die Ratsfraktionen.
Man kann gespannt sein, ob der Auenwald als Leipzigs wichtigstes Naturschutzreservat tatsächlich einmal die Aufmerksamkeit in der Ratsversammlung bekommt, die er eigentlich schon seit Jahren gebraucht hätte.
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