Das Thema Floßgraben und Eisvogel und Allgemeinverfügung wird fast immer nur aus Leipziger Sicht betrachtet. Dabei gibt es die Probleme nicht nur am Leipziger Teil des Floßgrabens. Verstöße gibt es auch jenseits der Schleife in Höhe Wolfswinkel. Aber da sind eigentlich die Umweltverantwortlichen von Markkleeberg und Landkreis Leipzig zuständig. Ein Kompetenzwirrwarr, der jetzt ein Ende finden soll.
Dass es da in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit kollidierenden Kompetenzen gab, klingt noch an, wenn das Leipziger Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport nun begründet, warum zur causa Floßgraben jetzt eine extra Zweckvereinbarung mit der Stadt Markkleeberg und dem Landkreis Leipzig abgeschlossen werden soll.
„Liegt wie hier eine mehrfache örtliche und/oder sachliche Zuständigkeit mehrerer Verwaltungsbehörden vor, die mit der Ausführung des Gesetzes und der Überwachung der vorgeschriebenen Gebote und Verbote betraut sind, so erscheint es nach den Erfahrungen in den vorangegangenen Jahren geboten, die Zuständigkeit durch eine Vereinbarung der Verwaltungsbehörden untereinander zu bestimmen, um die Gefahrenabwehr so effizient und effektiv wie möglich zu gestalten, um bei Zuwiderhandlungen die Ahndung und Verfolgung der Verstöße erfolgreich zu gestalten“, kann man da lesen.
Da lodert noch einiger Unmut aus den Vorjahren mit, als es wohl gar nicht so gut klappte und Leipzig schon erhebliche Kräfte dazu aufwandte, das Betretungs- und Befahrungsverbot am Floßgraben zu kontrollieren. Es muss da einige ordentliche Unstimmigkeiten gegeben haben. Und am Ende hat sich die übergeordnete Behörde, die Landesdirektion eingeklinkt.
Wie vehement, das steckt in dem wunderschönen Wort „nachdrücklich“:
„Im Rahmen der Weisungsverwaltung hat die Landesdirektion Sachsen die nachgeordneten örtlich zuständigen unteren Naturschutzbehörden nachdrücklich aufgefordert, bei dem Floßgraben die Einhaltung der Vorschriften des Naturschutzrechts intensiv zu überwachen, um die Brut der besonders streng geschützten Art durch zusätzlichen Bootsverkehr in den Sperrzeiten nicht zu gefährden. Dass die Kontrollen erforderlich sind, haben die bisherigen Saisonergebnisse bewiesen. Allein im Jahre 2016 wurden in der kontrollierten Sperrzeit 317 Verstöße registriert. Der Abschluss der Zweckvereinbarung ist aus naturschutzfachlicher Sicht das geeignete Instrument um das naturschutzrechtliche Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der Allgemeinverfügung effektiv zu gestalten.“
Man merkt, dass der Ernst der Lage auch nicht allen Behörden klar war. Die Allgemeinverfügung, die die Stadt Leipzig nun seit einigen Jahren regelmäßig erlässt, regelt, dass überhaupt muskelbetriebene Boote in der Brutsaison des Eisvogels durch den Floßgraben fahren dürfen.
Noch deutlicher: Ohne Allgemeinverfügung dürften überhaupt keine durchfahren.
Die Allgemeinverfügung regelt, in welchen klar begrenzen Zeitfenstern überhaupt der Floßgraben zwischen Pleiße und Lauer durchfahren werden darf und was vor allem am Grabenrand alles nicht passieren darf, um die Brut des Eisvogels zu sichern. Und dazu gehört das Anlanden genauso wie das Campieren, Feuermachen oder die Begängnis mit Hunden. Das Befahren des Floßgrabens mit Motorbooten ist generell verboten. Trotzdem halten sich etliche Zeitgenossen nicht daran. Die 317 festgestellten Verstöße sind nur die Spitze des Eisbergs.
Logisch, dass die Landesdirektion jetzt eine Komplettkontrolle auf dem ganzen Stück Floßgraben wünscht, auf dem die Durchfahrtsregelung gilt. Und zwar durch eine einzige zuständige Behörde – in diesem Fall die Umweltbehörde der Stadt Leipzig.
Was sich dann in den beiden Beschlusspunkten niederschlägt, die zu einer unbefristeten Zweckvereinbarung führen sollen:
1) Der Stadtrat beschließt, dass die ordnungsbehördlichen Aufgaben am Floßgraben im Geltungsbereich der oben benannten Allgemeinverfügung auf die Stadt Leipzig übertragen und von ihr durchgeführt werden.
2) Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die zur Regelung der Übertragung der ordnungsbehördlichen Aufgaben erforderliche Zweckvereinbarung zu unterzeichnen.
Und als Erläuterung, warum Leipzig jetzt diesen Dauervertrag mit Markkleeberg und dem Landkreis Leipzig abschließen soll:
„Die sich jährlich vom 01.03. bis 30.09. wiederholende Allgemeinverfügung zur Sicherung der Brut- und Wohnstätten des Eisvogels (Alcedo atthis) regelt das Betreten des Floßgrabens und Befahren mit muskelkraft- und maschinenbetriebenen Wasserfahrzeugen aller Art einschließlich Luftmatratzen und Flößen zwischen Einfahrt in den Waldsee Lauer in 04416 Markkleeberg und Einmündung in die Pleiße in 04277 Leipzig sowie das Betreten eines 20 m breiten beidseitigen Uferbereiches.
Der Floßgraben fließt aus dem Gebiet des Landkreises Leipzig in das Leipziger Stadtgebiet. Ausschließlich an der Einmündung des Floßgrabens in die Pleiße ist in der Stadt Leipzig und unterhalb der über den Floßgraben führenden Holzbrücke in der Stadt Markkleeberg und somit auf dem Gebiet des Landkreises Leipzig für Gefahrenabwehrmaßnahmen zur Überwachung der Einhaltung der Allgemeinverfügung die Einrichtung von zwei Kontrollpunkten möglich. Diese erfolgt im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit durch Mitarbeiter der Leipziger Stadtverwaltung, insbesondere des Amtes für Umweltschutz, des Stadtordnungsdienstes, der Branddirektion, sowie durch Mitarbeiter des Umweltamtes des Landkreises Leipzig und/oder in Ausnahmefällen durch die Sächsische Wasserschutzpolizei. Aufgrund der Einwohnerzahl ist die untere Naturschutzbehörde des Landkreises personell nicht in einer mit der Stadt Leipzig vergleichbaren Lage, um das von der Landesdirektion Sachsen geforderte Schutzniveau permanent zu gewährleisten.“
Der etwas Reichere wird also mit der Sicherung der Allgemeinverfügung für Alcedo atthis, den Eisvogel, beauftragt. Alle Bußgeldverfahren laufen künftig über die Stadt Leipzig – auch die im Südteil des Floßgrabens festgestellten. Markkleeberg und der Landkreis zahlen Leipzig kein Geld für den extra Aufwand. Aber dafür darf Leipzig die Ordnungsgelder behalten. Was im Grunde Ansporn ist, noch emsiger zu kontrollieren.
Im Januar soll sich Leipzigs Stadtrat mit der Vorlage beschäftigen. Und wenn keiner widerspricht, gibt es vielleicht im April einen netten Termin mit Landrat und zwei Oberbürgermeistern, die bei einer Paddeltour die neue Zweckvereinbarung unterzeichnen.
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