Es gibt Kleinode in Leipzig, die sind so versteckt, dass es sich lohnt, dafür extra kleine Exkursionen anzubieten und kleine Wegführer anzufertigen. So etwas hat die IG Chronik Großzschocher-Windorf jetzt auch mal für den Zickmantelschen Mühlpark gemacht. Da geht es dann schon los: Wo ist die Mühle?

Den Mühlgraben findet man noch leicht. Der unterquert die Brückenstraße, kurz bevor man zur Elsterbrücke kommt. Rechterseits sieht man ihn im Grünen plätschern. Zumindest der kleine Ablauf, der noch übrig ist. Er kommt direkt vom alten Mühlengelände. Die Mühlengebäude wurden 2013 bis 2015 völlig umgebaut. Aus den Mühlengebäuden, die lange Jahre leerstanden, wurden hochwertige Wohnungen. Wer hier wohnt, wohnt im Grünen. Aber wo ist der Park?

Man erreicht ihn über – na hoppla – wer hätte das gedacht: über den Mühlparkweg. Der heißt tatsächlich so und führt – an einer Kleingartenanlage entlang – tief ins Gelände. Manchmal trifft man hier die Zschocherschen mit ihren Hunden. Das Plätzchen ist beliebt als Auslauf, Ort zum Verweilen und Schlendern. Die Zeit tickt hier sowieso anders. Als Nummer 42 hat er sich auch in das Standardbuch zum Leipziger Grün („Leipzigs Grün“) verirrt, wo die 88 wichtigsten Leipziger Parks und Grünflächen versammelt sind.

Der Teich im Zickmantelschen Mühlpark. Foto: Ralf Julke
Der Teich im Zickmantelschen Mühlpark. Foto: Ralf Julke

Nur die Vorgeschichte dieses 1,9 Hektar großen Stückchens Grün ist etwas diffus. Dass es hier seit dem 12. Jahrhundert eine Wassermühle gegeben haben muss, ist belegt. Sie besorgte die Mahlarbeiten für das Rittergut. Jenseits des künstlich geschaffenen Mühlgrabens befanden sich so malerische Flurstücke mit Namen wie die Kleine Hutweide und die zur Mühle gehörenden Wiesen und Obstbaumbestände.

Alles nachlesbar in einem Faltblatt, das die Interessengemeinschaft jetzt angefertigt hat. Mit kleinen Texten zur Geschichte der Mühle, die für Großzschocher so prägend wurde, weil Anton Zickmantel und sein Compagnon Friedrich Schmidt aus der Mühle ab 1869 eine moderne Mühle mit industriellen Dimensionen gemacht haben. Es war eins der größten Unternehmen in diesem Dorf, prägend bis 1945, als die Besitzer erstmals enteignet wurden und ihre Ländereien verloren. Die Mühle betreiben durften sie bis 1968.

Das Faltblatt "Mythos Baum". Foto: Ralf Julke
Das Faltblatt „Mythos Baum“. Foto: Ralf Julke

Auch der Mühlpark entstand in jenen frühen Jahren, als Zickmantel und Schmidt die Mühle zum erfolgreichen Unternehmen machten. Nur die Dokumente, die die Anfänge belegen, fehlen. Aber irgendwann um 1870 müssen die Besitzer einfach daran gegangen sein, aus den Mühlwiesen einen kleinen Park mit vielen exotischen Bäumen und einem kleinen Teich mit Insel zu machen. So, wie auch andere Unternehmer im Leipziger Raum ihre finanziellen Möglichkeiten nutzen, Teile der Landschaft in stimmungsvolle Parks zu verwandeln – man denke nur an den Herfurthschen Park in Markkleeberg oder den Schlosspark in Knautkleeberg.

Das Faltblatt enthält nicht nur die kurze Mühlengeschichte, sondern auch eine kurze Geschichte des Parks, der seit 1945 für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Eine Karte zeigt alle Bäume, die hier zum Teil seit über 100 Jahren stehen – 27 verschiedene Arten von der auenwaldtypischen Gemeinen Esche bis hin zur Magnolie. Schwarznuss, Gingko und Weymouthskiefer erinnern daran, dass die einstigen Schöpfer des Parks auch ein großes botanisches Interesse hatten. Das Wegesystem ist abgebildet, das zur Erkundung des Parks einlädt, in dem sich immer neue Einblicke und Szenerien bieten. Ein Weg führt auch direkt am alten Nebenarm der Weißen Elster, dem Zickmantelschen Mühlgraben vorbei.

Und in „Leipzigs Grün“ wird auch noch verraten, dass viele botanische Kostbarkeiten auch zu Füßen der Spaziergänger zu entdecken sind: Blaustern, Milchstern und Stumpfzähniger Frauenmantel zum Beispiel. Aber selbst der Teich, der für Jung-Angler zugelassen ist (zumindest verrät das das Schild), bietet botanische Hingucker – unter Wasser. Man ahnt es schon: Für einen wirklich fruchtbringenden Parkrundgang braucht man einen kundigen Führer.

Das Faltblatt ist auch nicht ganz ohne Grund entstanden.

Denn im Herbst soll es die erste richtige botanische Führung durch den Park geben. Deswegen nennt dich das Faltblatt auch „Mythos Baum“. Denn zu all den vorhandenen Bäumen gibt es eine Menge Geschichten zu erzählen – auch zum einst mythischen Bezug des Menschen zu den Bäumen. Und zu deren Bewohnern, könnte man noch hinzufügen.

Wer sich den Termin vormerken will:

Die Botanische Führung durch den Mühlpark findet am 22. Oktober um 14 Uhr statt. Treffpunkt ist in der Brückenstraße an der Brücke über die Mühlpleiße. Unkostenbeitrag: 8 Euro, ermäßigt 6 Euro.

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