Nach der Linken fordern nun auch ein paar Leipziger Sozialdemokraten, dass für das besetzte Reichsbahngebäude „Black Triangle“ konstruktive Verhandlungen mit den Besetzern geführt werden. Ganz bewusst so formuliert: Reichsbahngebäude. Denn die Deutsche Bahn kann mit dem Gebäude seit über 20 Jahren nichts anfangen, hat es irgendwie geerbt und ließ es einfach dahinsiechen. Dabei gibt es ein kleines Problem.
Worauf jetzt die Leipziger Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD hinweist. Denn auch der bundeseigene Konzern der Bahn denkt nur an Rendite. Mit sozialen Fragen beschäftigt er sich so wenig wie der Bundesfinanzminister. Das Geld soll sprudeln.
Dass aber die Bahn auf riesigen Grundstücken in wertvollster Stadtlage saß und teilweise noch sitzt, findet nirgendwo in der Konzernpolitik einen Widerhall in einer angepassten Verkaufspolitik. Obwohl der zuständige Bundesfinanzminister um die sich häufenden Sorgen der Städte weiß. Aber Kommunen, die nicht mitbieten können, wenn der einst städtische und heute so wertvolle Grund verkauft wird, gucken in die Röhre. Genauso wie die Bürger dieser Städte, die unter der zunehmenden Verdrängung leiden.
Und genau darum geht es ja am „Black Triangle“.
Denn die Situation auf dem Leipziger Wohnungsmarkt gestaltet sich wie in vielen anderen deutschen Großstädten – Wohnraum wird immer knapper und teurer. Vor allem Einzelpersonen und Familien mit schlechten und mittleren Einkommen sehen sich einem immer größer werdenden Verdrängungsdruck ausgesetzt und finden oft keinen bezahlbaren Wohnraum, schätzt auch die AfA ein. Hinzu käme, dass für kreative Lebens- und Wohnformen immer weniger Raum zur Verfügung stehe. Die Sanierung und Rekonstruktion vieler Wohnflächen in Leipzig hätten zwar das Stadtbild insgesamt aufgewertet und Wohnkomfort geschaffen, allerdings seien dadurch auch viele Flächen, welche über Jahrzehnte kreativ genutzt wurden, verschwunden.
„Die Stadt gehört aber allen Leipzigerinnen und Leipzigern, also nicht nur denjenigen, welche genügend Geld verdienen oder mit den klassischen Wohnformen zufrieden sind. Wir dürfen auch alle anderen nicht vergessen, weder die Menschen mit geringen Einkommen noch die Menschen, welche eine alternative Lebens- und Wohnform gewählt haben“, erklärt Fabian Wolff von der AfA Leipzig.
Das „instandbesetzte“ Objekt „Black Triangel“, welches gerade die Gemüter in Leipzig immer wieder erregt, wurde in den vergangenen 20 Jahren von der Besitzerin Deutsche Bahn AG verfallen lassen. Die Instandbesetzer*innen haben im Objekt Kulturräume geschaffen, in denen Konzerte, Veranstaltungen oder einfach nur ein kreativer Austausch von Ideen stattfinden kann. Sie haben auch den Kontakt und das Gespräch mit der Deutschen Bahn gesucht – bislang ohne positives Ergebnis.
Da das Objekt derzeit weder verkauft werden soll, noch sonstige Nutzungskonzepte der Besitzerin vorliegen, gäbe es überhaupt keinen Zeitdruck, so die AfA.
„Eine unüberlegte ‚Law and Order‘-Politik, welche von manchem konservativen Politiker gefordert wird, kann nur als Wahlkampfgeplänkel oder Aktionismus verstanden werden. Angezeigt sind aus unserer Sicht Verhandlungen mit den Vertreter*innen des Kulturkollektivs, um Möglichkeiten einer legalen Nutzung auszuloten und Eskalationen zu vermeiden“, erklärt Irena Rudolph-Kokot für die Leipziger Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD.
Eine wachsende Stadt sei gerade wegen der kulturellen Freiräume attraktiv für junge Menschen. Die gesamte Stadt profitiere von jungen Arbeitnehmer*innen, die nach Leipzig genau aus diesen Gründen ziehen. „Allerdings schrumpfen diese Freiräume mit dem wachsenden Wohnraumbedarf immer mehr“, betont die AfA. „Umso wichtiger ist es, dafür nach Möglichkeit nutzbare Objekte zu fördern. Das vor der Besetzung ‚vergessene‘ Gebäude könnte genau so ein Objekt sein. Es lohnt sich nicht in den Chor der Hardliner einzustimmen – für uns alle.“
Die Stadt selbst hat für das ganze Gelände überhaupt noch keine Pläne, hat sogar die einmalige Gelegenheit versäumt, nördlich des Alten Messegeländes ein neues, innenstädtisches Wohngebiet zu entwickeln, als das noch möglich war. Man hat lieber auf eine Automeile an der Richard-Lehmann-Straße gesetzt und einen riesigen Funkmasten hinsetzen lassen. Deutlicher kann man gar nicht beschreiben, wie vergessen dieses Stück Leipzig war, bevor ein paar junge Leute loszogen, ein leerstehendes ungenutztes Bahngebäude zu besetzen.
Eigentlich könnte man eine eindeutige Forderung in den Raum stellen: Ideen bitte!
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