In der Dienstberatung wurde das Entwicklungskonzept für Leipzigs beliebtesten Park Mitte Juni endlich bestätigt. Zur Ökofete wurde es auch öffentlich vorgestellt. Ziemlich dick ist das Papier geworden: 115 Seiten. Aber es enthält zentral auch das, was den Park nicht nur zum Park macht, sondern zur Drehscheibe: deutlichere Aussagen zu den Wegen, schnellen und nicht so schnellen.

Vier Jahre Arbeit stecken drin. Und man sieht auch, dass das verantwortliche Amt für Stadtgrün und Gewässer zentral natürlich um den Erhalt historischer Parkstrukturen und hohe Aufenthaltsqualitäten kämpft. Aber begonnen hat die Diskussion um den stark beanspruchten Clara-Zetkin-Park und den angrenzenden Johannapark ja, weil sich die Nutzungskonflikte mehrten. Nicht nur die zwischen (lauter) Musik und Ruhebedürfnis, Sporttreiben und zerlatschten Wiesen, Feierlaune und verbranntem Rasen, fröhlichen Parties und ungeregelten Müllbergen – sondern auch die zwischen „langsamen“ Nutzern und schnellen.

Und diese Botschaft war schwer zu vermitteln. Immer wieder mussten Stadtratsfraktionen Anträge stellen, damit die Verwaltung auch wirklich akzeptierte, dass es nicht nur um die Reparatur von Parkwegen ging, sondern um eine klare und zukunftsfähige Definition des Radewegenetzes, das den Park durchquert. Hier kreuzen sich mehrere Leipziger Hauptrouten. Derzeit noch auf ziemlich geschundenen Wegen und unübersichtlichen Kreuzungen.

Die Botschaft: Das soll sich ändern.

Die Vorlage, die jetzt in die Ratsversammlung kommt, dient der Vorbereitung eines Instandsetzungs- und Investitionsprogramms für die Haushaltberatungen 2019 und die folgenden Jahre.

Begleitet wurde die Erarbeitung von Anfang an durch ein breit angelegtes Bürgerbeteiligungsverfahren. Daraus resultierte zum Beispiel die Forderung nach einem autofreien Park.

Autofrei heißt, dass zumindest auf einem Teilstück der Anton-Bruckner-Allee über die Einziehung als Autostraße nachgedacht wird: „Als ein wesentlicher Umsetzungspunkt des Entwicklungskonzeptes ist die Sicherstellung der Zielsetzung ‚autofreier Clara-Zetkin-Park‘ formuliert worden. Hierzu soll ein straßenverkehrsbehördliches Verfahren zur Teileinziehung von Abschnitten der Anton-Bruckner-Allee und der Max-Reger-Allee entsprechend der oben lautenden Beschlussfassung (siehe Beschlusspunkt 2) durchgeführt werden.“

Dieser Beschlusspunkt 2 lautet: „Der Oberbürgermeister wird zur Umsetzung des Teilkonzeptes ‚Wege und Verkehr‘ beauftragt, a)  das straßenrechtliche Verfahren zur Teileinziehung der im Konzeptplan ‚Teileinziehung von Anton-Bruckner- und Max-Reger-Allee‘ beschriebenen Abschnitte einzuleiten; b) diese als ‚beschränkt öffentliche Wege und Plätze‘ mit besonderer Zweckbestimmung ‚selbständige Geh- und Radwege‘ einzustufen.“

Wobei der Anton-Bruckner-Allee eine besondere Rolle zukommt: Sie soll zur „Zentralen Meile“ werden.

Was sie eigentlich historisch schon ist, nur hat niemand in den letzten 100 Jahren die seitlichen Wegeverbindungen insbesondere für Radfahrer wirklich neu definiert.

Das geplante Wegesystem im Clara-Zetkin-Park. Karte: Stadt Leipzig, Entwicklungskonzept Clara-Zetkin-Park und Johannapark
Das geplante Wegesystem im Clara-Zetkin-Park. Karte: Stadt Leipzig, Entwicklungskonzept Clara-Zetkin-Park und Johannapark

„Bereits zur Entstehungszeit ist die Allee Haupterschließungsachse der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897 – eine Besonderheit im Vergleich mit anderen historischen Parks. Heute zeigt die Anton-Bruckner-Allee ein vielfältig ungepflegtes und  ungestaltetes  Erscheinungsbild, das dem Charakter der ‚Zentralen Meile‘ nicht gerecht wird“, heißt es im Entwicklungskonzept. „Gestalterische und funktionale Potenziale werden nicht ausgeschöpft. Wie an vielen Stellen des Wegesystems besteht durch  den Sanierungsstau der zurückliegenden Jahre ein erheblicher Bedarf zur Beseitigung von Schadstellen und zur (Wieder-) Herstellung der Barrierefreiheit (Hinweise AG Rad – vgl. Protokoll AG Rad 15.07.2014). Markantes Beispiel dafür sind die Anschlussbereiche der Anton-Bruckner-Allee: hier bestehen heute hohe und defekte Kanten am Belagswechsel, tiefe Rinnen am Bord, ausufernde Wegeanschlüsse und nicht zuletzt defizitäre Querungsmöglichkeiten der Streifen unter den Baumreihen.“

Aber nicht nur repariert soll sie werden, sondern im größten Teil auch in eine Fairnesszone verwandelt werden. Vorbild ist die Fairnesszone Radweg am Donaukanal in Wien. Wie soll das aussehen? – Stichpunktartig: „Kennzeichnung mit besonderer Farbe (keine Verkehrsfarbe) und abstraktem Begriff  „Fairnesszone“ über die gesamte Breite der Fahrbahn Bruckner-Allee (von Ost nach West: Eingang am Kreisverkehr Herzliyaplatz, westlich des Bassins, östlich und westlich Sachsenbrücke, östlich des Ovals an der AOK).“

Was auch den mehrfachen Charakter dieser Asphaltstrecke betont – sie ist für viele Radfahrer die schnellste Route von Schleußig Richtung Innenstadt, gleichzeitig ist sie besonders bei Skatern beliebt, Familien schlendern hier, Jogger kreuzen, Menschen sind mit Rollstuhl unterwegs. Da sollte man auf unterschiedliche Geschwindigkeiten und Reaktionsvermögen Rücksicht nehmen.

Aber neben der Anton-Bruckner-Allee durchschneiden auch noch andere Schnellwege den Park. Das betrifft zum Beispiel den Weg direkt am Elsterbecken und die Streckenführung an der Lassallestraße und der Karl-Tauchnitz-Straße, ergänzt um drei Hauptwege, die den Park direkt erschließen. Von Letzterem zeugen ja dann auch die riesigen Herden irgendwie zuweilen recht wild geparkter Fahrräder insbesondere bei den gastronomischen Einrichtungen.

Auch so eine Erkenntnis aus dem Beteiligungsprozess: Es braucht zwingend mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, möglichst direkt an den Hauptrouten, damit die Fahrräder nicht auch noch die von Spaziergänger bevorzugten Wege verstellen.

Aber der Prozess hat jetzt eben nicht nur die Definition dieses „Netzes der schnellen Wege“ mit sich gebracht.

Denn wenn ab 2019 investiert wird, geht es auch darum, diese Wege wieder sicherer zu machen, ihre Nutzbarkeit zu erhöhen und sie von den „stilleren“ Parkwegen klarer abzugrenzen.

„Die Schaffung eines (insbesondere auch für Radfahrer) gut funktionierenden robusten tages- und jahreszeitenunabhängigen Wegeangebotes (im Sinne von ‚schnellen Wegen‘, da ‚kurze Wege‘ als Prinzip nicht durchgängig greift) soll Konflikte zwischen ‚langsamen‘ und ‚schnellen‘ Parknutzern minimieren sowie zur Vermeidung von informellen Wegeverbindungen und ‚Ausweichstrecken‘ beitragen.“

Man sieht diese „informellen Wege“ nicht immer gleich. Aber das Amt für Stadtgrün und Gewässer hat mehrere solcher Trampelpfade ausgemacht, die umwegfaule Menschen einfach quer über Wiesen hinterlassen haben. Das sieht nicht wirklich schön aus.

Die „schnellen Wege“ sollen eine belastbare Wegeoberfläche bekommen – entweder Asphalt oder wassergebundene Decke – und gegebenenfalls auch verbreitert werden. Und sie sollen auch leichter zu finden und zu identifizieren sein als „zielführender Transitweg bzw. Weg zu den Destinationen“, wie es in der Konzeption heißt. Und als Augenzwinkern aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer: die „subtile Lenkung von Radfahrern“.

Was natürlich in beide Richtungen gilt. Bislang hat auch die Stadt eher wenig Wert auf klare Wegeführungen und eine leicht lesbare Wegebeschilderung im Park verzichtet.

Dass sich die Forderungen mit Beginn des Diskussionsprozesses 2013 so bündelten, hat ja erst einmal deutlich gemacht, dass das bisherige Vor-sich-hin-Muddeln hier nicht mehr funktioniert. Auch weil der Park eben kein ruhiges Inselchen in der Stadt ist, sondern genau mittendrin liegt und Kreuzungspunkt für viele wichtige Radverbindungen in alle Richtungen ist. Und nicht ohne Grund hat jetzt auch OBM Burkhard Jung den Radverkehr für sich entdeckt: Der Radverkehr wird noch zunehmen, auch und gerade auf den Strecken durch den Clara-Zetkin-Park.

Bei der Orientierung in der weitläufigen Parkanlage hilft übrigens ab sofort eine neue benutzerfreundliche Karte auf leipzig.de. Zu finden ist sie unter der Adresse www.leipzig.de/clarapark im Bereich „Parkkarte“. Die Karte ist mit allen Geräten, also auch im Park mit dem Smartphone nutzbar. Voraussetzung zur leichten mobilen Nutzung war dafür auch die kürzlich erfolgte Umstellung von leipzig.de auf eine responsive (für verschiedene Bildschirmauflösungen optimierte) Darstellung.

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