Wird da nun in Böhlitz-Ehrenberg in der Forststraße zu nah am FFH-Gebiet Leipziger Auwald gebaut oder nicht? Nein, teilt uns das Stadtplanungsdezernat mit. Die Abstände wurden eingehalten. "Es sind 30 Meter, wie an anderen Stellen auch. Und es ist Bauland nach §34 BauGB."
Es ist schon nicht so einfach mit dem Kartenmaterial der Stadt. Was in den Angeboten – in diesem Fall der Schutzgebietskarte der Stadt Leipzig – so eindeutig aussieht, ist augenscheinlich doch eher ein Gewimmel dick geratener Linien. Jetzt haben wir eine etwas feiner gezeichnete Karte aus dem Planungsdezernat bekommen. In der ist sichtbar, dass die Alte Luppe augenscheinlich nicht Teil des Naturschutzgebietes ist. Was schon verblüfft, denn eigentlich gehört sie zum alten Gewässersystem in der Burgaue, auch wenn sie für das Projekt “Lebendige Luppe” nicht infrage kam. Sie verläuft praktisch direkt an der Grenze zu Böhlitz-Ehrenberg, dahinter aber ist nach der Karte ein 15 bis 20 Meter breiter Streifen der Burgaue vom FFH-Gebiet nicht erfasst.
Also haben wir auch noch einmal in den digitalen Leipzig-Stadtplan geschaut. Im Screenshot aus dem Stadtplan der Stadt ist die SPA-Grenze fett in Violett eingemalt, die FFH-Grenze in Bordeaux (siehe oben). Beide liegen nördlich der Alten Luppe. Da wir aber lauter ungläubige Thomasse sind, haben wir auch noch beim Umweltministerium des Landes Sachsen in die digitale Karte mit den FFH-Gebieten geschaut. Auch dort ist die Grenze des Schutzgebietes etliche Meter nördlich der Alten Luppe eingemahlt. Die Alte Luppe gehört also nicht zum FFH-Gebiet. Was bestimmt ein eigenes Thema ist. Warum ist ein typischer alter Flussarm in der Nordwestaue nicht Teil des Schutzgebietes Leipziger Auensystem?
Offiziell ist die Alte Luppe, die bis zu den ganzen Neubauten rund um die Neue Luppe vor 90 Jahren tatsächlich noch von Wasser durchströmt war, immer noch ein Gewässer II. Ordnung in Regie der Stadt. Aber da ihr der beständige Wasserzufluss fehlt, bekommt sie praktisch nur die üblichen Niederschlagsabflüsse und verwandelt sich nach Aussage der Anwohner im Sommer auch schon mal zu einem faulig riechenden Standgewässer.
Aber auch zur von uns zitierten “Androhung von Verwaltungskosten” bekamen wir freundliche Aufklärung: “Ein Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten ist ein normiertes Recht betroffener Nachbarn, mit klar geregeltem Verwaltungsverfahren und Anspruch des Antragstellers auf einen Bescheid und ggf. dem behördlichen Einschreiten. Entsprechend gibt es auch einen Kostenbescheid und entsprechend fragt die Behörde bei Unklarheiten nach, ob derjenige, der sich an sie wendet, genau dieses Rechtsverfahren anstrengen will mit der ggf. Konsequenz von Kosten, oder nur einen Hinweis als Bürger gegeben hat, aus dem sich keine Kosten aber für ihn, aber auch keine Rechtsansprüche ableiten.”
War also keine Androhung, sondern eine Aufklärung.
Mal ehrlich: Wofür entscheidet man sich als Bürger, wenn einem die Wahl gelassen wird zwischen einer “Anzeige eines Sachverhaltes oder um einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten”? Klar: Der Hinweis des Bauordnungsamtes ist berechtigt, dass ein “Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten” Bearbeitungskosten nach sich zieht.
Aber “Anzeige eines Sachverhaltes”?
Die erübrigt sich ja nun, wo man weiß, dass die Alte Luppe nicht im Naturschutzgebiet liegt.
Haben wir wieder was gelernt. Wundern uns aber trotzdem, dass die Alte Luppe nicht drin liegt, sondern draußen.
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