Irgendwie ist der LVZ der Fachmann für Auenwald und Wasserlandschaft verloren gegangen. Am 14. Februar versuchte die Zeitung, irgendwie zu erzählen, was sich jetzt mit der „Projekterweiterung“ und Kostenerhöhung im Projekt Lebendige Luppe eigentlich geändert hat. Den grimmigen Kommentar bekam die LVZ dann postwendend von Wolfgang Stoiber, Vorsitzender des NuKLA e.V.

Den bekam auch gleich die L-IZ, auf dass er nicht einfach in der Ablage verschwindet. Die LVZ hatte tatsächlich getitelt „Stadt erweitert Projekt ‚Neue Luppe‘“. Die Neue Luppe aber ist der künstliche Kanal, der vor 90 Jahren durch die Nordwestaue gebaut wurde und heute einer der Hauptgründe dafür ist, dass der Wasserstand in der Aue abgesunken ist. Sie ist so tief ins Gelände eingeschnitten, dass sie wie ein Trichter wirkt, in den das Grundwasser abläuft.

Weshalb ja das Projekt „Lebendige Luppe“ aufgelegt wurde, mit dem mit einer Wiederbelebung von Gewässeraltarmen in der Nordwestaue wenigstens ein Teil des Auenwaldes wieder mehr Wasser bekommen soll und ab und zu auch ein paar kleinere Hochwasser.

„Wenn es denn so wäre und das nunmehr erweiterte Projekt tatsächlich die NEUE Luppe beträfe, wäre es toll!“, stöhnt Wolfgang Stoiber über den LVZ-Versuch, die Sache irgendwie zu greifen. „Die nämlich muss weg, außer als Flutbett für den extremen Hochwasserfall: Das Wasser der Neuen Luppe gehört in die alten oder neu angelegten naturnahen Flussläufe nordwestlich der Stadt Leipzig. Nur so kann der Leipziger Auwald als Auenökosystem erhalten werden. Man beginnt einen Hausbau auch nicht damit, dass man das Bad plant und errichtet. Jeder Bau beginnt mit einer Planung für das ganze Gebäude – um notfalls, wenn es nicht anders geht, in kleinen Schritten dieses Ganze umzusetzen. Stattdessen bekommt hier das Projekt Lebendige Luppe, also das Badezimmer des Hauses, nun ein etwas größeres Fenster, verbunden mit einer satten Kostensteigerung, und das obwohl nach wie vor völlig ungeklärt ist, woher denn das Wasser fürs Bad kommen soll, an welcher Stelle und wie es entnommen werden kann. Man könnte dieses Vorgehen den Schildbürgern unterschieben, ohne dass es auffiele. Man könnte jedoch auch die verbale Fehlleistung zum Anlass nehmen, das anzufassen, was Fachleute und Naturschützer für den Leipziger Auwald schon lange fordern: die Erarbeitung eines hydrologischen Gesamtkonzeptes als Grundlage aller Renaturierungsaktivitäten.“

Irgendwie ist die LVZ tatsächlich auf dem Stand von 2014 oder 2015 hängengeblieben. Die Kleine Luppe als Wasserspender ist mittlerweile aufgegeben worden. Es wird nur noch überlegt, wie man aus der Nahle Wasser in die Burgaue bekommen könnte. Dazu muss man mit der Landestalsperrenverwaltung verhandeln, an welcher Stelle ein Ablassbauwerk in den Deich gebaut werden könnte. Nicht zu verwechseln mit dem Nahleauslassbauwerk, das keineswegs dazu da ist, Hochwasser in die Aue zu leiten, sondern nur als Hochwassernotventil funktioniert – dann, wenn die Wassermassen in Nahle und Neuer Luppe zu hoch auflaufen, wird es aufgerissen und der Wasserscheitel damit für kurze Zeit gekappt.

Alles viel zu umständlich, teuer und nicht zielführend, kritisieren Leipzigs Umweltverbände. Die Nordwestaue würde auch als Hochwasserminderungspotenzial dienen, wenn man die Deiche an der Neuen Luppe komplett entfernt und die Hochwasser ganz selbstverständlich in die Aue laufen läst. Dann bräuchte es auch kein teures Projekt „Lebendige Luppe“ und der Auwald hätte das Wasser ganz umsonst und ohne große Eingriffe.

Mit dem kleinen, aber nicht unwichtigen Problem, dass Nahle und Neue Luppe sich schon viel zu tief in den Untergrund gegraben haben. Ihre Sohle müsste wieder deutlich angehoben werden, damit der Grundwasserstand in der Aue wieder so steigt, dass natürliche Auenverhältnisse entstehen.

Die SPD-Fraktion im Stadtrat meint nun, man könne das mit einer veränderten Steuerung des Wasserzulaufs regeln. Aber das funktioniert nur – wie Stoiber anmerkt – wenn die Neue Luppe vom Wasserregime abgeklemmt wird und die Wasser der Weißen Elster grundsätzlich in die ursprünglichen Flussarme gelenkt werden. Es braucht also ein komplettes neues Denken, das die Nordwestaue wieder zu einem wirklich naturnahen Auensystem macht.

Was beim Projekt „Lebendige Luppe“ noch nicht absehbar ist, denn einige der oben genannten elementaren Punkte sind noch nicht geklärt. Möglicherweise beginnen erste Bauarbeiten am Projekt noch 2017. Aber bis 2019 wird nur der erste Bauabschnitt realisiert. Die anderen Abschnitte werden sich weit übers Jahr 2020 hinausziehen. Möglicherweise mit einer ganzen Reihe neuer Erkenntnisse über Grenzen und Kosten so eines Bypass-Projektes.

Was im Dezember Thema in der Dienstberatung wurde, war die aktuelle Kostensteigerung für das Projekt von 10,3 auf 15,5 Millionen Euro.

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