Die Grünen hatten eigentlich sehr konkret gefragt, auch in der Hoffnung, Leipzigs Stadtverwaltung würde sich zum geplanten Kiesabbau bei Rückmarsdorf endlich positionieren. Aber was das Wirtschaftsdezernat dann am Donnerstag, 9. Februar vorlegte, war ein einziges amtliches Ausweichen. Entsprechend frustriert reagiert die Bürgerinitiative Rückmarsdorf.

Detlev Ducksch von der Bürgerinitiative „Rückmarsdorf“ macht in seiner Stellungnahme aus Sicht der Bürgerinitiative recht deutlich, was er von der Nicht-Stellungnahme der Leipziger Stadtverwaltung hält. Er hat auch gleich die entsprechende Karte des Sächsischen Wirtschaftsministeriums herausgesucht, das die Abbauwürdigkeit von Kiesen und Sanden im Freistaat zeigt. Rückmarsdorf ist darin nur ein kleiner Fleck am Westrand Westsachsens, für den man schon eine Lupe braucht. Aber es ist ganz ähnlich wie mit den Abbauplänen bei Zitzschen: Die Kiesunternehmen suchen sich Lagerstätten möglichst nah an der Großstadt, wo der Kies zum Bauen benötigt wird. Das spart Transportwege und Sprit. Die deutlich mächtigeren Vorkommen etwa in Nordsachsen scheinen da zu weit vom Schuss zu sein.

Kies- und Sandlagerstätten in der Region Leipzig. Karte: Freistaat Sachsen, SMWA
Kies- und Sandlagerstätten in der Region Leipzig. Karte: Freistaat Sachsen, SMWA

Aber Überlegungen zu Transportwegen, Ackerschutz oder den Strukturen der Betonwirtschaft um Leipzig kommen in der Antwort des Leipziger Wirtschaftsdezernats auch nicht vor.

Die Stellungnahme der BI zur schriftlichen Antwort der Stadt Leipzig auf eine Anfrage der Grünen:

„Also was nun? Ja, nein, vielleicht? Nichts Genaues weiß man nicht. Dabei wäre es doch die Gelegenheit gewesen, klare Kante zu zeigen. Oder traut man sich nicht, den Anwohnern direkt ins Gesicht zu sagen, tja ihr Lieben, Pech gehabt bei euch wird’s laut und dreckig und der Acker, ja schade, wird weggebaggert und Platz braucht die Stadt nicht. Wir bauen ab sofort in die Höhe oder in die Tiefe.

Was ist da los, fragen wir uns. Was hat die Stadt davon, diese in bester Lage mitten im Wohngebiet gelegenen Grundstücke verkaufen zu wollen?

Wir hören immer: Die Stadt wächst und braucht Kies. Ja richtig, die Stadt wächst und braucht aber vor allem Platz. Insgesamt 60 Hektar wären bei einem Kiesabbau für die nächsten 150 Jahre nicht bebaubar und das in bester städtischer Randlage, so wie es ja in dem Beschlussvorschlag der CDU vom 09.12.2016 (Neufassung Nr. VI-A-03232-NF-02) heißt, Zitat: „… Die Stärkung der Ortsteile soll dem Ausgleich der gegenwärtigen und künftigen Defizite unserer wachsenden Stadt dienen, wobei das Wachstum von den jeweiligen Kernen her und damit verkehrssparende Strukturen im Mittelpunkt stehen sollen. Die Vielfalt der Wohn- und Lebensformen, die auch in den neuen Ortsteilen ermöglicht werden können, sollen Leipzig attraktiv auch für die Zukunft machen.“

Rückmarsdorf scheint hier nicht attraktiv genug zu sein für die Stadt. Für uns Anwohner ist keine Vielfalt der Wohn- und Lebensformen vorgesehen, sondern nur Lärm und Dreck durch den Kiesabbau, aber Kies gibt es wie Sand am Meer um Leipzig herum. Da ist die Abbaufläche hier in der Siedlung im Vergleich zu den Kiesvorkommen in Sachsen ein Sandkasten. Oder ist es der Stadt wichtiger, hier einem Konzern entgegenzukommen? Was sind da schon ein paar Rückmarsdorfer?

Es wird immer gern von Bürgerbeteiligung gesprochen und dass das doch gaaaanz wichtig sei, die Bürger in Entscheidungsprozesse mitzunehmen. Doch entschieden scheint hier alles schon lange zu sein und was noch zu entscheiden ist, das macht man dann in den Ausschüssen. Wir werden dann schon erfahren was entschieden wurde.

Wir sagen NEIN! Mit uns nicht. Wir werden weiter kämpfen, denn wer nicht kämpft hat schon verloren.

Liebe Leute im Rathaus, eine Frage, warum sind die Bürger politikverdrossen? Antwort siehe oben.

Eine Bitte haben wir. Denken Sie noch mal darüber nach, was hier auf dem Spiel steht. Stichwort Stadtentwicklung.

Viele Grüße
Detlev Ducksch“

Imagefilm der BI über Schönau II und “Schönau III”, von Detlev Ducksch

In eigener Sache: Lokaler Journalismus in Leipzig sucht Unterstützer

https://www.l-iz.de/bildung/medien/2017/01/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 3 Kommentare

Bergrecht dient lediglich der Sicherung von Bodenschätzen. Es stammt aus dem Mittelalter und hat sich nur unwesentlich weiter entwickelt. Wobei “es” sich nicht entwickelt, sondern vom Gesetzgeber beschlossen wird.
Der hat entschieden, daß in Deutschland als rohstoffarmen Land die Gewinnung von Bodenschätzen Vorrang vor privaten Interessen hat.
Rechtsprechung hat in der Vergangenheit mühsam Drittrechte eingeführt – auf Schadensersatz. Im Hinblick auf Tagebaue wurde sogar das BImSchG so abgefasst, daß es in einem Tagebau nicht gilt. Verhindert wird der Abbau also nicht.
Klagebefugt sind auch nur unmittelbar Betroffene. Das dürften nicht mal alle in der BI Organisierten sein.
Der Einzige, der hier etwas verhindern kann, ist der Eigentümer – und nur der. Das ist die Stadt Leipzig. Und zwar nur in ihrer Rechtsposition als Eigntümer.

Letztlich würde der Eigentümer auch nur enteignet. Doch die Enteignung des Eigentümers Stadt Leipzig, die den Verkauf ihres Eigentums zu einer Verwertung im Tagebau nicht wöllte, gäbe in der Tat ein politisches Signal. Eines, das man möglicherweise sogar deutschlandweit hören würde.

In Wahrheit hat sich mutmaßlich der CDU-Wirtschaftsbürgermeister, auch mutmaßlich abgestimmt mit dem Linken-Umweltbürgermeister und dem SPD-Oberbürgermeister, zustimmend zu einem Verkauf geäußert. Er hat nur ein Drohpotential in Richtung Papenburg aufgebaut, das den Kaufpreis in die Höhe treiben soll. Entweder, Papenburg, ihr einigt Euch mit uns oder wir nutzen unsere Rechtsposition bis zum Letzten aus.
So erbärmlich es ist, der notwendige öffentliche Protest gegen den Tagebau treibt den Preis und damit den Gewinn für die Stadt weiter in die Höhe.

Vermutlich hat sich Leipzig über den sogenannten Grünen Ring Leipzig bei der Tagebausanierung und damit zusammenhängend, dem WTNK, bei dem viele Projekte über die Tagebausanierung finanziert wurden, in derartige Abhängigkeiten begeben, daß es hier gar nicht anders entscheiden kann, als zu verkaufen.
Auch, wenn einigen der Zusammenhang nicht klar sein sollte, die Tagebausanierung bis hin zur Einbeziehung des Auwaldes in die Tagebausanierung wird über Bergrecht geregelt. Es findet dasselbe Recht Anwendung, wie in diesem Fall.
Nein, am Sachverhalt wird sich nichts ändern. Es gehen noch ein paar Tage in’s Land und der Tagebau kommt.

Was sich ändern wird, seid Ihr. Eure Wahrnehmung zu dem, was da Politik heißt, zu denen, die sie betreiben und mit Euch treiben. Und vermutlich wird diese Änderung nicht positiv sein. Doch daran tragt ihr keine Schuld. Wir sind das Ergebnis unserer Erfahrungen. Verantwortung tragen diejenigen, die diese Erfahrungen schaffen. Und die be!nutzen berechtigten Bürgerprotest gerade für ihre Zwecke.

Schreiben Sie einen Kommentar