Im Herbst wurde die umgebaute Könneritzstraße wieder dem Verkehr übergeben. Irgendwie war sie fertig. Aber irgendwie fehlte auch noch etwas. Das kritisierten die Grünen. „Ärgerlich ist nur, dass zunächst auch einige Chancen vertan wurden: So werden die geplanten Mobilitätsstationen an Industrie- und Holbeinstraße zunächst nicht eingerichtet, weil sich LVB und Stadt nicht einigen konnten“, merkte Daniel von der Heide, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, an.
„Eine Stadt, die auf umweltfreundliche Mobilität angewiesen ist und ein Verkehrsunternehmen, das Mobilitätsdienstleister werden möchte, hätten hier eine Lösung finden sollen, um gerade in Schleußig die echten Alternativen für die Parkplatzsuche zu verbinden“, sagte er. Und auch beim Thema Fahrrad fehlte was: „Dass nur drei Fahrradbügel am Konsum aufgestellt werden, wird die Situation vor dem Umbau nicht lösen, nämlich dass die Fahrräder dann eben kreuz und quer auf dem Bürgersteig abgestellt werden. Ob das dann besser ist als eine ausreichende Anzahl Fahrradbügel, halten wir zumindest für fraglich. Vielleicht gelingt es, durch die sich in Arbeit befindliche Stellplatzsatzung, dafür zu sorgen, dass zukünftig ausreichend Fahrradabstellplätze für Zielpunkte wie den Konsum vorgesehen werden.“
Die Sache mit der fehlenden Mobilitätsstation machte die Grünen-Fraktion dann auch gleich zum Thema eines Antrags: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit schnellstmöglich die Mobilitätsstationen Könneritzstraße/Industriestraße und Könneritzstraße/Holbeinstraße in Betrieb genommen werden.“
Das Baudezernat hat dazu jetzt Stellung genommen. Ganz so, wie die Grünen vermuteten, war es nicht. Hier hatten sich Stadt und LVB nicht wirklich gestritten. Sie hatten nur gemeinsam ins leere Portemonnaie geschaut. Denn dass die ersten 25 Mobilitätsstationen mit so viel Tamtam aufgebaut wurden, hatte auch damit zu tun, dass Leipzig dafür eine ordentliche Förderung bekommen hat.
„In Leipzig werden 26 Mobilitätsstationen von den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) GmbH unter dem Thema ‚Leipzig mobil‘ neue Wege zur öffentlichen Mobilität betrieben. Im Zuge der Standortauswahl der Mobilitätsstationen waren ca. 50 Standorte im Gespräch, von denen ca. 30 detaillierter untersucht wurden und letztendlich 25 im Rahmen eines Förderprojektes und eine weitere Station auf eine Initiative der Wirtschaft hin realisiert werden konnten“, erzählt das Baudezernat noch einmal die ganze Geschichte.
Weitere Standorte im Westen (Könneritzstraße, Lindenau, Plagwitz) und Osten (Reudnitz, Löbauer Straße) wurden dann zwar planungsseitig untersucht, konnten aber aufgrund verschiedener Randbedingungen nicht realisiert werden.
Und so betont das Baudezernat: „Die Stationen in der Könneritzstraße (Industrie- bzw. Holbeinstraße) wären durchaus wünschenswert. Eine Realisierung ist jedoch derzeit seitens der Leipziger Verkehrsbetriebe aufgrund der zu erwartenden Errichtungs- und Betriebskosten finanziell nicht darstellbar.“
Das liebe Geld! Wie oft werden wir das in den nächsten Jahren noch hören? Auch in Zusammenhang mit Projekten, die der Stadtrat längst beschlossen hat? Bestimmt ziemlich oft.
Vom Rechtlichen her könnte die Mobilitätsstation sofort eingerichtet werden: „Um die nötigen vertraglichen Regelungen zu treffen, wurde mit Vorlage VI-DS-00937 Errichtung und den Betrieb von Mobilitätsstationen vom Februar 2015 der Oberbürgermeister durch den Verwaltungssausschuss ermächtigt, eine ‚Vereinbarung für die Errichtung und den Betrieb von Mobilitätsstationen‘ auf öffentlich gewidmeten Verkehrsflächen auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) GmbH abzuschließen (Beschlusspunkt 1). Gleichzeitig wurden die Sondernutzungsgebühren über den Erlaubniszeitraum von 10 Jahren für insgesamt 29 geplante Mobilitätsstationen (Beschlusspunkt 2) erlassen.“
Aber: „Eine Verpflichtung, alle 29 geplanten Stationen zu errichten, ist daraus jedoch nicht abzuleiten. Vielmehr zielt diese Vereinbarung auf die Sondernutzung öffentlicher Verkehrsflächen ab, womit überhaupt erst eine Grundvoraussetzung für den Bau von Mobilitätsstationen getroffen wurde. Es muss daher unterschieden werden zwischen dem Förderprojekt (25 Stationen) und den Vereinbarungen zur Sondernutzung (29 Stationen). Mit Auslaufen des Förderprojektes mussten bis Mitte 2015 25 Stationen realisiert werden.“
Das hätte aber in der Könneritzstraße nicht geklappt, denn die Bauarbeiten hatten dort ja gerade erst angefangen. „Daher war es naheliegend, u. a. die Standorte in der Könneritzstraße (Industrie- bzw. Holbeinstraße) aufgrund der anstehenden komplexen Umbaumaßnahme in der Könneritzstraße mit dem Ziel zu verschieben, diese im Rahmen der Baumaßnahme zu realisieren. Da jedoch dafür keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung standen, wurde die Baumaßnahme Könneritzstraße ohne Einrichtung der geplanten Mobilitätsstationen in der Industrie- und der Holbeinstraße abgeschlossen.“
Einrichten kann man die Stationen jederzeit. Alle erforderlichen baulichen Vorkehrungen sind getroffen, um eine spätere Realisierung zu ermöglichen. Wenn denn die Übernahme der Kosten für Bau und Betrieb geklärt sind.
Als Zwischenlösung wird derzeit die zeitnahe Einrichtung von Carsharing und Fahrradverleih im kommenden Jahr als „kleine Mobilitätsstation“ mit den Partnerunternehmen abgestimmt, tröstet das Baudezernat noch. Das, was in Schleußig tatsächlich gebraucht wird, kommt also – nur die Leuchtsäule mit dem Display wird noch auf sich warten lassen.
Der Antrag der Grünen-Fraktion.
Die Stellungnahme der Stadtverwaltung.
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