Braucht eigentlich irgendjemand die Landsberger Brücke? Außer Fußgängern und Radfahrern? Die Frage darf man ja durchaus einmal stellen, nachdem diese Brücke, die Gohlis mit Lindenthal verbindet, seit acht Jahren für den Fahrzeugverkehr gesperrt ist. Doch ihr Neubau als Straßenverbindung wird mit großen Verkehrsströmen begründet. Was jetzt berechtigte Ängste bei den Anwohnern schürt.
Denn gesperrt wurde die Brücke 2008 ja vor allem, weil sie nach über 100 Jahren Betrieb völlig verschlissen war. Mittlerweile ist der Zustand sogar so schlecht, dass die Stadt mit regelmäßigen Kontrollen überwacht, ob die Standfestigkeit überhaupt noch gegeben ist oder ob sie gleich abgebrochen werden muss.
Ursprünglich sollte sie 2012 neu gebaut werden. Auch damals mit der Begründung, dass diese Straßenverbindung unbedingt als Ergänzung zur S 1, der neu gebauten Louise-Otto-Peters-Allee, gebraucht würde. Die S 1 allein würde nicht genügen. Genauso steht es auch wieder in der Vorlage, die vom Stadtrat im Frühjahr beschlossen wurde: „Auch aus gesamtstädtischer Sicht kann nicht auf diese Verbindung zwischen Südtangente und Bahnhofstraße verzichtet werden. Sie wird nicht durch die parallel laufende S1 ersetzt. Die für die Zukunft prognostizierten Verkehrsströme in diesem Verkehrsraum benötigen sowohl die S1 als auch die Landsberger Straße zum ungehinderten Abfließen ins städtische Straßennetz.“
Und während Leipzigs Planer sich ein „ungehindertes Abfließen ins städtische Straßennetz“ wünschen, befürchten die Einwohner der Siedlung Drei Kugeln in Lindenthal genau das Gegenteil: „Nach Fertigstellung der Brücke ist davon auszugehen, dass die Landsberger Straße als Zubringer zur S1 und somit als Autobahnzubringer Leipzig-Nord genutzt wird. Da eventuell keine Beschränkungen vorliegen, ist neben dem erhöhten Verkehr auch ein ungehinderter Schwerverkehr zu erwarten. Die Lärm/Schadstoffbelastungen werden für die Anlieger extrem steigen“, heißt es in einer Einwohneranfrage, die sie jetzt gestellt haben und mit der sie erfahren wollen, ob auch Schallschutzmaßnahmen geplant sind.
Wer über die künftig neu gebaute Landsberger Brücke fährt, kommt praktisch direkt zur Straße An den Drei Kugeln und über diese zur S1. Schon der Blick auf die Karte zeigt, dass diese Konstellation Kraftfahrer geradezu einlädt, über die Louise-Otto-Peters-Allee nicht durchzufahren zur Slevogtstraße oder zur Max-Liebermann-Straße in Möckern, sondern über die Landsberger Straße nach Gohlis, ein Gebiet, wo sich schon heute der Berufsverkehr in langen Fahrzeugkarawanen quält.
Wie sich freilich der Kraftverkehr im Norden entwickeln soll, hat das Planungsdezernat nicht noch einmal erläutert. Das Argument über die neuen Fahrzeugströme tauchte auch 2015 wieder auf, als man das brachliegende Brückenprojekt wieder einmal in den Plan aufnahm. 2016 fand dann die SPD-Fraktion, dass es Zeit sei, die Brücke endlich zu bauen, so dass sie jetzt tatsächlich für 2017/2018 im Plan steht, geplant für 7,3 Millionen Euro.
„Das vorhandene Bauwerk wird komplett bis auf den Gründungshorizont abgebrochen. Zur Realisierung des Abbruches sind mehrere Sperrpausen des Zugverkehrs erforderlich. Diese sind für Maßnahmen mit einem Realisierungszeitraum in 2017/2018 bis Ende September 2015 an die DB zu melden“, heißt es in der Vorlage der Planer. „Das zukünftige Bauwerk ist eine einfeldrige stützenfreie Verbundrahmenkonstruktion, bestehend aus einem durchgeschweißten Stahlhohlkasten und Verbundfertigteilen aus Beton auf einer Bohrpfahlgründung. Die Stützweite beträgt 30,50 m. Die Konstruktionshöhe beträgt im Feld 1,10 m und im Einspannbereich der Widerlager 1,60 m.“
Beiderseits soll es Radstreifen von 1,85 Meter Breite und Gehwege von 2,50 Meter Breite geben. „Während des Ersatzneubaus der Brücke wird eine Behelfsbrücke für den Fuß- und Radwegverkehr für die Überquerung der Bahnanlagen auf der Ostseite errichtet. Die Nutzbreite wird mit 2,50 m festgelegt.“
Die Behelfsbrücke soll im Februar 2017 in Betrieb gehen. Die alte Brücke wird ab April abgerissen. Der Neubau beginnt dann im Mai und dauert – mit Unterbrechungen – bis Mai 2018. Dabei wird auch die lichte Höhe unter der Brücke erweitert – der Scheitelpunkt der neuen Brücke liegt also höher und verschiebt sich auf die Südseite der Brücke.
Die Einwohneranfrage zur BrĂĽcke.
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Im Artikel wurden leider die stadtplanerischen Aspekte und Visonen nicht benannt. Wie soll das wachsende Wohngebiet um die BahnhofstraĂźe verkehrstechnisch sonst besser erschlossen werden? Gleichsam das perspektivisch potentielle Bauland sĂĽdlich der Wiederritzscher LandstraĂźe? Entsprechende Ideen machen doch längst die Runde. Und ewig wird auch die Linie 4 nicht mehr an der Olbrichtkaserne ihre Endstelle haben, sondern deutlich nördlicher…