Bei Leipzigs Schulen drängt in vielfacher Hinsicht die Zeit. Nicht nur, weil neue Schulen dringend gebraucht werden, sondern auch, weil die Kosten schon beim Zuschauen aus dem Ruder laufen. 2015 gingen Leipzigs Planer noch davon aus, den alten Plattenbau der Pablo-Neruda-Schule für 5,4 Millionen Euro wieder nutzbar machen zu können. Jetzt werden es wohl 6,6 Millionen Euro. Und der Termin ist sportlich.

Denn seit die Verwaltung ihre erste Vorlage zur Neruda-Schule geschrieben hat, ist ein Jahr vergangen. Schon damals stand der Schuljahresbeginn 2018 in der Vorlage. Bis dahin muss die Schule als neue Grundschule mit Hort zur Verfügung stehen, um die Nachfrage im Leipziger Süden auffangen zu können. Eigentlich geht sie schon vorher in Betrieb, denn bis dahin lernen die ersten Klassen in Containern. Um die gab es im Sommer erst einen entnervenden Kampf, denn mit der Containerbestellung geriet die Stadt Leipzig natürlich mitten hinein in die bundesweit hohe Containernachfrage für die Unterbringung von Asylsuchenden. Deutlicher als an dieser Stelle wurde selten, wie sehr Leipzigs Schulbaupolitik zu immer mehr Provisorien gezwungen ist, weil über Jahre nie das nötige Geld für Schulbauinvestitionen zur Verfügung stand.

Und selbst bei den Baukapazitäten läuft Leipzig gerade in einen richtigen Engpass, verschärft noch durch das 800-Milionen-Investionsprogramm „Brücken in die Zukunft“ der sächsischen Staatsregierung, wie jüngst erst OBM Burkhard Jung feststellte. Denn nun stehen sämtliche Kommunen in Sachsen in einem Wettbewerb um verfügbare Baukapazitäten. In der Leipziger Stau-Politik spiegelt sich die sächsische Knauserpolitik.

Und nun drängt die Zeit, denn um die alte Plattenschule am Dösner Weg 2018 bauen zu können, brauchen Leipzigs Planer die Jahre 2016 und 2017 – auch als Planungs- und Bestellvorlauf. Auch als Antragsvorlauf, denn um die Schule auch energetisch zu ertüchtigen, will man wichtige Bundesfördermittel in Anspruch nehmen.

Damit aber die beiden Jahre genutzt werden können, muss der Stadtrat die benötigten Gelder schon in der nächsten Sitzung am 26. Oktober beschließen. Deswegen läuft die Vorlage als „Eilbedürftig!“. Auch das Förderprogramm des Bundes droht auszulaufen.

„Sofern eine Einbringung der Vorlage in den Verwaltungsausschuss am 12.10.2016 und in die Ratsversammlung 26.10.2016 nicht realisiert wird, ist eine geplante Übergabe des sanierten Schulgebäudes (Außenanlagen später) zum Schuljahresbeginn 2018/19 wegen eines unzureichenden Ausschreibungs-/Vergabevorlaufes in 2016 gefährdet“, heißt es in der Vorlage. „Die daraus resultierenden Risiken im Zusammenhang mit den gegenwärtig geltenden zeitlich begrenzten Fristen des Förderprogramms Budgets BUND –  Entscheidung Bundestag/Bundesrat bzgl. einer Verlängerung über 2018 hinaus bisher noch offen – sind aktuell nicht bewertbar.“

Als Grundschule soll der Bau übrigens nur vorübergehend dienen.

Der Plattenbau wurde übrigens 1973 als Typenprojekt in Wandskelett-Vollmontagebauweise errichtet (Plattenbauweise Ration 74-720, Typ A), hat fünf Geschosse (Kellergeschoss, Erdgeschoss und 3 Obergeschosse) und soll – nach einer vorübergehenden Nutzung als dreizügige Grundschule – später als zweizügige Oberschule mit „Projekt Praktisches Lernen“ genutzt werden.

Aber der langjährige Leerstand hat der Bausubstanz gar nicht gutgetan: „Da das Schulgebäude ursprünglich nach Fertigstellung des Neubaus der Pablo-Neruda-Schule abgebrochen werden sollte, wurde die erforderliche Instandsetzung und Instandhaltung über Jahre auf ein Minimum begrenzt. Viele Bauteile sind stark abgenutzt. Der energetische Standard ist schlecht.“

Die Plattenbauschule wird derzeit als Asylunterkunft genutzt, soll aber bis zum Baubeginn im Januar 2017 freigelenkt werden. Der auf dem Gelände aufgestellte Interimscontainer soll die fehlenden Schulkapazitäten bis zur Übergabe des sanierten Plattenbaus absichern. „Es ist geplant, die Gesamtsanierung des Schulgebäudes bis Mitte 2018 abzuschließen, so dass zum Schuljahresbeginn 2018/2019 das Gebäude in Nutzung gehen kann.“

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