Hier krächzten einst tatsächlich die Raben. Es war der Volksmund, der dem Rabensteinplatz an der Spitze zwischen Dresdner Straße und Täubchenweg seinen Namen gab. Hier stand bis 1822 das Leipziger Hochgericht, ein „sechs Ellen hohes Gemäuer“, eine von zwei Hinrichtungsstätten der Stadt Leipzig. 1822 war auch das nicht mehr zeitgemäß.

Man nahm so langsam Abschied von den mittelalterlichen Bestrafungspraktiken. Es wurde nicht mehr so viel für eigentliche kleine Delikte gehängt, geköpft und gerädert. Deswegen erregte ja die Hinrichtung des Johann Christian Woyzeck am 27. August 1824 auf dem Markt so ein Aufsehen. 100 Jahre früher hätte sich niemand für die psychischen Probleme des Mannes interessiert. Wahrscheinlich wäre er auch nicht nur geköpft worden, sondern mindestens gehängt und gerädert. Und zwar nicht auf dem Rabensteinplatz, sondern am zweiten, weiter draußen gelegenen Hochgericht am Gerichtsweg, wo heute ein Mal an die einstige Hinrichtungsstätte erinnert.

Denn nachdem man davon abgekommen war, alle Delinquenten auf dem Marktplatz mit großem Publikumsandrang hinzurichten, hatte die Stadt die beiden Hochgerichte außerhalb der Mauern bauen lassen. Am Rabensteinplatz – also recht nah noch an der Stadt – wurde die ehrenvollere Hinrichtungsart praktiziert: das Köpfen mit Schwert. Einen Namen hatte der Platz übrigens nicht. Er lag einfach gleich außerhalb des damaligen Äußeren Grimmaischen Tores. Nur das Volk gab dem Platz seinen Namen, der dann von der Stadt im Jahr 1882/1885 auch so übernommen wurde.

Der Platz wurde als kleiner Schmuckplatz gestaltet, dessen Struktur heute noch in Teilen erkennbar ist und die das Amt für Stadtgrün und Gewässer jetzt wieder herstellen will.

Mit den ersten Vorarbeiten soll am heutigen Donnerstag, 29. September, die denkmalgerechte Sanierung des Rabensteinplatzes in der östlichen Vorstadt Leipzigs zwischen Dresdner Straße und Täubchenweg beginnen.

„Das historisch Wertvolle der Gestaltung des Platzes soll bewahrt und gleichzeitig das Potenzial der kleinen Grünfläche als Aufenthaltsort verbessert werden“, erläutert Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal das Vorhaben. „Saniert bzw. wiederhergestellt werden der Froschbrunnen, die vorhandenen Zugänge sowie zum Teil auf historischer Trasse die Wege- und Platzflächen. Neu angelegt wird unter anderem eine kleine Platzfläche zur Verbesserung der städtebaulichen Erschließung“.

Insgesamt werden im Rahmen der Maßnahme 23 Bäume, meist auf historischem Standort, nachgepflanzt. Dazu zählen ein ehemals vorhandener Zürgelbaum, Zier-Äpfel, die für die Gestaltung der 50er Jahre typischen mehrstämmigen Birken, Robinien sowie Feld- und Feuer-Ahorne. Weiterhin werden die Gehölzgruppen durch zahlreiche Groß- und Kleinsträucher verdichtet. Das verwendete Artenspektrum orientiert sich vor allem nach den auf dem Platz bereits vorkommenden historischen Straucharten wie zum Beispiel Flieder, Pfeifenstrauch, Heckenkirsche und Felsmispel. Ziel ist eine freundliche, helle Bepflanzung, die den heiteren Charakter der 1950er-Jahre-Gestaltung verstärkt.

Dabei seien – zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit, zum Erhalt wertvoller Altgehölze sowie zur Wiedergewinnung der ursprünglichen Raumsituation – auch Baumfällungen, Rodungen und Schnittmaßnahmen erforderlich, teilt das Umweltdezernat mit. Historische Sichtbeziehungen werden frei gestellt, so dass sich von den Sitzbereichen wieder ästhetische Platzansichten bieten. Entlang des Täubchenweges erfolgt die Fällung der wild aufgewachsenen Götterbäume zugunsten der historischen Birken- und Bergahorngruppe. Die Ahorn- und Götterbaumsämlinge im Bereich des Froschbrunnens entlang der Dresdner Straße werden ebenfalls beseitigt. Dadurch wird der Froschbrunnen aus dem Straßenraum wieder wahrnehmbar.

Und dabei soll dann auch Vieles repariert werden, was das 20. Jahrhundert demoliert hat.

Der Froschbrunnen im jetzigen Zustand. Foto: Ralf Julke
Der Froschbrunnen im jetzigen Zustand. Foto: Ralf Julke

Denn der Rabensteinplatz war einer der ersten Plätze außerhalb der Leipziger Ringanlagen, der gartenkünstlerisch gestaltet wurde. Er entwickelte sich zu einem beliebten Aufenthaltsort. Im Zweiten Weltkrieg erhielt der Rabensteinplatz mit dem Bau eines Luftschutzbunkers und einer Löschwasserzisterne eine gänzlich andere Funktion und die Schmuckplatzgestaltung wurde fast vollständig beseitigt. Lediglich die westliche Platzspitze mit dem – so das Umweltdezernat – 1911 errichteten Froschbrunnen blieb erhalten. Andere Quellen verweisen den Froschbrunnen ins Jahr 1909 oder gar 1906.

Geschaffen hat ihn der Bildhauer Werner Stein, der damals als Professor für Modellieren an der Leipziger Gewerbeschule tätig war. Das war eine der Vorläufereinrichtungen der heutigen HTWK. Von Werner Stein stammen in Leipzig zum Beispiel auch der Mädgebrunnen auf dem Rossplatz und das ursprüngliche Mendelssohn-Denkmal vorm Gewandhaus im Musikviertel (dessen Replik heute an der Thomaskirche steht). 1942 – da war mal wieder Krieg – wurden alle Skulpturen und Metallteile vom Froschbrunnen abgebaut und für Kriegszwecke eingeschmolzen. Eigentlich dominierten zwei spielende Kinder den Brunnen, von denen eines versucht, den Frosch zum Sprung ins Brunnenbecken zu animieren.

Zu Beginn der 1950er Jahre wurde der Platz dann neu gestaltet. Der Leipziger Gartenarchitekt Gerhard Scholz gestaltete mit geringsten zur Verfügung stehenden Mitteln unter Einbeziehung noch vorhandener Elemente eine für die 1950er Jahre typische Stadtplatzanlage, die dem Rabensteinplatz seine Erholungsfunktion zurückgab.

Die bis Ende des Jahres geplante Sanierung erfolgt im Rahmen des Förderprogramms „Städtebaulicher Denkmalschutz Leipzig-Innenstadt“, betont das Umweltdezernat noch.

In eigener Sache – Eine L-IZ.de für alle: Wir suchen „Freikäufer“

Leser fragen, wir antworten: Was kostet die Herausgabe der L-IZ.de? Warum 1.500 Abos?

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Das ist zur Zeit eine Hundewiese. Na dann viel Spaß, wenn die Hundebesitzer ihre Hunde dort hinsch…. lassen und das nicht wegräumen! Dort treffen sich auch manchmal dunkle Gestalten…..von welcher Colour auch immer. Schade drum!

Schreiben Sie einen Kommentar