In den Leipziger Straßenbahnen fahren derzeit wieder Plakate spazieren, auf denen das Stadtgeschichtliche Museum für das Völkerschlachtdenkmal wirbt unter dem Motto: das Schönste der Welt. Aber wenn es nach den Grünen im Leipziger Rat ginge, dann müsste der Held so einer Kampagne nicht das Völkerschlachtdenkmal sein, sondern das Alte Rathaus.
Jetzt freuen sie sich erst einmal, dass der Stadtrat dem Urteil des Petitionsausschusses folgte und dem OBM den Auftrag gab, endlich die Außenfassade des Lotterbaus zu sanieren.
„Unsere Fraktion freut sich ganz besonders, dass es nun endlich gelungen ist, den Oberbürgermeister mit einem klaren Auftrag zu versehen, Sanierungsmittel für das Alte Rathaus bereitzustellen. In den vergangenen Jahren bekam der Begriff Lotterbau eine zunehmend ambivalente Bedeutung“, kommentiert Katharina Krefft, Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, den Ratsbeschluss von Mittwoch, 18. Mai. „Ein weiterer Aufschub der Sanierung der Fassade und der Restaurierung der Turmuhr würde dem Image der Stadt schaden und wäre unverantwortlich. Die Stadt Leipzig ist Eigentümerin und trägt somit die Verantwortung für die substanzielle Erhaltung dieses herausragenden Baudenkmals.“
Der erste Teil dieses imposanten Rathausbaus stammt möglicherweise aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Aber im 16. Jahrhundert wurde der Bau zu klein. Der Rat ließ unter Leitung von Baubürgermeister Hieronymus Lotter gleich die ganze Gebäudezeile am Markt zusammenfassen und zu einem einheitlichen Rathausbau machen mit großem Festsaal, Treppenturm und dem berühmten Knick in der Reihe. Für die Grünen handelt es sich „um das wohl bedeutendste und schönste Renaissance-Rathaus Deutschlands“.
Dabei wollte es der Leipziger Rat Ende des 19. Jahrhunderts schon abreißen und ein großes Messehaus hin bauen lassen. Nur knapp wurde der Vorstoß abgeschmettert. Für Leipzig durchaus ein ungewöhnlicher Vorgang. Im Abreißen war man damals noch fix. Gerade wenn die Bausubstanz über die Jahrhunderte so gelitten hatte. Aber am Ende entschied man sich, das Kleinod doch zu behalten und als Stadtmuseum zu nutzen.
Aber immer wieder fehlte in den vergangenen 25 Jahren das Geld, um für das Gebäude einmal eine Generalkur zu organisieren. Auch die Grünen haben immer wieder Vorstöße unternommen, um den nächsten Bauschritt am dominierenden Haus am Platz anzustoßen. Stolz sind sie noch heute auf den im Jahr 2000 eingebrachten Antrag für den Umbau der Erdgeschosszone des Alten Rathauses. So entstand erst das heute beliebte Restaurant Lotter & Widemann auf der Nordseite des Rathauses.
Danach wurde darum gekämpft, im Haus mehr Ausstellungsfläche für das Museum zu schaffen. Nutzbar war bis dahin nur die 1. Etage. „Damals träumten wir noch davon, das Dachgeschoss mit auszubauen, was sich später als unfinanzierbar erwies. Dennoch nahm die positive Entwicklung des ehrwürdigen Baus seinen Lauf, alle Geschäfte sind seither erfolgreich vermietet“, sagt Katharina Krefft heute.
Fürs Dachgeschoss gab es dann zumindest die etwas sperrige Lösung für die Ausstellung „Moderne Zeiten“.
Dafür schauen nicht nur Leipziger Petitionsschreiber mit Stirnrunzeln auf die blasse Fassade.
„Mittlerweile ist jedoch die Fassade des neben den zeitlos schönen Elementen aus Rochlitzer Porphyr farblich verschlissen, fleckig und höchst unansehnlich. Zudem ist die künstlerisch bedeutsame Turmuhr dieses touristischen Bauwerks unserer Stadt in einem erbärmlichen Zustand. Da helfen dauerhaft auch nicht die Aufstiegsfahnen von RB, um das zu vertuschen!“, sagt Katharina Krefft.
Und sie erinnert daran, dass schon im Oktober 2010 vom Stadtrat auf Initiative der Grünen-Fraktion die „Sanierung Fassade Altes Rathaus“ beauftragt wurde. Beauftragt – aber bis heute nicht umgesetzt. Woran auch diverse Anfragen und Beschlusserneuerungen nichts änderten. So erneuerte der Rat Im Juni 2013 wieder auf Grünen-Antrag hin den Auftrag und verlangte den Planungsbeschluss zur Sanierung des Alten Rathauses und stellte dafür 50.000 Euro Planungskosten bereit.
„Doch nicht nur die anschließende bauliche Umsetzung blieb weiterhin aus. Die Verwaltungsspitze ging sogar soweit, die Sanierung aus der Mittelfristplanung zu streichen, als klar war, dass eine Umsetzung bis zur 1.000-Jahr-Feier nicht mehr zu schaffen ist. Diese Missachtung der zahlreichen Stadtratsbeschlüsse war frustrierend“, sagt Krefft. „Umso erfreulicher ist es, dass die Leipziger Bürgerinnen und Bürger weiter auf die Sanierung bestanden. Für diese Beharrlichkeit bedankte sich der Stadtrat in seiner gestrigen Sitzung mit dem über alle Fraktionen ergangenen Petitionsbeschluss.“
Jetzt kann man gespannt sein, ob die nötige Sanierungssumme von mindestens 1,1 Millionen Euro tatsächlich im Doppelhaushalt 2017/2018 auftaucht.
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