Über dieses Thema haben wir an dieser Stelle im Oktober und November geschrieben. Die Linksfraktion hatte damals die Verwaltung mit einem ganzen Fragenbündel zum „Mittelfristigen Investitionsprogramm“ im Allgemeinen und zur Georg-Schumann-Straße im Speziellen bombardiert, höchst irritiert, warum es so selten Informationen über beides gibt.
Beim „Mittelfristigen Investitionsprogramm“ ist das augenfällig: Dieses gilt immer für eigentlich riesige Zeiträume – das aktuelle zum Beispiel von 2013 bis 2020. Da liegen dann in der Regel ein, zwei Stadtratswahlen dazwischen, Informationen gehen verloren, Projekte verschieben sich oder verteuern sich, das Programm kommt in Verzug. Logisch, dass die Linksfraktion den großen Wunsch äußerte, die Verwaltung möge doch bitte sehr alle zwei Jahre über den aktuellen Stand der Dinge informieren.
Das macht auch Sinn, weil die Stadt mit dem Übergang zum Doppelhaushalt alle zwei Jahre darüber berät, was man sich an Investitionen in Straßen und Brücken leisten kann – und was man schweren Herzens wieder verschieben muss.
Und dann war da die Georg-Schumann-Straße – im Grunde seit den 1990er-Jahren Dauerthema im Stadtrat. Aber irgendwie waren 2015 die Hälfte aller Stadträte wieder bannig überrascht, dass auf einmal ein neues Teilstück zwischen S-Bahnhof-Möckern und Huygensstraße umgebaut werden sollte. Quasi aus heiterem Himmel.
Auf diese Verunsicherung reagiert jetzt das Planungsdezernat mit einer eigenen Informationsvorlage für den Stadtrat, in der aufgedröselt wird, was mit der 5 Kilometer langen Magistrale im Leipziger Nordwesten schon passiert ist, gerade passiert und was noch offen ist, weil noch die Finanzen fehlen. Denn von einem haben sich LVB und Planungsdezernat im Jahr 2011 / 2012 bei näherer Beschäftigung mit der Straße und den finanziellen Spielräumen der Stadt geeinigt: Diese Straße wird nie und nimmer in einem Stück saniert. Das geht nur scheibchenweise.
Genauer: in 11 einzelnen Scheiben. Von denen einige schon passiert sind. Das darf man nicht vergessen. Und an zweien wird in diesem Jahr gebaut. Das eine ist der barrierefreie Umbau der Haltestelle am S-Bahnhof-Möckern – genau jenes Projekt, das 2015 im Stadtrat so hohe Wellen erzeugte. Das andere ist die Straßenraumertüchtigung zwischen der Linkelstraße bis zur neuen Haltestelle Am Viadukt in Wahren. Die Haltestelle Am Viadukt direkt vorm Einkaufs-Center wird neu eingerichtet, dafür wird künftig die Haltestelle Annaberger Straße wegfallen und noch eine zusätzliche neue Haltestelle an der Christoph-Probst-Straße eingerichtet. Provisorisch vorerst – das Geld für den Bau von barrierefreien Haltestellen fehlt vorerst. Das gilt auch für die Haltestelle Wahren.
Der Bedarf ist längst da. Eigentlich befindet sich die Stadt an der Georg-Schumann-Straße in einem Rennen gegen die Zeit. Hier ist schon lange nicht mehr die Frage, ob diese alte Geschäftsstraße wieder auf die Beine kommt, wie es bis 2010 / 2011 noch schien. Allein schon der Beschluss des Stadtrates, einen Vorschlag aus dem Bürgerbeteiligungsprojekt „Mach’s leiser“ hier 2012 einfach umzusetzen, hat der Straße einen unübersehbaren Aufschwung gegeben. Die Bürger hatten vorgeschlagen, die künftig geplante Straßenraumaufteilung mit Parktaschen und Fahrradstreifen einfach schon aufs Pflaster zu malen. Und es hat funktioniert.
Mit zum Erfolg trug natürlich auch die Fertigstellung der Max-Liebermann-Straße als neue B6 bei, sodass ein großer Teil des Durchgangsverkehrs von der Georg-Schumann-Straße, die vorher als B6 fungierte, auf die neue B6 abgeleitet werden konnte.
Michael Jana, Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes, hat sogar Zahlen aus dem Jahr 2014, die den Erfolg dieser Maßnahme belegen: Am Messpunkt Am Viadukt in Wahren sank die Zahl der täglich gezählten Fahrzeuge von 30.000 auf 21.000, also fast um ein Drittel.
Die Zählungen an der Lindenthaler Straße zeigen zwar keinen so starken Rückgang. Hier ging die Belegung nur von 21.000 auf 18.300 Fahrzeuge am Tag zurück. Aber das hat natürlich auch mit den Mobilitätsbedürfnissen der Ortsteile Möckern und Gohlis selbst zu tun, die über die Georg-Schumann-Straße abgewickelt werden müssen.
Zumindest seien die Belegungszahlen so niedrig, dass die Stadt nicht unter Druck steht, die Georg-Schumann-Straße wieder auf voller Länge zweispurig zu machen, so Jana – was in Anbetracht der neu erwachenden Bedürfnisse der alten und neuen Händler und Gewerbetreibenden an der Straße natürlich kontraproduktiv wäre. Die leben nicht nur davon, dass mit dem Pkw mal „kurz rechts ran“ gefahren werden kann, sondern auch von guten Radverbindungen und einer gewissen Fußgängerfreundlichkeit.
Das zeige sich besonders dort, wo die Straße schon umgebaut sei, betont Jana.
Was freilich die nächsten Ausbaumaßnahmen noch nicht beschleunigt. Das nächste Stück, das aus Sicht der LVB dringenderen Handlungsbedarf hat, ist der Abschnitt von der Böhmestraße in Gohlis bis zum Chausseehaus. Aber auch hier grübeln die Planer noch, ob sie die Gleistrasse komplett separieren oder nur ein Gleis so bauen, so dass keine Autos drüberfahren können, oder ganz auf Gleisseparierung verzichten. Auch eine neue zusätzliche Haltestelle ist hier in Höhe Ehrensteinstraße / Prellerstraße geplant. Aber da noch nicht mal die Endvariante feststeht, hat das Projekt kaum Chancen, noch im Doppelhaushalt 2017 / 2018 Berücksichtigung zu finden. Der Zeitraum 2019 / 2020 ist realistischer.
Ganz ähnlich geht es dem Straßenabschnitt vom Viadukt bis zur Toskastraße. Die LVB wollen hier zwar die beiden neuen (provisorischen) Haltestellen einrichten, aber für alles Weitere fehlt das Geld. Einzige Überlegung, die hier zeitnah umgesetzt werden kann: Auch hier – wie im westlichen Teil der Straße – schon mal Parktaschen und Radwege auf den Asphalt zu malen – bis zur Slevogtstraße, sodass man die ganze Georg-Schumann-Straße vom Chauseehaus bis Wahren künftig auf Radstreifen fahren kann. Das würde schnell gehen und nicht viel kosten. Vor allem auch, weil der Abschnitt von der Toskastraße bis zur Slevogtstraße gerade erst gebaut wurde und vor 2035 nicht wieder angepackt wird.
Da ist der folgende Abschnitt von der Slevogtstraße bis zur Kirschbergstraße viel drängender. Hier könnte man sogar wieder separate Gleiskörper bauen. Der Möckersche Platz ist nebenan. Man könnte das Zentrum von Möckern also wieder ein Stück aufwerten. Aber auch hier fehlt die finanzielle Einordnung.
Der Stadtrat bekommt also ein dickes Papier zum Nachdenken und muss nun entscheiden, ob er beim Mega-Projekt Georg-Schumann-Straße an einzelnen Stellen Druck macht, weil es für die Stadtteilentwicklung wichtig ist – denn Möckern, Gohlis und Wahren haben auch entlang der Georg-Schumann-Straße ein deutliches Bevölkerungswachstum. Das heißt aber auch, dass dringend barrierefreie Haltestellen gebraucht werden für ältere Menschen, Familien mit Kinderwagen und andere Verkehrsteilnehmer, für die Borde viel zu hohe Hindernisse sind.
Wesentliche Abschnitte – wie eben die in Möckern – könnten so (bei entsprechendem Interesse im Stadtrat) Anfang der 2020er Jahre in Angriff genommen werden. Richtig „fertig“ wird das Projekt Georg-Schumann-Straße wohl nie. Denn wenn man so um 2035 einmal „durch“ ist, werden bestimmt schon die ersten Umbauideen für die nächste Überholungsphase auf der Agenda stehen.
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