Leipzigs Stadtbezirksbeiräte werden immer munterer. Vielleicht lernen sie ja auch voneinander und merken, dass man Freiräume, die der Stadtrat und die Verwaltung nicht besetzen, nutzen muss. Jetzt hat auch der Stadtbezirksbeirat Leipzig-Nordwest ein Projekt angemeldet, das aus der Stadtbezirksperspektive natürlich Sinn macht: Warum wird die alte Deponie Möckern nicht nutzbar gemacht als „Ein Balkon für Leipzig“? War mal eine CDU-Idee.
Mit der versuchte 2013 der CDU-Kandidat Horst Wawrzynski bei der damaligen Oberbürgermeisterwahl zu punkten. Der „Balkon für Leipzig“ war Teil einer Vision, die ganze Elsteraue vielleicht sogar als Entwicklungsprojekt in einer BUGA-Bewerbung zu platzieren. Davon hielt seinerzeit die Verwaltung nichts, umsetzbar wäre es wohl auch nicht, denn das Gebiet ist Naturschutzgebiet.
Andererseits ist die alte Kippe Möckern innerhalb der Elsteraue zwar ein Hingucker, gern auch von abenteuerlustigen Leuten heimgesucht, aber eigentlich nicht für die Öffentlichkeit erschlossen. Dabei könnte dieser künstliche Berg eine ganz ähnliche Rolle bekommen, wie sie der Fockeberg in der Südvorstadt schon hat.
„Die Deponie Möckern prägt, quasi als ‚Hausberg‘, die Topographie des Leipziger Nordwestens. Sie liegt zwischen den Flussläufen von Luppe und Nahle und wurde in den 2000er Jahren fachgerecht saniert. Seitdem wurde sie vor allem von Einwohnern benachbarter Stadtteile als Ausflugs- und Aussichtsort angenommen. Vom Plateau aus bietet sich ein imposanter Blick auf ganz Leipzig als 360°-Panorama, und zwar kostenlos und spontan erlebbar. Gern genutzt wird das Gelände auch von Mountain-Bikern und Joggern“, stellt nun der Stadtbezirksbeirat Leipzig-Nordwest in seinem Antrag an die Ratsversammlung fest.
Aber mit der Nutzung gibt es ein paar unübersehbare Probleme: „Die Deponie war bisher vom Heuweg aus über die sogenannte Müllbergbrücke (Bauwerk II/44) in unmittelbarer Verlängerung des östlichen Heuwegs bequem erreichbar. Während des Juni-Hochwassers 2013 war die Brücke überschwemmt, die Geländer wurden stark beschädigt, später wurde die Brücke offiziell gesperrt und darf derzeit nur für Zwecke der Deponienachsorge benutzt werden. – Alternativ ist das Deponiegelände derzeit über trampelpfadartige Zuwegungen vom Heuweg aus, unterhalb der Bahnstrecke sowohl am Westufer der Luppe wie auch am Ostufer der Nahle, erreichbar.“
Das ist natürlich keine Lösung. Dabei könnte man aus dem Berg was machen, stellen die Stadtbezirksbeirate fest: „Aus unserer Sicht bietet die Deponie mit ihrem Aussichtsplateau vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und ist ein potenzielles Naherholungsgebiet für den Leipziger Norden, auch unter Berücksichtigung des nahegelegenen Luppe-Radweges als Teil des überörtlichen Elster-Radweges. – Diese WA soll daher eine Initialzündung sein, um die Potenziale zu erkennen und daraus praktische Konsequenzen zu ziehen.“
WA heißt ausgeschrieben schlicht „Wichtige Angelegenheit“. Wenn Stadtbezirksbeiräte ein Thema zur „Wichtigen Angelegenheit“ erklären, können sie es dem Stadtrat vorlegen und damit in den Entscheidungsfindungsprozess von Stadtrat und Verwaltung bringen.
Einige Ideen, was man mit dem Möckerschen „Hausberg“ alles machen könnte, hat der Stadtbezirksbeirat Nordwest auch schon aufgeschrieben: Das Plateau als Aussichtsplattform zu nutzen, liegt natürlich auf der Hand: „Denkbar wäre eine ‚kommentierte‘ Aussicht auf die Stadt und deren markante Blickpunkte, etwa in Form robust gestalteter Informationsträger, die z. B. von Schülern nahe gelegener Schulen im Rahmen von Schulprojekten (Fächer Sachkunde bzw. Geographie) gestaltet werden könnten. Auch das SKZ ANKER wäre als entsprechender Kooperationspartner denkbar. – Naheliegend wäre auch die Installation klassischer Bezahl-Fernrohre.“
Aber genauso wie am Fockeberg sind auch hier Angebote für „Ausflüge / Picknick / Spiel / Sport auf dem Plateau“ denkbar: „Derzeit befindet sich keine einzige Sitzgelegenheit auf dem Plateau. Bereits mit dem Aufstellen einfacher robuster Sitzbänke und Tische lässt sich die Aufenthaltsqualität deutlich verbessern. Später könnten ebenso einfache und robuste Unterstellmöglichkeiten bei Regenschauern folgen. – Als Ausflugsort wäre das Plateau auch ein sinnvoller Standort für einen generationsübergreifenden Bewegungs-Parcour im Sinne des Antrags A-01328.“
Diesen Antrag 01328 hat die SPD-Fraktion gestellt. Darin geht es natürlich um einen „Bewegungsparcours in jedem Stadtbezirk“. Auch in Nordwest. Und natürlich bewegt man sich am liebsten im Freien.
Und das muss bei einem Bewegungsparcours nicht bleiben. Auch andere sportliche Betätigungen erscheinen möglich: „Individuelles Mountain-Biking wird bereits praktiziert. Zu prüfen wäre die Nutzungsmöglichkeit für organisiertes Mountain-Biking durch Vereine und als Wettkampfstätte, jeweils in Abhängigkeit von den Erfordernissen der Deponiesicherheit. Weitere sportliche Nutzungen sollten im Rahmen der Konzepterstellung mit Sachverständigen potenziell geeigneter Sportarten ausgelotet werden.“
Aber das alles geht natürlich nicht, wenn das Besteigen des Berges illegal bleibt: „Elementare Voraussetzung zur Umsetzung dieser und anderer Nutzungsideen ist eine praktikabel nutzbare Zuwegung zum Deponiegelände. Längerfristig erfordert dies, auch aus Gründen der Hochwassersicherheit, einen Ersatzneubau für die gesperrte Müllbergbrücke oberhalb der Flutgrenze. Vorerst würde aber schon die Ertüchtigung und Öffnung der Brücke für den Fuß- und Radverkehr durch Wiederanbringen eines Geländers ausreichen.“
Ist eigentlich alles kein großer Kraftakt, wird aber trotzdem Geld kosten und braucht entsprechende Planungen.
Und so lautet der Wunschtext der Wichtigen Angelegenheit: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, die sanierte ehemalige Deponie Möckern schrittweise zu einem Naherholungsgebiet zu entwickeln. Das entsprechende Maßnahmekonzept, das unter dem Arbeitstitel ‚Ein Balkon für Leipzig‘ stehen kann, wird unter Beteiligung kommunalpolitischer Akteure in den benachbarten Stadtteilen (Bürgervereine, Stadtbezirksbeiräte), nahegelegener Schulen und Jugendeinrichtungen und von Repräsentanten potenzieller Nutzungsarten erarbeitet und bis Mitte 2017 vorgelegt. Als erste Maßnahmen bereits während der Konzepterstellung werden realisiert:
– Ertüchtigung und Öffnung der ‚Müllbergbrücke‘, Bauwerk II/44 für den Fuß- und Radverkehr als vorläufige Lösung bis zu einem späteren hochwassersicheren Ersatzneubau
– Aufstellen einfacher robuster Bänke und Tische auf dem Plateau zum Verweilen, Picknick usw.“
Die Wichtige Angelegenheit als Antrag für den Stadtrat.
Der SPD-Antrag zu den Bewegungsparcours’ in Leipzig.
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