Auch das kann man "Nägel mit Köpfen machen" nennen: Noch hat die Stadt kein Verfügungsrecht über diverse Flächen auf dem Gelände des Bayerischen Bahnhofs, noch hat sich der Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau kein abschließendes Urteil über die Wege- und Brückenführungen gebildet - und schon prescht das Verkehrs- und Tiefbauamt vor und lässt Brückenentwürfe anfertigen für die Verbindung von der Steinstraße zur Alten Messe.
Die Entwürfe für die geplante Fußgängerbrücke über das Gleisfeld zwischen Media-City/MDR und der Straße An den Tierkliniken/Alte Messe sind seit Montag, 15. Februar, im 4. Obergeschoss des Neuen Rathauses zu sehen. Und sie nehmen einen noch nicht beschlossenen Vorgang vorweg. Und zwar gründlich. Sie sind das Ergebnis eines zweistufigen europaweiten Verhandlungsverfahrens. Von den Einsendungen der fünf ausgewählten Büros belegte die Arbeit der König und Heunisch Planungsgesellschaft (KHP) mbH Leipzig schließlich den ersten Platz. An diesem Entwurf überzeugte die Jury vor allem die gelungene städtebauliche Einbindung.
Das Problem aber ist: Wo soll die Brücke eigentlich die Gleistrasse der S-Bahn überspannen?
Für Radfahrer aus der Südvorstadt ist der logische Weg direkt in Verlängerung der Steinstraße an der Media City vorbei und über einen leichten Schwenk über die Brücke durch die Kleingartenanlage direkt auf die Straße an den Tierkliniken. Von dort käme man direkt zur Perlickstraße und aufs Gelände der alten Messe.
Aber so logisch und einfach wollte es Leipzigs Verwaltung nicht. Sie wollte eher eine Brücke, die gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt.
Der Schwenk hinter der Media City wird deutlich größer, sodass die Brücke eher am Südende des S-Bahn-Haltepunkts die Gleise überquert und neben dem alten Lokschuppen und am Kohlrabizirkus vorbei auf die Straße An den Tierkliniken stößt. Für Radfahrer ein echter Umweg, ganz so, als würde für das Radfahren die normale Logik eines möglichst direkten Weges zum Ziel nicht gelten.
Dass die Verwaltung in dem Punkt ohne Abstimmung vorgeprescht ist, hat SPD-Stadtrat Mathias Weber ja schon deutlich kritisiert.
Die kleine Ausstellung zeigt nun, dass die Stadt ihre Absicht, die Brücke in die Nähe des Haltepunktes zu legen, auch zur Wettbewerbsgrundlage gemacht hat: „Die geplante Brücke schafft eine direkte Verbindung für Fußgänger und Radler über die Eisenbahngleise. Zudem macht sie es möglich, den S-Bahn-Haltepunkt MDR aus südlicher Richtung zu erreichen. Der Baustart ist für 2020 vorgesehen. Bis dahin wird die Stadt die Planunterlagen erarbeiten und Baurecht schaffen.“
Die Entwürfe wirken entsprechend futuristisch, denn die Architekten versuchen natürlich, alle Erwartungen an das Bauwerk irgendwie sinnvoll zu vereinen, ohne dass die Nutzung der Brücke für (eilige) Radfahrer oder Fußgänger eingeschränkt wäre. Entsprechend weit holen die Baukörper aus. Nicht alle können kaschieren, dass Radfahrer und Fußgänger von Süden erst weit herangeführt werden müssen. Ein Entwurf schlägt gar eine flotte Abkürzung quer durch die Media City direkt zur Hardenbergstraße vor.
Das Grundproblem können sie alle nicht lösen: Dass Fußgänger trotzdem noch ein erhebliches Stück Weg und ein paar Treppen nehmen müssen, denn der Bahnsteig der S-Bahn-Station endet deutlich vor dem Lokschuppen. Auch der Siegerentwurf von König und Heunisch Planungsgesellschaft mbH Leipzig kann die Tatsache nicht ausbügeln, dass Fußgänger trotz Brücke große Umwege laufen müssen, um auf den Bahnsteig zu kommen.
Für Radfahrer ist die Sache eher witzlos, denn auch wenn die Brücke in Verlängerung der Steinstraße liegt, kommen sie auf den Bahndammwegen leicht zur S-Bahn-Station. Wirklich sinnvoll ist die Lage der Brücke in den Wettbewerbsentwürfen aus Radfahrersicht nicht.
Die Entwürfe sind in der 4. Etage des Neuen Rathauses bis zum 4. März ausgestellt.
Es gibt 2 Kommentare
Mir ist nicht klar, wozu an dieser Stelle noch eine Bücke gebraucht wird. Die Semmelweisbrücke reicht wohl nicht?
Ein Leipziger Büro ist der Gewinner? Zufall? Gaaanz bestimmt…
Und dass das Ganze wie ein Schelmenstück des (Auto)Verkehrsamts wirkt, ist nach sovielen Streichen, die aus der Prager Straße über die fußgehende und radelnde Bevölkerung kamen, wahrlich nicht Neues mehr.