Leipzig kleckert um Jahre hinterher. Auch im Straßenbauprogramm. Das hat auch etwas mit dem Radwegenetz zu tun. Denn normalerweise gehen ja die Verkehrsplaner davon aus, dass (Auto-)Straßen auch von Radfahrern genutzt werden. Aber was macht man in Ortsteilen, in denen selbst die Hauptstraßen für Radfahrer unbenutzbar sind? Kleinzschocher zum Beispiel.
Wer in den Leipziger Südwesten will, weiß, dass er dort nur mit dem Mountainbike durchkommt – irgendwann stößt man immer auf ein Stück Straße, das seinen Namen schon längst nicht mehr verdient. Selbst in der Dieskaustraße ist der Asphalt völlig heruntergefahren, das Schlackepflaster rechts und links der Reste dürfte mit zu den schlimmsten Straßenpflastern in Leipzig gehören.
Aber wirklich besser ist es auch in der Windorfer Straße nicht, auch wenn dort das nackte Grundpflaster noch nicht durchschaut. Dafür ist auch hier für Radfahrer kein Platz. Nördlich des Adlers wird zwar der Asphalt besser, wenn man auf der Zschocherschen weiter Richtung Plagwitz fährt. Dasselbe gilt für die Gießerstraße. Aber dafür gibt es hier ebenfalls kein Angebot für separate Radwege. Als würde in dieser Gegend niemand mit dem Fahrrad fahren. Und im Vergleich mit Ortsteilen mit vorhandener Radwegestruktur sind hier tatsächlich wenige Bewohner mit dem Rad unterwegs. Und die man sieht, fahren lieber auf den Fußwegen, um ihr Rad zu schonen.
Verständlich, dass die Bürgerinitiative über so viel verkehrsplanerische Ignoranz langsam rebellisch wird. Im Dezember hat sie schon mal eine Unterschriftenaktion gestartet, um endlich einmal für Radwege im Straßennetz von Kleinzschocher zu kämpfen: „Wir fordern Radwege für Kleinzschocher!“
Der dazugehörige Brief ist jetzt bei der Stadt gelandet – als Einwohneranfrage, die in der Ratsversammlung mündlich beantwortet werden soll. Man sieht: Die Bewohner von Kleinzschocher sind noch ganz zahm. Auch wenn die Wut über die längst nicht mehr zeitgemäßen Zustände aus dem Brief natürlich deutlich herauslesbar ist.
Der Brief der Bürgerinitiative Kleinzschocher:
„Sehr geehrte Stadträte,
seit Jahresbeginn gibt es die Bürgerinitiative Kleinzschocher- eine Gruppe von Bürgern aus dem Stadtteil, die sich monatlich zusammenfinden, um kleine und größere Dinge im Stadtteil zu bewegen.
In diesem Jahr beteiligte sich die Initiative am Leipziger Frühjahrsputz, veranstaltete ein Bürgerfrühstück im Volkspark Kleinzschocher und organisierte am 30.08. ein Bürgerfest mit Aufführung von Bachs Bauernkantate in der Taborkirche.
Neben diesen Aktionen setzt sich die Initiative für die Sanierung der Dieskaustraße, die Neugestaltung des ‚Adlers‘, die Gestaltung von Brachflächen und vor allem für Radwege im Stadtteil ein.
Im Bereich Verkehrsplanung, Sanierung der Dieskaustraße und Gestaltung des ‚Adlers‘ möchten wir Prozesse anregen und vor allem beschleunigen. Denn die Missstände in diesen Bereichen existieren schon seit Jahren. Wir bitten Sie daher, sich mit folgenden Aufgaben zu befassen und sich für die zügige Umsetzung einzusetzen:
1. Der Anschluss Kleinzschochers an das Leipziger Radwegenetz. Kleinzschocher braucht Radlinien in Nord-Südrichtung über die Dieskaustraße, Gießerstraße und Windorfer Straße
2. Die Gießerstraße sollte im Abschnitt Dieskaustraße bis Antonienstraße als Tempo-30-Zone ausgewiesen werden. Im gleichen Abschnitt muss es stadteinwärts ein durchgängiges einseitiges Parkverbot geben, da momentan die Fußwege als Parkflächen genutzt werden.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unser Anliegen unterstützen.“
Straßenbau nicht vor 2018
Das Thema Dieskaustraße liegt schon seit mehreren Jahren auf dem Tisch der Stadtverwaltung. Ein Umbau nach dem Vorbild der Zschocherschen Straße – plus Radwege – ist hier überfällig. Vorgesehen ist der Neubau der Dieskaustraße im Mittelfristigen Investitionsprogramm der Stadt als Nr. 42 für die Jahre 2018 bis 2020, der Umbau der Kreuzung am Adler ist für 2020 vorgesehen.
Aber von einem Planungsbeginn dieses durchaus großen Projekts ist noch nichts zu vernehmen. Und damit auch noch nichts zur Lösung des Radwegedilemmas.
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