Die Gohliser machen mobil. Sie wollen eine andere Aufenthaltsqualität in ihrem Ortsteil. Und der Vorstoß des Bürgervereins Gohlis zur Neugestaltung des Kirchplatzes an der Friedenskirche macht einmal mehr deutlich, wie sehr Leipzig vom Autoverkehr dominiert ist. Überall drängt er den Stadträumen seine Maßstäbe auf. Am Donnerstag, 29. Oktober, hat der Verein dem Petitionsausschuss deshalb ein Paket mit Unterschriften auf den Tisch gepackt.
Seit der Neuformierung hat der Verein schon einige Projekte angeschoben, die das Stadtquartier mit seinen 42.000 Einwohnern wieder stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt haben. Und immer öfter rücken jetzt auch wieder Themen in den Vordergrund, die die Lebensqualität in Gohlis unter die Lupe nehmen. Und dass der Verkehr hier ein Problem ist, das war auch schon bei der Neuformierung des Vereins offenkundig.
Seit dem 27. Januar gibt es eine Arbeitsgruppe „Mobilität und Verkehr in Gohlis“, an der sich auch Akteure des Projekts „Starke Nachbarschaften durch aktive Beteiligung“, der Initiative „Bürger gegen Schall und Rauch“ und des Vereins „Friedenskirche Leipzig-Gohlis e. V.“ beteiligen. So kamen auch gleich die Erfahrungen aus dem langen Kampf um die Verkehrsberuhigung in der Möckernschen und der Berggartenstraße mit an den Tisch, der am Ende ein Tempo 30 in der Straße erstritt, die zuvor schlicht eine Strecke zum schnellen Abkürzen südlich der Georg-Schuman-Straße gewesen war.
Was sich nicht geändert hat, ist die Tatsache, dass noch immer viele Autofahrer auf die Gohliser Straße drängen, über die sie den schnellen Weg Richtung Innenstadtring suchen. Das hat die Verwaltung zwar mit breiten Abmarkierungen an der Berggartenstraße versucht, etwas überschaubarer zu machen – aber sie wirken wieder nur wie Notbehelfe in einer Situation, in der man für die Verkehrsführung an dieser komplizierten Kreuzung keine wirklich tragfähigen Lösungen hat.
Die Lösung kann eigentlich auch hier nur Entschleunigung heißen – und eine echte Bürgerbeteiligung, die frühzeitig beginnt. Denn der öffentliche Raum rund um die Gohliser Friedenskirche muss neu gestaltet werden.
Die unübersichtlichen Kreuzungen, die enge Lützowstraße und zu hohe Geschwindigkeiten einiger Autofahrer sowie die abmarkierten Sperrflächen an der Berggartenstraße haben dazu geführt, dass dieser Kern des Stadtteils Gohlis heute nicht die Aufenthaltsqualität besitzt, die diesem zentralen Bereich eigentlich zukommt, kritisiert der Verein.
Der Bürgerverein Gohlis e. V. sowie die Bürgerinitiative gegen Schall und Rauch, der Friedenskirche Leipzig-Gohlis e. V. und das Bürgerprojekt „Starke Nachbarschaften für aktive Beteiligung” haben deshalb 357 Unterschriften für eine Neugestaltung und Entschleunigung der Verkehrsflächen im Zentrum von Gohlis-Süd gesammelt. Ziel ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger eigene Vorschläge frühzeitig und umfassend in den Planungsprozess einbringen können.
Matthias Reichmuth, Leiter der Arbeitsgruppe „Mobilität und Verkehr in Gohlis“ und stellvertretender Vorsitzender des Bürgervereins Gohlis e. V. gab die Unterschriften am Donnerstag, 29. Oktober, beim Petitionsausschuss des Leipziger Stadtrates ab. Dabei sagte er an den Vorsitzenden, Michael Schmidt, gewandt: “Wir freuen uns, dass die Stadtverwaltung in letzter Zeit verstärkt bemüht ist, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger schon in einer frühen Planungsphase aufzugreifen. So waren wir bereits in ersten Abstimmungsrunden mit vertreten, von denen der Planungsprozess für eine zukünftige Gestaltung der Berggartenstraße begleitet wird. Da in diesem Bereich aus finanziellen Gründen nicht mit einer kurzfristigen baulichen Umsetzung zu rechnen ist, sollte die Stadtverwaltung den begonnenen Weg jetzt nutzen, um auch für die angrenzenden Abschnitte der Lützowstraße und der Gohliser Straße eine Neuplanung in Gang zu setzen. Diese könnte dann im Anschluss ohne große zeitliche Verzögerung umgesetzt werden.“
Eine Voraussetzung für einen solchen Prozess sieht der Bürgerverein auch in der personellen Ausstattung der beteiligten Ämter: Schließlich benötige die Verwaltung neben dem guten Willen auch angemessene Arbeitskapazitäten, um den Pfad der Bürgerbeteiligung konsequent fortzuführen.
Nach der aufwendigen Sanierung des Häuserensembles Gohliser Straße 43 / 45 wurde gerade der Bau eines neuen Wohnhauses begonnen, das auch die Lücke Gohliser Straße 47 wieder schließt. Der Platz, der bis dato eigentlich nur eine große, unübersichtliche Kreuzung ist, nimmt zumindest in der Randbebauung wieder Gestalt an. Doch gerade Fußgänger und Radfahrer sehen sich hier einer unübersichtlichen Situation ausgesetzt, die mit sicherer Bewegung im Ortsteil nicht viel zu tun hat.
Im Mittelfristigen Investitionsprogramm ist freilich keine der betroffenen Straßen (Gohliser Straße, Berggartenstraße, Lützowstraße) für irgendwelche aufwendigen Maßnahmen vor dem Jahr 2020 vorgesehen. Tatsächlich verstopfen auch nach 2020 rund ein Dutzend Straßen-Großbauprojekte die Pipeline, so dass vor 2025 kaum mit einer Änderung im Umfeld der Friedenskirche zu rechnen ist. Was andererseits natürlich auch einen Zeitraum eröffnet, in dem für diese unübersichtliche Kreuzung tatsächlich einmal kluge Ideen zur Verbesserung der Verkehrsführung gesammelt werden können.
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