Auf den Montag, 16. November, freuen sich nicht nur die Bauarbeiter auf der "Karli", sondern auch Gewerbetreibende, Gastronomen und vor allem Autofahrer. Gegen 10 Uhr wird am Peterssteinweg ganz offiziell die Verkehrsfreigabe für die seit Januar 2014 komplett erneuerte Straße zelebriert. Aber den Banddurchschnitt sollten Autofahrer trotzdem abwarten.

Denn offizielle Akte müssen sein, wenn so ein Straßenabschnitt nach zwei Jahren Bauzeit endlich wieder dem kompletten Verkehr zur Verfügung steht. Die Straßenbahn fährt ja schon seit dem Sommer wieder zweigleisig durch. Diese wichtige ÖPNV-Verbindung in den Süden zu kappen, das hätten sich auch die LVB nicht getraut. Und deshalb wurde die Durchfahrt für die Straßenbahn auf den beiden neu gebauten Gleisen auch mit Schuljahresbeginn vorgezogen. Wer die Straßenbahnen der Linien 10 und 11 nutzte, konnte seit August regelrecht zuschauen, wie die Dauerbaustelle, auf der zeitweilig alles zu ruhen schien, auf einmal beim Zusehen schon regelrecht endgültige Form annahm.

Die Baupause im Winter war natürlich geplant. Das wollten die Leipziger Verkehrsbetriebe ganz bestimmt nicht riskieren, mit dieser Baustelle in Frost und Eis stecken zu bleiben. Der frühe Frühjahrsbeginn begünstigte dann die Bauarbeiten. Aber Anfang August sah die Bauerei auf dem 1,15 Kilometer langen Straßenstück vom Südplatz bis zum Martin-Luther-Ring noch gar nicht so aus, als würden es die Baufirmen doch noch schaffen. Die östliche Straßenseite war bis zur Hohen Straße zwar irgendwie fertig. Aber die Westseite war noch aufgerissen, zwischen Südplatz und Shakespearestraße begannen gerade die Pflasterarbeiten der Fußwege und die Gastronomen auf diesem Stück Kneipenmeile sorgten für Schlagzeilen, als sie auf einmal mit der Stadt um die mögliche Breite der Freisitze zu streiten begannen.

Am Freitag wurden die Platanen für die neue "KarLi" geliefert. Foto: Ralf Julke
Am Freitag wurden die Platanen für die neue “KarLi” geliefert. Foto: Ralf Julke

Man spürte schon, was hier so alles schon als traditionell und angestammt empfunden wurde. Umso verblüffter konnte man sein, als dann die opulent aufgebauten Holzstege und Aufbauten trotzdem zurückgebaut wurden.

Im Hochsommer hatten die drei Bauherren dieses Riesenprojekts “KarLi” die Presse noch einmal zum Vor-Ort-Termin eingeladen. Da war man auf der kompletten Westseite der Karl-Liebknecht-Straße noch am Pflastern. Vorm “Volkshaus” zeichnete sich zum ersten Mal ab, wie hier die künftige Freisitzatmosphäre sein würde, und die Bauleitung der Stadt Leipzig verkündete frohgemut, dass es hier jetzt im Wochenrhythmus fertig werden würde. Den Fertigstellungstermin würde man halten.

Den für die Straßenbahn hielt man. Pünktlich zum Schuljahresbeginn fuhren die Bahnen zweigleisig. Eigentlich flott.

Auch wenn die Fahrgäste jetzt mit Entsetzen feststellen durften, dass die Bahnen nicht nur in den (neuen) Straßenbahnhaltestellen hielten, sondern noch drei zusätzliche Stopps an den Kreuzungen Schenkendorffstraße, Hohe Straße und Riemannstraße verpasst bekommen haben. Dafür fehlt an der neuen, überfahrbaren Haltestelle Hohe Straße augenscheinlich eine Ampel, die die Kraftfahrzeuge zum Anhalten zwingt, wenn die Bahn in die Haltestelle fährt.

Immer wieder kam es hier in den vergangenen Wochen zu kritischen Situationen, weil Autofahrer noch durch die Haltestelle bretterten, während die Fahrgäste schon ausstiegen. Würden sich solche Beobachtungen nicht auch aus anderen Teilen der Stadt häufen, würde man es ja gern auf die besonders eiligen Südvorstädter schieben. Aber dem ist nicht so. Der zunehmend verdichtete Verkehr in Leipzig führt augenscheinlich dazu, dass es auch immer mehr Kraftfahrer gibt, die auf Straßenbahnen, Fußgänger und Radfahrer immer weniger Rücksicht nehmen.

Dabei war die “KarLi”-Baustelle in den vergangenen Monaten eigentlich nur für Anlieger geöffnet. Doch schon jetzt sind die neu gebauten Parktaschen eifrig genutzt, vorzugsweise von Dauerparkern, die auch gleich mal die freizügig angelegten Ladeflächen in Beschlag nahmen.

Sonerhaltestelle im Peterssteinweg und schon gern genutzte Radstreifen und Fußwege. Foto: Ralf Julke
Sonderhaltestelle im Peterssteinweg und schon gern genutzte Radstreifen und Fußwege. Foto: Ralf Julke

Da kann man gespannt sein, ob am Montag das Parkregime tatsächlich so durchgesetzt werden kann, wie 2012 nach langwierigen Diskussionen geplant. Man erinnert sich ja daran, dass für dieses am Ende 17,2 Millionen Euro teure Straßenbauprojekt die bislang umfangreichste Bürgerbeteiligung stattfand, die Stadt und LVB je für ein Straßenprojekt organisiert haben. Man wollte ja nicht einfach nur die 40 Jahre alten Gleise erneuern und die über 100 Jahre alten Abwasserschächte und Leitungen im Untergrund in Ordnung bringen – man wollte eine modern organisierte Stadtstraße bekommen, die die Bedingungen für Straßenbahn, Fußgänger und Radfahrer verbessert.

Die Radfahrer haben den neuen Asphalt schon lange in Beschlag genommen. Nur ein kleiner Teil von ihnen ist am Ende noch auf die extra angelegte Parallel-Route in der Bernhard-Göring-Straße ausgewichen. Dazu ist der Straßenzustand der Bernhard-Göring-Straße zwischen Kurt-Eisner-Straße und Hohe Straße längst viel zu desolat und unattraktiv. Und man landete zwangsläufig nach der Buckelpiste an der Riemannstraße an einer der gefährlichsten Stellen im Leipziger Radnetz: der Einmündung der Emilienstraße in die Windmühlenstraße.

Da fuhren viele Radler dann doch lieber gleich durch die Baustelle, auch wenn sie dort dann wieder den üblichen Falschparkern begegneten, die den Radweg zwischen Schenkendorffstraße und Shakespearestraße gleich wieder als Dauerparkplatz in Beschlag genommen haben. Da wird sich die Stadt noch was einfallen lassen müssen – denn die “KarLi” ist nun einmal die Hautradwegverbindung vom Süden in die Innenstadt.

Pflasterarbeiten an der neuen Haltestelle Münzgasse. Foto: Ralf Julke
Pflasterarbeiten an der neuen Haltestelle Münzgasse. Foto: Ralf Julke

Am Samstag, 14. November, war natürlich noch nicht alles fertig. Erst am Tag zuvor waren die neuen Platanen für die Straße angeliefert worden. Die wurden jetzt noch ordentlich verpflanzt. Rund um die neu gebaute Haltestelle an der Münzgasse und an der Härtelstraße waren die Pflasterarbeiten noch im Gang. Das sollte dann am Montag alles fertig sein, genauso wie der Rest des Peterssteinwegs bis zum Martin-Luther-Ring, den man gern vergisst, wenn man von der “Karli” redet, denn die eigentliche Karl-Liebknecht-Straße endet ja an der Emilienstraße. Das wird ab jetzt kaum noch auffallen, denn der historische Straßenknick ist durch die Neuverschwenkung der Straße fast unsichtbar geworden. Wo vorher ein undefiniert breites Straßenstück vor “Bagel Brothers” zum Doppelparken einlud, sind jetzt auch ordentliche Parktaschen entstanden.

Jetzt kann man gespannt sein, ob die Planer auch die Ampelregelungen in diesem flott aufgewerteten Stück Leipziger Prachtstraße, die in weiten Teilen zum Glück ihre breiten, fußgängerfreundlichen Bürgersteige behalten konnte, in den Griff bekommen.

Die Stadt selbst hat übrigens 7 Millionen Euro in das neue Straßenprachtstück investiert, die LVB waren mit 7,5 Millionen Euro dabei, den Rest haben die Wasserwerke in die unterirdische Ertüchtigung ihrer Leitungen gesteckt.

Ab Montagmittag wird man sehen, wie gut das alles, was da 2013 beschlossen wurde, funktioniert.

Nachtrag Montag, 16. November: Die Ampel, die an der Haltestelle Hohe Straße die Zufahrt der Kraftfahrzeuge regelt, ist jetzt in Betrieb. In Betrieb ist jetzt auch die neue Ampel an der Shakespearestraße, die jetzt für einen weiteren Stopp der Straßenbahn sorgt. Die Pflasterarbeiten an der Härtelstraße laufen noch und auch die Baumarbeiten sind noch nicht beendet. Und der Fußweg an der Probsteikirche wird noch einige Tage brauchen bis zur Fertigstellung.

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