Es ist nicht ganz so einfach am Leipziger Floßgraben, der bislang einzigen Gewässerverbindung ins Leipziger Neuseenland. Er führt durch ein doppelt geschütztes Stück Auenwald. Im Winter sorgte eine recht rabiate Mähaktion im Floßgraben für Entsetzen bei Leipzigs Naturschützern. Durfte da überhaupt gemäht werden? Der Grünen-Abgeordnete Wolfram Günther hat mal beim Umweltminister nachgefragt.
Immerhin herrscht zwischen der Unteren Umweltbehörde, dem Amt für Umweltschutz der Stadt Leipzig, und der Oberen, der Landesdirektion Leipzig, ein Dissens zur Frage, ob und wie im Floßgraben überhaupt in die Unterwasservegetation eingegriffen werden darf. Das bestätigte auch Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal. Im März musste er schon im Stadtrat zu der ausgeuferten Entkrautungsaktion Stellung nehmen und bestätigte dort, dass die Arbeiten auch weit über den Auftrag der Stadt hinausgegangen waren. Der Einsatz einer Schleppsense war nicht beauftragt worden.
Die Rüge der Landesdirektion an die Stadt Leipzig auch wegen der fehlenden Überwachung der Maßnahme war entsprechend deutlich.
“Endlich hat die Landesdirektion Sachsen als Aufsichtsbehörde die Stadt zur Ordnung gerufen”, freut sich Wolfram Günther, der auch umweltpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen ist. “Die Aussagen des Umweltministers legen das zukünftige Ende der Motorbootsschifffahrt im Floßgraben nahe.”
Eine recht optimistische Einschätzung. Denn auch die Aussage von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) klingt eher danach, dass die Landesdirektion künftigen Entkrautungen nicht gänzlich eine Absage erteilt, sondern die Stadt Leipzig lediglich zu mehr Zurückhaltung und Beachtung der Schutzauflagen im FFH-Gebiet aufgefordert hat.
Thomas Schmidt: “Hinsichtlich der Art der Durchführung wurde die Genehmigung des Einsatzes eines Mähbootes als unzureichend begründet und die Durchführung selbst als nicht in dem erforderlichen Umfang überwacht angesehen. Die Ergebnisse wurden mit der Stadt Leipzig besprochen und festgelegt, dass die von der Landesdirektion getroffenen Einschätzungen und Rechtsauffassungen bei etwaigen zukünftigen Aktivitäten durch die Stadt Leipzig zu beachten sind.”
Bei Entkrautungsmaßnahmen in den Jahren 2008, 2009 und 2011 hatte es keine entsprechenden Einsprüche gegeben, aber auch keine so öffentliche Aufmerksamkeit, denn der Kurs 1 durch den Floßgraben wurde erst im Sommer 2011 eröffnet – erst seitdem können auch Motorboote die Connewitzer Schleuse nutzen und – mit Ausnahmegenehmigung – in den Floßgraben einfahren.
“Mitten im Naturschutzgebiet Leipziger Auwald wird seit Jahren im Floßgraben durch sogenannte Entkrautungsmaßnahmen die Unterwasserpflanzenwelt in einer Breite von ca. fünf Metern mit einem Mähboot entnommen. Die teilweise streng geschützten Wasserpflanzengesellschaften stellen für die Motorboote ein natürliches Hindernis dar – lassen die Paddler aber frei passieren”, kommentiert Günther die Antworten des Umweltministers. “Grund für die permanente Ausmähung und Beschädigung des Floßgrabens ist die von der Stadt gewünschte Schaffung einer Fahrtrinne für Motorboote als Verbindungskanal zwischen Seenlandschaft und Stadthafen Leipzig. Hier sollen zukünftig bis zu 300 Motorboote täglich fahren dürfen.”
Zumindest ist das so im “Wassertouristischen Nutzungskonzept” (WTNK) verankert, auch wenn auch Leipzigs Umweltbürgermeister diese Zahl für unrealistisch hält.
Ausnahmegenehmigungen gäbe es prinzipiell nur für gewässerangepasste Boote vom Typ LeipzigBoot. Und so wolle man es auch künftig halten. Die einzige Firma, die bislang Durchfahrtgenehmigungen für ihre Passagierboote bekommt, ist die Firma RanaBoot, die 2015 für zwei ihrer Boote eine Ausnahmegenehmigung bekommen hat.
“Eigentlich herrscht südlich des Connewitzer Wehres im Leipziger Auwald nur der Gemeingebrauch. So ist auf den idyllischen Gewässern sinnvollerweise lediglich der Paddelbetrieb zulässig und angemessen”, meint Günther. “Die Stadt Leipzig will aber seit Jahren eine stärkere touristische Nutzung der Auwaldgewässer mit allen Mitteln durchsetzen und weicht mit Sondergenehmigungen für einzelne Motorboote den Naturschutz systematisch auf. – Ich gehe davon aus, dass die rechtswidrige und schädliche Mähpraxis der Stadt Leipzig nun der Vergangenheit angehört. Motorboote werden so auf natürliche Weise vom Fluss durch die nachwachsenden Wasserpflanzen selber gestoppt. Das ist gut so!”
Wenn es denn so kommt. Denn nach einem konsequenten Verbot der Entkrautungen klingt die Aussage von Thomas Schmidt nicht.
Es läuft wohl eher auch in den nächsten Jahren auf den vorsichtigen Eiertanz hinaus, den die Leipziger in den letzten beiden Jahren erlebt haben mit Ausnahmegenehmigungen allein fürs LeipzigBoot und der mittlerweile auch fürs Amt für Umweltschutz brennenden Frage: Wer kann eigentlich am Floßgraben so kontrollieren, dass Verstöße gegen Allgemeinverfügung und Naturschutz auch geahndet werden können?
Nach ein wenig mehr Strenge klingt nur die Aussage zur Prüfung der Entkrautungsaktion durch die Landesdirektion: “Im Ergebnis stellte die Landesdirektion fest, dass die Entkrautungsmaßnahme inhaltlich nicht geboten war und vor der Durchführung verfahrensseitig nicht ausreichend geprüft wurde.”
Was ja nur heißt, dass die Maßnahme in diesem Winter völlig überflüssig war. Im Wesentlichen aber konzentriert sich die Kritik der Landesdirektion auf den Einsatz einer Schleppsense, denn sie hat eben nicht nur mögliche Behinderungen in der Fahrbahnrinne zurückgeschnitten, sondern in großen Teilen die wichtige Unterwasservegetation zerstört: “Grüne Keiljungfer und sonstige Libellenarten sind durch das nicht gestattete Einsetzen einer Schleppsense seitens der beauftragten Firma betroffen.”
Und hier geht es um genau das, was sich hinter der ganzen Diskussion um den Eisvogel verbirgt – denn um den allein geht es nun mal nicht, sondern auch um Bitterling und Grüne Keiljungfer, die als Lebensgrundlage nun einmal “Fließgewässer mit Unterwasservegetation” brauchen, ein Lebensraum, der für das Naturschutzgebiet (FFH-Gebiet) Südlicher Auenwald klar definiert ist. Wer hier mit Schleppsensen eingreift, verstößt eindeutig gegen die Schutzbestimmungen.
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