Es ist genau der 12. heiße Tag in diesem Jahr, dieser 6. August. Zumindest wenn man nur alle Tage über 30 Grad zählt und nicht auch die Tage knapp drunter mit 28, 29 Grad Celsius. Davon gab's auch schon sechs in diesem Jahr. Also gibt's für den Pressetermin auf der "KarLi"-Baustelle diesmal Basecaps. Ein heißer Sommer für die Bauleute ist es im doppelten Sinn.
Denn innerhalb von sechs Ferienwochen müssen sie mehr als die Hälfte der Bauarbeiten für das zweijährige Bauprojekt schaffen. Gegen das, was die Straßenbahnpassagiere vorher im langsamen Vorbeifahren auf einem Gleis beobachten konnten, ist dieses Sommer-Finale auf der “KarLi” geradezu ein großes Drama mit Vorhang auf, Vorhang zu, Abschnitt aufreißen, fertigbauen, anschließen, weiter.
Im Grunde wird jetzt – anders als in den beiden Vorjahren – überall zugleich gebaut. So wurde es vor drei Jahren ausgehandelt in einem gar nicht so einfachen Diskussionsprozess zwischen Stadt, LWB, KWL und den vielen verschiedenen Bürgerinteressen vor Ort, unter denen natürlich die Wünsche der Händler und Gastronomen besondere Beachtung fanden.
Das Ergebnis war der abschnittsweise Bauprozess der vergangenen beiden Jahre, der aus Sicht der Bauherren natürlich geradezu kompliziert, aufwendig und langwierig war. “Aus Bauherrensicht wäre eine einzige Vollsperrung und dann Bauen in einem Rutsch viel besser gewesen”, sagt Jens Ellinger, LVB-Projektleiter. Schneller sowieso.
Aber der komplizierte Abstimmungsprozess war auch eine wichtige Premiere für Leipzig, denn jetzt hat das Bauprogramm für die großen Magistralen erst so richtig begonnen. Und nicht nur an der Karl-Liebknecht-Straße hat sich gezeigt, dass der Komplettumbau einer Straße “in einem Rutsch” so nicht mehr machbar ist. Jedenfalls nicht, wenn man nicht über Jahre gewachsene Qualitäten und Strukturen zerstören will.
Das Besondere freilich am Sommer 2015 ist auch: Über zwei Jahre haben sich Wasserwerke, LVB und Stadt so langsam an den Punkt vorgetastet, an dem wichtige verbindende Straßenabschnitte schon fertig sind, auch wichtige Bürgersteige am Südplatz, dort, wo sich die bekanntesten Cafés und Kneipen ballen und die Freiseitze auf dem frisch verlegten Pflaster von den Gästen besonders begehrt sind. Übrig geblieben waren nur noch die Passstücke, die man ohne eine Vollsperrung der Straße nicht bauen kann. Sie wurden allesamt aufgespart bis zuletzt. Bis zum 11. Juli, dem Ferienbeginn in Sachsen.
Am Vortag fuhren die Straßenbahnen zum letzten Mal eingleisig durch die Baustelle. Ab Samstag, 11. Juli, gab’s nur noch Umleitungen. Noch in der Nacht kamen die Strippenzieher der LVB, nahmen die alten Fahrleitungsdrähte ab und hängten – “in einem Rutsch” – die neuen Drähte vom Südplatz bis zum Peterssteinweg auf. Nur ein Stück fehlt noch: die Einbindungen der neuen Leitungen in das Fahrleistungssystem am Martin-Luther-Ring.
“Das machen wir ganz zum Schluss noch in einer Nacht-und-Nebel-Aktion”, sagt Ellinger, der sichtlich erfüllt ist von der Baustelle und den vielen gleichzeitigen Arbeiten. Seit zwei Jahren betreut er die Baustelle und staunt noch heute, was für ein komplexes Ding sich die Bauherren da ausgedacht haben. “Denn ganz zu Anfang war ich noch nicht dabei. Das kenne ich nur vom Hörensagen.”
Aber nicht nur er sagt bei diesem 33-Grad-Besuch auf der Baustelle: Wir liegen im Plan. Und wie Journalisten so sind, fragen sie auch mal wieder frech nach dem Plan B. Was passiert, wenn doch noch was dazwischen kommt? Ein großes, mächtiges Unwetter zum Beispiel, das den Bau für Tage verzögert? “Wir sind Bauleute”, sagt Ellinger. “Wir sind so etwas gewohnt.” Denn am 23. August muss alles fertig sein. Dann sind die Ferien zu Ende, dann drängen nicht nur die Erwerbstätigen wieder in die Straßenbahnen, sondern auch die Schüler all der Schulen, die auch rechts und links der “KarLi” liegen. Dazu müssen die Drähte am 22. August spätestens angeschlossen sein, die Gleise müssen liegen und die Straßenbahnen müssen in den Testbetrieb.
Das sind noch etwas über zwei Wochen. Und wer sich dieser Tage zu Fuß aufmacht, die Baustelle zu besichtigen, der sieht die Bauleute tatsächlich an allen Ecken arbeiten. Nur vor dem Volkshaus war’s am Donnerstag mal etwas ruhiger. Dafür waren die Asphaltarbeiter am Südplatz zugange. Die Straße zwischen Körnerstraße und Shakespearestraße wird gerade asphaltiert. Die Bürgersteige sind fertig. Die Gastronomen von der Kneipenmeile sind tatsächlich die ersten, die bald auf ihr fertiges Stück Straße schauen können. Noch nicht morgen. Die neuen Gleise liegen zwar und sind auch schon in die Haltestelle “Südplatz” eingebunden. Aber wann genau wird der erste Straßenabschnitt geöffnet? Wenigstens für die Anlieger? Gute Frage.
Gleich mehr dazu im zweiten Teil.
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