In einer der ersten sinnvollen Aktionen haben Leipziger um die Universitätsmitarbeiterin Parissa Chokrai unter dem Namen „Fjällsangels“ eine simple, aber wirkungsvolle Idee auf die Beine gestellt. Sie sammeln „Willkommenspakete“ mit klar definiertem Inhalt für die ankommenden 500 Flüchtlinge in der Grube-Halle. Im Laufe der Woche wollen die Macher dann vor Ort die Pakete übergeben. Weitere Unterstützung für die Ankommenden in der Grubehalle ist zwar in Vorbereitung, doch an genauen Informationen, was gebraucht wird, herrscht noch Mangel.

Die Situation für freiwillige Helfer ist noch nicht die Beste derzeit. Einfach zur Jahnallee rennen und Hilfe anbieten überfordert bereits die sich eher in einer Art Katastropheneinsatz befindlichen 30 Ehrenamtler vom Johanniter-Hilfswerk. Bekleidungsstücke hinbringen überlastet die Aufnahmekapazitäten vor Ort und genauere Informationen, wie viele Menschen eingetroffen sind, aus welchen Nationen und wie viele Familien mit Kindern darunter sind, derzeit Mangelware.

Da ist Hilfe auf „Umwegen“ gefragt, dachten sich offenbar die Macher von „Fjällsangels“, welche einige Sammelstellen außerhalb der Unterbringung in Leipzig organisiert haben und nun „Willkommenspakete“ sammeln. Jedes Set soll demnach folgende 5 Artikel enthalten: 1 Zahnbürste, 1 Zahncreme, 1 Deo und 1 Stück Seife, welche separat zu verpacken ist, wegen des Seifengeruches. Dazu noch eine Packung Kekse (hitzebedingt schokofrei) und fertig ist das persönliche Hygieneset mit Willkommensgruß für einen Flüchtling.

500 sollen es werden und die Chancen stehen gut, denn der Zuspruch ist seit gestern Abend vor allem auf Facebook bereits enorm.

Auch „lose“ Spenden werden angenommen, so die Macher. „Natürlich freuen wir uns auch über ein einzelnes Stück Seife oder eine Keksschachtel oder auch andere Hygieneartikel wie Duschgel, Tampons, Binden“, heißt es auf der eilig eingerichteten Facebookseite.

„Ich bin überwältigt von der Resonanz, wir schaffen es gar nicht mehr, auf alle Rückfragen zu antworten“, so Parissa Chokrai auf Nachfrage der L-IZ nach dem Stand der Dinge. Müssen die Macher auch eigentlich nicht, denn die Aktion ist einfach, klar und läuft noch bis zum Freitag, 21. August. Spätestens dann, vielleicht auch früher, sollen die Pakete in die Ernst-Grube-Halle wandern. Bereits gute 24 Stunden nach Start der Aktion können die Macher berichten: “300 Willkommenspäckchen sind allein bei der Kostbar und beim Späti Schatzinsel abgegeben worden!”

Und weil es für jeden Flüchtling ein Paket werden soll, so die Macher Robert, Frank, Thomas von Späti Schatzinsel, Tobias Meusel samt seinem Kostbar Naturkost Team, Frau Fritzsche, Leiterin der Uni-Bibliothek Zweigstelle Erziehungswissenschaft und Christopher Zenker, wäre auch ein „Kärtchen mit einem Willkommensgruß“ eine schöne Sache.

Abgeben kann man die Pakete bislang unter folgenden Adressen

„Radsfatz“
Eisenbahnstraße 113b HH, 04315 Leipzig, Dienstag 14-18Uhr, Donnerstag 14-18Uhr, Sonntag 15-19Uhr
„kostbar“
Karl-Heine-Strasse , 04229 Leipzig, Montag – Freitag 09 – 20 Uhr, Samstag 09 – 16:00
„Späti Schatzinsel“
Forststraße 7, 04229 Leipzig, Montag – Sonntag 9 – 0 Uhr
„Universitätsbibliothek Zweigstelle Erziehungswissenschaft“
Karl-Heine-Strasse 22b (Haus A, Vorraum Lesesaal), Montag – Freitag 10 – 16 Uhr

Hallensituation, weitere Hilfe & offene Fragen

Unterdessen bemühen sich andere um mehr Informationen, um gezielte Hilfe zu leisten. Bis Montag sollen alle Informationen beisammen sein, welche dann unter anderem in Aufrufen der Johanniter, den Medien und dem Leipzig Hilft e.V.  verbreitet werden sollen. Dann wird es unter anderem darum gehen, was fehlt in der Halle, welche Freizeitangebote werden gebraucht, sind genügend Materialien vor Ort vorhanden, um ein gemeinsames Nächtigen von bis zu 500 Personen sicherzustellen?

Eines ist bereits deutlich geworden: Bislang fehlen Sichtschutzvorrichtungen zwischen den engmaschig aufgestellten Feldbetten, eine erste Ladung von rund 250 Ohrstöpseln, nach L-IZ  -Informationen gestiftet von einem Leipziger Unternehmen, soll am Montag eintreffen und wie die Versorgungslage sich bis dahin entwickelt, ist unklar. Auch sanitäre und medizinische Versorgungsfragen dürften offen sein, bislang stehen je drei Duschen für Männer und drei für Frauen zur Verfügung. Zwei Sanitärcontainer sollen ab Montag mehr ermöglichen und aktuell helfen zwei Studenten der Universität Leipzig beim Übersetzen.

Ein bisschen Auslauf am blauen Zaun wird nicht genügen. Bis Sonntagabend könnten 500 Menschen auf einem viel zu kleinen Areal landen. Foto: L-IZ.de
Ein bisschen Auslauf am blauen Zaun wird nicht genügen. Bis Sonntagabend könnten 500 Menschen auf einem viel zu kleinen Areal landen. Foto: L-IZ.de

Der Studentenrat der Unversität sucht unterdessen für die Arbeit des vor Ort befindlichen Flüchtlingsrat Leipzig e.V. weitere Übersetzer, welche helfen können. So benötigt der Flüchtlingsrat Leipzig eV. dringend Sprachvermittler/Dolmetscher für Arabisch, Persisch, Russisch und Urdu. (Facebookseite am Schluss)

Doch für alle Bereiche braucht es noch konkrete Angaben, was fehlt, damit die Leipziger zupacken können. Speziell die Frage, ob Spiele für Kinder benötigt werden, wie die hygienische Situation verbessert werden kann und ob man auch persönlich helfen kommen kann sind offen. Diese Informationen sollen spätestens Montag, nach einer Bestandsaufnahme durch die Johanniter, vorliegen.

Denn eines ist klar, die Uhr läuft, es ist warm und in der Halle sammeln sich die ersten Menschen. Bis zu 500 könnten es bis Sonntagabend werden, dann ist die Kapazität erschöpft. Die Idee mit einer großen Halle als ein quasi riesiger Schlafsaal mit einem eher kleinen Umgebungsgelände auf dem Unicampus ist so etwas wie ein Not-Interims-Lösungsversuch der Landesdirektion Leipzig für die überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen in Sachsen. Wie diese Situation auf Dauer überhaupt ohne Hilfe von außen funktionieren soll, ist ungewiss. Einen ansprechbaren regulären Betreiber, welcher den Einsatz der Johanniter beenden und die Einrichtung übernehmen könnte, konnte man jedenfalls seitens des Landes Sachsen noch nicht finden.

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