Wenn das Capa-Haus fertig ist, dann wird's auch eine Gedenktafel bekommen, die an den Soldaten der 2. US-Infanterie-Division erinnert, der am 18. April beim Einmarsch der amerikanischen Armee in Leipzig von einem Heckenschützen erschossen wurde: Raymond J. Bowman. Er ist der Tote auf dem weltberühmten Foto von Robert Capa "Der letzte Tote des Krieges". Jahrzehntelang war der Mann auf dem Foto namenlos.

Erst 2012 wurde durch Recherchen der Name des Erschossenen zugeordnet. Entstanden ist das Bild auf einem der Balkone des Hauses, das damals noch an der Frankfurter Straße adressiert war. Heute gehört es zur Jahnallee.

Schon 2014 hatte die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat beantragt, den gegenüber gelegenen südlichen Teil der Erich-Köhn-Straße umzubenennen in Capastraße, um den berühmten Fotografen zu ehren, der damals den Einmarsch der amerikanischen Truppen begleitete. Der Stadtrat stimmte dem Antrag zu. Am 18. April wurde die Umbenennung vollzogen.

Aber damit war Raymond J. Bowman noch nicht geehrt, dessen Tod durch einen Heckenschützen am 18. April 1945 die ganze Tragik des Krieges zeigt.

Das will die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat jetzt nachholen. Sie hat eine Ergänzung zur Verwaltungsvorlage aus dem April formuliert, die jetzt auch eine Würdigung für Bowman in die 2015er Straßenbenennungen mit aufnimmt. Die Linken wollen eine Umbenennung der Lützner Straße in jenem Abschnitt, in dem kaum jemand noch auf den Gedanken kommt, dass das auch noch zur Lützner Straße gehört: dem Abschnitt Lützner Straße zwischen Jahnallee und Zschochersche Straße in Lindenau, der östlich direkt am Capa-Haus vorbeiführt.

Begründen muss man es eigentlich nicht groß.

Die Linke tut’s trotzdem. Das gehört sich so: “Während der Befreiung Leipzigs von der Nazi-Diktatur am 18. April 1945 durch amerikanische Truppen hatten Soldaten der von Westen anrückenden 2. US-Infanterie-Division im Gebäude Jahnallee 61 in der 3. Etage zur Erstürmung und Sicherung der  Zeppelinbrücke als Flussübergang für den Vormarsch in Richtung Osten ein Maschinengewehrnest aufgebaut. Bei der Deckung der vorrückenden Truppen wurde der US-Soldat Raymond J. Bowman tödlich getroffen. Der aus Ungarn stammende Fotograf Robert Capa begleitete die US-Truppen und dokumentierte zeitnah die Einnahme Leipzigs und die Ereignisse der letzten Kriegstage in Leipzig. Am 14. Mai 1945 veröffentlichte die Zeitschrift ‘Life Magazine’ erstmals im Rahmen eine Fotoserie von Robert Capa auch das Foto ‘Der letzte Tote des Krieges’. Dieses Bild aus der Jahnallee 61 in der 3. Etage erhielt dadurch weltweit traurige Berühmtheit.”

Kleine Zwischenbemerkung: Als das Foto entstand, hatte das Haus noch die Adresse Frankfurter Straße 39.

“Erst 2012 wurde die Identität Raymond J. Bowmans durch den Militärhistoriker Jürgen Möller geklärt”, stellt die Linksfraktion weiter fest. Der 1924 geborene Gefreite (Private) Bowman hatte gerade das schwere Maschinengewehr auf den Balkon gewuchtet, mit dem die Frankfurter Straße gesichert werden sollte, als ihn die Kugel traf. Die Geschichte sorgte 2011 deutschlandweit für Aufsehen, weil die Stadt Leipzig für das auch schon durch Brand versehrte Haus schon die Abrissgenehmigung erteilt hatte. Eine Bürgerinitiative kämpfte seitdem für den Erhalt des Hauses und für die genauere Erforschung der Ereignisse vom 18. April 1945.

“Ein Kriegskamerad von Bowman besuchte 2013 den Ort des Geschehens. Wenn Orte des Geschehens wie das Capa-Haus nach Drängen einer Bürgerinitiative und Stadträten original gesichert und bis Jahresende saniert und damit erhalten werden, ist Erinnerung authentisch auch für kommende Generationen erlebbar”, stellt die Linksfraktion nun in ihrem Antrag fest. “Nicht oft ergibt sich auch die Möglichkeit, in unmittelbarer Nachbarschaft gleich zwei Menschen des Geschehens durch Benennung unbenannter Straßenabschnitte zu ehren. Neben der vor wenigen Wochen am 18. April benannten Capastraße sollte der Straßenabschnitt südlich des Capa-Hauses (Jahnallee 61) zwischen Jahnallee und Lützner Straße in ‘Bowmanstraße’ umbenannt werden. Dadurch wird 70 Jahre nach der Befreiung Leipzigs die heutige Generation die Erinnerung an die Befreiung Leipzigs durch US-Truppen wach gehalten und werden die alliierten Befreier Leipzigs würdig geehrt.”

Die Umbenennung sollte relativ komplikationslos sein, findet die Linksfraktion: “Der betreffende Straßenabschnitt südlich des Capa-Hauses (Jahnallee 61) zwischen Jahnallee und Lützner Straße wurde als neue Straßentrasse erst zwischen 1973 bis 1975 als Umgehung zur Entlastung der Haltestelle am Straßenbahnhof Angerbrücke gebaut. Ursprünglich begann die Lützner Straße erst ab dem Abzweig der Zschocherschen Straße. Deshalb gibt es auch erst ab dort Adressen.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar