Wie lückenhaft Leipzigs Radwegenetz ist, merkt man erst, wenn man in den verschiedenen Stadtteilen öfter mit dem Rad unterwegs ist. Da gibt es Straßen, die in klassischer Schönheit mit Radstreifen beschenkt sind. Aber an jedem Ende verlieren sie sich im Nirwana. Und das soll dann eine Ausweichstrecke für Radfahrer sein, fragt die Linksfraktion nun zur Wiliam-Zipperer-Straße in Leutzsch? Nie im Leben.

Die Stadträte der Linken haben sich mal das nordwestliche Ende der Straße angeschaut, dort, wo die William-Zipperer-Straße auf die Hans-Driesch-Straße trifft. Radfahrer stehen hier recht ratlos vor rauschendem Verkehr. Ein sinnvoller Seitenwechsel ist hier augenscheinlich nicht geplant. Leipzigs Verkehrsplaner denken irgendwie nie daran, dass Radfahrer solche Hauptstraßen auch queren müssen. Man hat zwar niedliche Poller hingestellt, da wo die Radfahrer – nachdem sie von der östlichen William-Zipperer-Straße kommend – den Park am Wasserschloss durchquert haben, auf die Hans-Driesch-Straße stoßen. Aber da ist finito. Die sicherste Variante ist hier nur: Auf dem Fußweg hoch zum Rathaus Leutzsch fahren und da dann an der Ampel die Hans-Driesch-Straße zu überqueren und dann auf der Georg-Schwarz-Straße zum Einkaufscenter zu fahren. Ebenfalls eine rustikale Straße, auf der auch nach dem Umbau keine Radwege eingeordnet werden sollen.

Da fassen sich nicht nur die Linken an den Kopf.

Deswegen beantragt die Linksfraktion nun:

1. Die Stadtverwaltung errichtet bis Ende 2015 eine Querungshilfe über die Hans-Driesch-Straße, Höhe William-Zipperer-Straße.

2. In der William-Zipperer-Straße wird im Bereich zwischen Hans-Driesch-Straße und Georg-Schwarz-Straße eine Deckensanierung durchgeführt.

Und sie begründet es natürlich mit den eifrigen Beteuerungen der Stadtplaner, die William-Zipperer-Straße sei als Alternativroute zur engen Georg-Schwarz-Straße gedacht: “Die William-Zipperer-Straße wird besonders für den Radverkehr immer wieder als Alternativroute zur Georg-Schwarz-Straße dargestellt. Für den Abschnitt der William-Zipperer-Straße zwischen Demmeringstraße und Hans-Driesch-Straße ist das nachvollziehbar und gut möglich. Leider endet die Alternativroute an der Hans-Driesch-Straße. Ein Passieren des Autobahnzubringers ist nur schwer möglich.”

Aber nicht nur die Überquerung der Hans-Driesch-Straße ist ein Problem. Das Straßenstück davor ist schon eine Zumutung: “Der folgende Abschnitt der William-Zipperer-Straße zwischen Hans-Driesch-Straße und Georg-Schwarz-Straße ist zum großen Teil in so desolatem Zustand, dass die Straße nicht als Alternativroute für den Fahrradverkehr geeignet ist. Die Gefahr von Unfällen ist dort besonders hoch. Daher wäre eine umgehende Deckensanierung des genannten Abschnitts der William-Zipperer-Straße nötig.”

Und die Zeit drängt, denn die Stadt will ja die nördliche Georg-Schwarz-Straße demnächst in eine Großbaustelle verwandeln.

“Dies sollte umgehend erfolgen, damit die William-Zipperer-Straße schon während der Sanierung des Nordabschnitts der Georg-Schwarz-Straße als Ausweichroute zu den Leutzsch-Arkaden zur Verfügung steht”, benennt die Linksfraktion ein Thema, das bei der Planung der Leipziger “Stadtteilzentren” in der Regel gar nicht oder nur stiefmütterlich bedacht wurde: Dass die Kunden mit dem Rad zum Einkaufen kommen könnten, haben Planer und Center-Betreiber irgendwie nicht auf dem Radar. Dass die Bedingungen für Radfahrer an der Kreuzung Georg-Schwarz-Straße/Hans-Driesch-Straße eine Katastrophe sind, hat ja bei der Abstimmung zur Georg-Schwarz-Straße schon die SPD-Fraktion mit einem Antrag thematisiert. Ob freilich Gummipuffer die Gefahr für Radfahrer minimieren, die eh schon mit katastrophalen Straßenzuständen zu kämpfen haben, darf man wohl bezweifeln.

“Auch nach der Sanierung der Georg-Schwarz-Straße könnte gerade dieser Abschnitt eine Alternativroute darstellen, weil auf der Georg-Schwarz-Straße zwischen Hans-Driesch-Straße und William-Zipperer-Straße keine Radverkehrsanlagen eingeordnet werden konnten. Statt dessen wird der Radverkehr stadtauswärts auch künftig direkt neben oder zwischen den Gleisen der LVB stattfinden müssen”, kritisiert die Linksfraktion. Aber warum will die Stadt die Radfahrer unbedingt mit Straßenbahn und motorisiertem Verkehr in eine schmale Straße zwängen? Die William-Zipperer-Straße böte sich doch als Alternativroute geradezu an, wie die Linksfraktion feststellt: “Die William-Zipperer-Straße ist zudem Zuweg zum Kindergarten der St. Laurentiusgemeinde, Zuweg zur St. Laurentiusgemeinde Leipzig-Leutzsch, Zuweg zu den Leutzsch-Arkaden für die Bewohner des angrenzenden Wohngebietes, Verbindung vom Spielplatz auf der Fläche ‘Am Wasserschloss’ zum Wohngebiet östlich der Georg-Schwarz-Straße und Zuweg zur Tierarztpraxis  in Leutzsch.”

Hier könnte man also eine Menge tun für eine sicherere Radroute durch Leutzsch.

Das östliche Ende der William-Zipperer-Straße: Die Radstreifen hören an der Erich-Köhn-Straße auf und danach verschlechtert sich auch der Straßenzustand deutlich. Foto: Ralf Julke
Das östliche Ende der William-Zipperer-Straße: Die Radstreifen hören an der Erich-Köhn-Straße auf und danach verschlechtert sich auch der Straßenzustand deutlich. Foto: Ralf Julke

Und wie sieht es auf der anderen Seite aus, auf Lindenauer Gebiet?

Genauso fragmentarisch. Die schönen Radstreifen enden alle beide unverhofft an der nicht wirklich übersichtlichen Kreuzung William-Zipperer-Straße/Erich-Köhn-Straße. Die Erich-Köhn-Straße hat genauso wenig extra Radstreifen wie das ganze restliche Stück der William-Zipperer-Straße bis zur Demmeringstraße. Übrigens ein anderweitig noch viel stärker befahrener Abschnitt, denn hier bündeln sich viele Wege zu Kindergarten, Schule (Nachbarschaftsschule) und dem nächsten Einkaufscenter am Lindenauer Markt.

Unübersehbar ist das Radsystem in Leutzsch und Lindenau höchst fragmentarisch. Und es wirkt noch fragmentarischer, wenn man sich den Zustand vieler Verbindungsstraßen von der Georg-Schwarz-Straße zur William-Zipperer-Straße anschaut. Eine echte Alternativroute für Radfahrer sieht anders aus.

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