Das war dann schon ein bisschen mit Augenzwinkern gedacht, als der Ortschaftsrat Engelsdorf vorschlug, eine neue StraรŸe am Jahnweg in Engelsdorf nach dem langjรคhrigen Sommerfelder Pfarrer Johannes Rudolph Erhard Paul vorzuschlagen. Ein Vorschlag, der seither die Leipziger Verwaltung zum Verzweifeln bringt. Schon die erste Version des Vorschlags muss im Rathaus fรผr Kopfstรคnde gesorgt haben. Entsetzen vielleicht nicht.

Denn der Blick aus dem Fenster des Neuen Rathauses genรผgt ja, um zu sehen, wie wenig sich die aktuelle Rathausspitze von katholischen Zeichen und Wundern beeindrucken lรคsst. Aber der erste Vorschlag aus Engelsdorf hรคtte nun einmal gelautet: โ€œJohannes-Paul-StraรŸeโ€, eine Variante, die schon von Anfang an eine Erklรคrungstafel notwendig gemacht hรคtte, um deutlich zu machen, dass damit nicht der beliebte Papst gemeint war, sondern der emsige Pfarrer von Sommerfeld. Von 1951 bis 1983 wirkte er in Sommerfeld und hat sich vor allem dadurch ein Andenken bewahrt, weil er ab 1951 fรผr den Wiederaufbau der 1943 durch einen Bombentreffer zerstรถrten Kirche sorgte.

Bekannt ist er zumindest in Engelsdorf auch als Vater von Anne-Kristin Mai, langjรคhrige Leiterin des Kinderchors der Oper Leipzig und emsige Werberin fรผr den Stรถtteritzer Amtmann, Dichter und Kinderfreund Felix Christian WeiรŸe und Grรผnderin der โ€œWeiรŸeschen Truppeโ€.

Aber das mit dem Papst wollten die Leipziger Amtswalter dann doch nicht so direkt sagen und wiesen den Antrag aus Engelsdorf nur mit der Begrรผndung ab: โ€œDie Benennung der StraรŸe in โ€˜Johannes-Paul-StraรŸeโ€™ wurde von der Stadt Leipzig entsprechend einem Stadtratsbeschluss abgelehnt, dass keine Vornamen mehr verwendet werden sollen.โ€

Da hockten sich dann die Mitglieder des Ortschaftsrates am 13. April also wieder zusammen, wiegten die Kopfe, blinzelten sich wahrscheinlich zu und grinsten vielleicht auch ein bisschen. War das vielleicht parteipolitisch gedacht? Eigentlich nicht. Von den neun Mitgliedern des Ortschaftsrates gehรถren zwar vier zur CDU, aber es ist auch ein Linker dabei, einer von der SPD und drei sind รผber die Liste der Bรผrgerintiative โ€œPro Engelsdorfโ€ in den Ortschaftsrat gekommen.

Aber, so stehtโ€™s im Protokoll: โ€œNach kurzer Beratung wird daher einstimmig beschlossen, den Namen โ€˜Pfarrer-Paul-StraรŸeโ€™ vorzuschlagen.โ€

Die Verwaltung prรผfte โ€“ und schรผttelte wieder den Kopf. Geht nicht, stellt sie deshalb in ihrer Vorlage zu den StraรŸenumbenennungen fest. โ€œDie Verwaltung schlรคgt die Benennung ohne Berufsbezeichnung vor, da Berufsbezeichnungen im StraรŸennamen nicht รผblich und auch alle von der Stadt Leipzig nach Pfarrern benannten StraรŸen ohne Berufsbezeichnung beschlossen worden sind.โ€

Kurzer Prozess also: Das wird eine PaulstraรŸe.

Das klingt dann eher wie eine StraรŸe fรผr alle Pauls. Fand auch die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat. Und ging in Protest. Sie fordert, wie vom Ortschaftsrat beschlossen, eine โ€žPfarrer-Paul-StraรŸeโ€œ.

Dass Titel einfach weggelassen werden, findet sie รผberhaupt nicht stichhaltig als Begrรผndung: โ€œOb in einem StraรŸennamen neben dem Familiennamen auch der Vorname oder ein anderer Namenszusatz zur Verwendung kommen soll, ist ein regelmรครŸiges Diskussionsthema bei StraรŸenbenennungen. Die Verwaltung orientiert zumeist im Interesse kurzer Namen auf die Verwendung nur des Familiennamens. Andererseits ist es manchmal wรผnschenswert, dass bei hรคufig vorkommenden Familiennamen der Namensgeber durch Mitverwendung des Vornamens oder auch einer Berufsbezeichnung besser und eindeutiger identifizierbar ist. Dies trifft auch fรผr den hier vorliegenden Fall zu.โ€

Vielleicht als Kompromissvorschlag aus Plagwitz? Foto: Marko Hofmann
Vielleicht als Kompromissvorschlag aus Plagwitz? Foto: Marko Hofmann

PaulstraรŸe klingt tatsรคchlich schรถn kurz und griffig. Aber wer die Geschichte dahinter nicht kennt, kommt nie auf die Idee, das mit Pfarrer Johannes Paul in Verbindung zu bringen. So gesehen: Warum also nicht die Berufsbeschreibung mit dazunehmen, fragt die CDU-Frakrion: โ€œVom Ortschaftsrat wurde Pfarrer Johannes Paul vor allem wegen seiner langjรคhrigen Verdienste als Seelsorger vorgeschlagen. Er war in den Gemeinden รถstlich von Leipzig, auch รผber Sommerfeld hinaus, in dieser Funktion bekannt und respektiert. Diese Verbindung von Person und Funktion in der รถffentlichen Wahrnehmung, aber genauso auch im persรถnlichen Engagement, macht die Verwendung der Berufsbezeichnung sinnvoll und fรผhrt zu einer klaren Identifizierbarkeit des Namensgebers. โ€“ Die Verwaltung verweist darauf, dass nach Pfarrern benannte StraรŸen in Leipzig ohne diese Berufsbezeichnung beschlossen wurden. Dies stimmt nur in eingeschrรคnktem MaรŸe.โ€

โ€œIn der Tat gibt es keine StraรŸe mit der Berufsbezeichnung Pfarrerโ€, stellt die CDU-Fraktion dann fest. Aber: โ€œDafรผr gibt es aber 2 StraรŸen mit der Bezeichnung Pater โ€ฆโ€

Und zรคhlt auf: Pater-Aurelius-Platz (Wahren), Pater-Gordian-StraรŸe (Wahren).

โ€œUnd sogar 3 StraรŸen mit der kirchlichen Berufsbezeichnung Kantor!โ€: Kantor-Andrรค-StraรŸe (Bรถhlitz-Ehrenberg), Kantor-Hase-StraรŸe (Lindenthal), Kantor-Schmidt-Weg (Mรถlkau).

โ€œDie Mehrheit dieser StraรŸen wurde im Zuge der Aufhebung von Mehrfachnamen im Jahr 2000 benanntโ€, resรผmiert die Fraktion und stellt dann zum Abschluss fest: โ€œWarum in Leipzig zwar die Berufsbezeichnung Kantor als Namensteil zulรคssig sein soll, nicht aber die Berufsbezeichnung Pfarrer, erschlieรŸt sich uns nicht.โ€

Die Vorlage der Verwaltung zu den geplanten StraรŸenbenennungen.

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Ralf Julke รผber einen freien Fรถrderbetrag senden.
oder

Es gibt 2 Kommentare

Und wenn es fรผr den einzig guten Paul Frรถhlich (der, der erst vor wenigen Jahren gestorben ist :,-/ ) wรคre, fรคnde ich das eine schรถne Idee. Die Stadtverwaltung kรถnnte einen solchen StraรŸennamen auch gar nicht ablehnen, da dieser Paul F. im wahren Leben bei der Stadt angestellt war.

(Ach schade um Paulโ€ฆ)

Und ich dachte schon, die wollen Paul (Frรถhlich) eine StraรŸe widmenโ€ฆ ๐Ÿ˜‰

Schreiben Sie einen Kommentar