LeserclubEs hilft nichts: Wer wissen will, was in Leipzig - auch zum geplanten Fernbusbahnhof - vor sich geht, muss nachfragen. Und wenn schon nicht mehr als Stadtrat, dann eben als Bürger - so wie Jens Herrmann-Kambach, der die Leipziger Stadtverwaltung bis zum Herbst als Stadtrat der Linken mit Fragen löcherte. Im Mai hat er nachgefragt und Leipzigs Planungsbürgermeisterin Dorothee Dubrau hat ihm am 8. Juli, in der letzten Stadtratssitzung vor den Ferien, geantwortet. Zum Anhören im Audio-Mitschnitt.
Jens Herrmann-Kambach hatte sich dabei auch auf eine Stellungnahme der Stadt aus dem Dezember berufen, die ihm einfach nicht genügte. Denn das, was dann im Juni auch endlich auf Umwegen in die Medien sickerte, war der Stadtverwaltung damals schon längst bekannt. Aber es ist das alte Spiel: sowie ein privater Investor ins Spiel kommt, gehen die Jalousien herunter und Projekte verschwinden für die Bürger im nicht mehr wahrnehmbaren Raum, werden nur noch in nicht öffentlichen Ausschusssitzungen behandelt.
Das war auch hier der Fall. Denn das Grunddilemma der Stadt Leipzig war ja: Sie hatte sich, als die Möglichkeit bestand, keine Flächen am Hauptbahnhof gesichert. Und die fehlen nicht nur für eine Fernbusstation. Und Herrmann-Kambach stellte auch nicht ohne Grund die Frage, ob Leipzig nun Fördergeld für einen neuen Fernbusbahnhof bekommt: Bekommt es wohl nicht. Es ist einer der vielen Fälle, in denen der Bundestag ein Gesetz zur Bevorteilung einer Verkehrsart beschlossen hat, den Kommunen aber nicht die nötigen Gelder zur Schaffung einer Infrastruktur zur Verfügung stellt. Zu Recht verwies Dorothee Dubrau am 8. Juli auch darauf, dass die nötigen Millionen zum Bau eines Busbahnhofes im Leipziger Haushalt schlicht nicht darstellbar sind.
Sie habe den Auftrag des Stadtrates, im Umfeld des Hauptbahnhofes die Möglichkeiten zur Anlage eines Fernbusbahnhofes auszuloten, trotzdem ernst genommen. Dazu musste sie mit den Grundstücksbesitzern am Hauptbahnhof verhandeln. Und beim Besitzer der Grundstücke östlich des Hauptbahnhofs war das Baudezernat schon im Dezember 2014 so weit, dass man gemeinsam einen Weg gefunden hatte, das Projekt doch noch umzusetzen.
Ursprünglich war dort ein riesiges Kongresshotel geplant. Aber davon, so Dubrau, habe man den Investor glücklicherweise abbringen können. Der habe sich bereit erklärt, an dieser Stelle nur ein einfaches Hotel zu bauen und den Fernbusbahnhof in die Erdgeschossebene zu integrieren. Auch für den jetzt dort existierenden Pkw-Parkplatz gibt es Ersatz: 250 Parkplätze sollen in der ersten Geschossebene entstehen. 15 Bussteige zum Ein- und Aussteigen für Fern- und Reisebusse sollen entstehen, dazu auch die nötige Servicestruktur mit Reisebedarf und einem Schalter, wo man Fahrkarten erwerben kann.
Da Reisebusse aber in der Regel nicht gleich wieder weg fahren, soll in einiger Entfernung ein eigener Busstellplatz entstehen.
Mittlerweile sei man so weit, dass der Architektenwettbewerb gestartet sei. Da ihn aber der Investor initiiert hat, könne die Stadt dazu nichts sagen und würde es auch keine Bürgerbeteiligung geben wie bei Wettbewerben der Stadt. Das sei rein rechtlich nicht möglich, betonte Dubrau. Aber von Stadtseite sei man dazu mit dem Investor im Gespräch. Über die Gestaltung des Busterminals gäbe es sowieso keine Debatte – solche Terminals müssen gesetzlichen Vorschriften genügen. Da gäbe es nicht wirklich große Gestaltungsspielräume.
Müssen sich die Leipziger also überraschen lassen.
Weniger Überraschungen gibt es an der Goethestraße, dort, wo heute die Fernbusse halten. Da der Bau des neuen Hotels mit integriertem Busterminal erst 2016 beginnen und voraussichtlich 2018 fertig sein wird, muss die Goethestraße bis dahin als provisorischer Bushaltepunkt weiter dienen. Dabei sei auch eine vorübergehende Ausstattung mit den nötigen Infrastrukturen geprüft worden, antwortete Dubrau am 8. Juli auf Nachfrage von Herrmann-Kambach, aber die Prüfung habe ergeben, dass so etwas weder förder- noch genehmigungsfähig gewesen wäre.
Aber was wird da eigentlich gebaut, hatte Jens Herrmann-Kambach gefragt. Immerhin hatte die Verwaltung in ihrer Stellungnahme im Dezember so etwas angedeutet. Von August bis Oktober werde die Parkanlage am Schwanenteich in diesem Abschnitt saniert, so Dubrau. Dabei würden dann auch Bänke an der Goethestraße aufgestellt, die natürlich auch von den Busreisenden genutzt werden könnten.
Ansonsten sei sie ganz froh, mit dem privaten Investor auf der Ostseite des Hauptbahnhofs eine Lösung gefunden zu haben. Denn auch das mit den Fördermitteln sehe ganz und gar nicht so prima aus, wie es in der politischen Kulisse gern verlautbart wird: für das Busterminal selbst würden wahrscheinlich gar keine Fördergelder fließen, auch wenn man dazu noch in Gesprächen mit dem Land sei. Und wenn, dann würden sie nur einen “klitzklitzekleinen Teil der Kosten” abdecken. Vielleicht könne man für den neuen Busstellplatz Fördermittel bekommen. Da seien die Chancen deutlich größer.
Linke-Antrag für einen Workshop zum Fernbusbahnhof vom Oktober 2014.
Verwaltungsstandpunkt vom Dezember 2014.
Das Audio zur Beantwortung der Fragen im Stadtrat am 8. Juli:
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