In der vergangenen Woche hatten die Leipziger Grünen zum Ideen-Spaziergang am Wilhelm-Leuschner-Platz und der Brache des Markthallenviertels eingeladen. Jetzt haben sie ihre Vorstellungen selbst gebündelt. Und im Ergebnis fordern sie eine Abkehr von der Baupolitik der letzten 25 Jahre: weg vom quartierumfassenden Einkaufscenter, mehr soziales Wohnen in der Innenstadt.

„Wir wünschen uns im Areal zwischen City und Südvorstadt ein öffentliches und lebendiges Quartier mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten für alle Bürger. Unser Fokus liegt dabei auf der Markthalle als Herzstück des Quartiers sowie einer ausreichenden Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum“, erklärt Lorenz Bücklein, Vorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen Leipzig, zu den Leitlinien, die die Grünen jetzt formuliert haben in der Hoffnung, die Diskussion um das brach liegende Quartier zwischen Grünewaldstraße und Markthallenstraße endlich voranzubringen. „Mit dem Beschluss wollen wir eine öffentliche Diskussion darüber anregen, wie dieses wichtige innerstädtische Stadtentwicklungsprojekt gestaltet werden soll.“

Mit dem Beschluss „Grüne Perspektiven für Leuschnerplatz und Markthallenviertel“ verabschiedete die Mitgliederversammlung der Grünen am Montag, 29. Juni, ihre Leitlinien für die künftige Entwicklung einer der letzten innerstädtischen Brachflächen.

Um eine vielfältige Nutzung zu ermöglichen, spricht sich der Beschluss für eine kleinteilige Parzellierung der zu vergebenden Bauflächen und eine konzeptgebundene Vergabe der Liegenschaften durch die Stadt aus. Also weg von den riesigen Konsumtempeln, die mittlerweile die Innenstadt dominieren und im Grunde nur noch für große Ketten bezahlbar sind. Rund um die Markthallenstraße gibt es die Chance, zumindest wieder kleinteiliger und etwas preiswerter zu planen. Hier sind die Quadratmeterpreise noch nicht so extrem hoch.

„Die Entwicklung des Markthallenviertels bietet die Chance, aus einigen Fehlern der letzten 25 Jahre zu lernen. Wir wollen, dass bei der Flächenveräußerung nicht einfach das finanziell höchste Angebot den Zuschlag erhält, sondern die besten und tragfähigsten Ideen gewinnen“, meint Tobias Peter, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Stadtentwicklung und Mobilität des Grünen-Kreisverbands. Unterschiedliche Bauträger sollen hier – einschließlich Baugruppen sowie Selbstnutzerinnen und Selbstnutzer – zum Zuge kommen. Bunte Vielfalt auf engem Raum in einem kompakten Quartier – das könnte auch Brüderstraße und Windmühlenstraße in diesem Bereich wieder aufwerten. Etwas, was beim Bau großer Einkaufs- oder Bürokomplexe ganz bestimmt nicht zu erwarten ist.

Und wohnen sollen hier auch wieder Menschen – und zwar nicht nur gutbetuchte, wünschen sich die Grünen.

Im gesamten Quartier wollen die Grünen einen Wohnanteil von mindestens 30 Prozent statt der bisher von der Stadt in ihren Bauvorschriften für die Innenstadt vorgesehenen 20 Prozent erreichen. In den nördlichen und südlichen Blöcken des Markthallenviertels sollen nach dem Beschluss der Grünen auch alle Instrumente für ein sozial gemischtes Wohnen ausgeschöpft werden.

„Mit dem Markthallenviertel haben wir nicht nur die Chance, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Durch Berücksichtigung unterschiedlicher Wohnmodelle könnten wir zudem eine neue urbane Qualität durch vielfältige soziale Mischung ermöglichen“, malt Tobias Peter die Aussichten dieses Quartiers aus. Deshalb sollen neben der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft (LWB) und Wohnungsgenossenschaften auch Baugruppen sowie Selbstnutzerinnen und Selbstnutzer eingebunden werden.

Um die Urbanität der künftigen Bebauung zu sichern, fordern die Grünen nun im Rahmen der Bebauungsplanung eine differenzierte Binnengliederung, die den Bau von kleineren Platzlösungen und Passagen ermöglichen soll. Die architektonische Qualität soll durch Wettbewerbe gesichert werden.

Der Wilhelm-Leuschner-Platz selbst – das Areal westlich der Markthallenstraße – soll, wie bereits durch die Fraktion der Grünen im Stadtrat angestoßen, als “Markt der Möglichkeiten” im Rahmen einer aktiven Zwischennutzung erschlossen werden.

„Wir freuen uns darauf, die sich bietenden Freiräume in den kommenden Jahren erleben zu können. Als Partei der Bürgerbeteiligung setzen wir uns für eine ergebnisoffene Diskussion über die künftige Größe, Fassung und Gestaltung dieses wichtigen Platzes ein“, sagt Bücklein noch. Das kann spannend werden. Denn das wäre tatsächlich eine Abkehr von dem in den letzten Jahren gepflegten Modell großflächiger Verkäufe und Planungen in der Innenstadt.

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