Ab 2017 soll die Georg-Schwarz-Straße in ihrem nördlichen Teil endlich umgebaut und modernisiert werden. Sie soll Radfahrstreifen bekommen, neue barrierefreie Haltestellen, Parkplätze. Eigentlich all das, worum auch die Akteure vor Ort jahrelang gerungen haben. Aber auch hier scheint sich jetzt der Konflikt Auto versus Radfahrer und ÖPNV zuzuspitzen. Die CDU macht mobil. Am 4. Juni hatte sich schon die CDU Altwest so zu Wort gemeldet.
Jetzt hat auch die CDU-Fraktion im Stadtrat einen entsprechenden Antrag eingereicht, der kurz und trocken lautet: “Neufassung Beschlusspunkt 1: Die Weiterführung der Planung erfolgt gemäß Variante 4.”
Die Variante 4 hat es in sich, wurde vom Planungsdezernat auch nicht empfohlen, weil sowohl die Öffentlichkeitsbeteiligung eine klare Absage ergeben hat, aber auch die Fördergeldgeber gesagt hatten: So geht es nicht. Auch der Freistaat Sachsen fördert keine städtischen Hauptstraßen mehr, in denen keine Radwege vorgesehen sind. Und genau darum geht es in dieser “Variante 4”.
Sowohl Variante 3 wie auch Variante 4 haben die Planer tatsächlich ohne separaten Radweg geplant und die 4 dann auch als Vorzugsvariante in die öffentliche Diskussion gegeben. Mit dem Ergebnis: “Durch die städtebaulichen Vorteile, den Gehweg in der durchgehenden Bestandsbreite erhalten zu können und beidseitig eine Aufwertung durch Baumstandorte im Straßenraum vorsehen zu können, wurde im Jahr 2014 die Variante 4 als Vorzugsvariante für die weitere Planung vorgeschlagen und der Öffentlichkeit sowie dem Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau (am 04.03.2014) mit den unterschiedlichen Varianten der Vorplanung vorgestellt. Die zu diesem Planungsstand benannte und zur Kenntnis genommene Vorzugsvariante 4 mit symmetrischem Querschnitt, jedoch ohne separate Radverkehrsanlagen, konnte mit der Weiterführung der Planung (weitere Öffentlichkeitsbeteiligung, Abstimmung mit Fördermittelgebern) jedoch nicht bestätigt werden.”
Eigentlich eine klare Lage: Weder die Betroffenen wollen die neue Straße ohne Radwege, noch ist der Fördergeldgeber bereit, einen Straßenumbau ohne Radwege zu finanzieren.
Aber das sieht die Leipziger CDU irgendwie nicht ein. Sie begründet ihren Antrag, die 4 trotzdem zu planen, so: “Die in der Vorlagenbegründung beschriebene Variante 4, die Fahrspuren für Mischverkehr in komfortabler Breite ermöglicht, war die ursprüngliche Vorzugsvariante. Einziger Grund, davon abzugehen, waren lt. Vorlagenbegründung Bedenken der Fördermittelgeber.”
Was so nicht stimmt – siehe oben. Auch in der Öffentlichkeitsbeteiligung wurde diese Variante abgelehnt.
Aber in der CDU-Fraktion ist man sich sicher: “Eine schriftliche Ablehnung dieser Variante durch die Fördermittelgeber konnte auf Nachfrage unsererseits jedoch nicht vorgelegt werden. Von daher sehen wir noch Verhandlungsspielraum. Eine so weitreichende Planungsentscheidung, die für einen großen Teil der Georg-Schwarz-Straße die Straßenraumaufteilung auf Jahrzehnte festlegt, kann nicht allein von der Meinung der Fördermittelgeber abhängig gemacht werden. In erster Linie muss es um Zweckmäßigkeit, Sachdienlichkeit und bestmögliche Abwicklung des Verkehrs gehen.”
Womit die CDU-Fraktion eindeutig den Autoverkehr meint. Denn für den Radverkehr wäre diese Festlegung “auf Jahrzehnte” eine Negativentscheidung. Was man den Radfahrern zumuten wollte, beschreibt die Vorlage der Stadt so: “Variante 3 und 4 berücksichtigen den Radverkehr nicht auf einer separaten, durchgehenden Radverkehrsanlage. Für den Radverkehr besteht die Möglichkeit, im Fahrbahnbereich zwischen der Philipp-Reis-Straße und der William-Zipperer-Straße jeweils neben der äußeren Schiene und dem Gehwegbord oder der Parkfläche zu fahren und auch die behindertengerechten Haltestellen durch die gewählte Lösung ohne schräge Gleisquerung zu passieren.”
Ein Unding, kommentiert Volker Holzendorf, für die Grünen Mitglied im Stadtbezirksbeirat Altwest: “In diesem Zusammenhang sind wir fassungslos, wenn die CDU im Stadtbezirk Altwest diese für die Stadt besonders kostengünstige Variante nicht gebaut haben will. Ist kostensparendes Haushalten für die CDU Leipzig nicht mehr wichtig?“
Seine grüne Kollegin aus dem Stadtbezirksbeirat, Kerstin Dittrich, ergänzt: „Wir Grüne wissen, wie man mit Geld umgeht. Ausgaben, die nicht gegenfinanziert werden können, belasten unsere Zukunft und damit die Spielräume für die Stadt Leipzig.“
Beide begrüßen, dass die Stadt sich zu einer Bauvariante mit Radsfahrstreifen durchgerungen hat. Kerstin Dittrich: “Der nördliche Teil der Georg-Schwarz Straße wird nach dem Umbau 2017 endlich mit einem sicheren Fahrradstreifen in beide Richtungen versehen“, freut sich Stadtbezirksbeirätin Kerstin Dittrich von Bündnis 90/Die Grünen Altwest.
Aber die Grünen wissen auch, dass es in Leipzigs Verkehrspolitik mittlerweile immer öfter zu Konflikten kommt, denn wenn die Mehrheit der Stadtgesellschaft sich mehr und sichere Radwege wünscht, heißt das für die Autofahrer in der Regel Verzicht und mehr Rücksicht. Selbst Straßen – wie die äußere Georg-Schwarz-Straße – wo bislang nichts das Tempo des Kfz-Verkehrs bremste, kommen zunehmend in den Bereich der Stadtentwicklung. Die Wohnquartiere füllen sich. Immer mehr Menschen äußern den Wunsch nach sicheren Fußwegen und Querungsmöglichkeiten, Radwegen und barrierefreien Haltestellen.
„Durch die Umbaumaßnahme werden neben den Radfahrstreifen und Fahrbahnen für Straßenbahn und Autoverkehr auch breitere Gehwege geschaffen“, meint Volker Holzendorf und lobt die Stadt für ihre Suche nach möglichst förderfähigen Umbaumaßnahmen, wie es hier mit der gewählten Variante geschehen ist. Mit dem STEP Verkehr und öffentlicher Raum habe die Stadt seit Februar 2015 ein Konzept in der Hand, mit dem Verkehr in einer wachsenden Stadt für alle möglich bleibe. Dazu gehöre neben der Möglichkeit, sicher Rad zu fahren, auch die zügige Fahrt mit der Straßenbahn.
„Dies ist nur sichergestellt, wenn der langsamere Radverkehr nicht im Gleisbereich der Straßenbahn fahren muss“, betont Kerstin Dittrich den Sachverhalt.
„In diesem Zusammenhang Parkmöglichkeiten für Autos auf der Georg-Schwarz-Straße zu fordern, wie es die CDU Altwest tut, anstatt für die Trennung von Pkw- und Fahrradverkehr zu sorgen, zeigt nur, dass die CDU in der Verkehrspolitik für Stillstand steht“, sagt Volker Holzendorf. Und fordert aktuelle Verkehrszählungen für die Straße. Die letzten hatten 11.100 Kfz am Tag gezählt, für 2025 werden 12.700 Fahrzeuge prognostiziert.
Aber zum Problem wächst sich auch der geparkte Verkehr aus. Holzendorf schlägt den Bau einer Quartiersgarage vor, um das Problem in den Griff zu bekommen.
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