Seit April wird in Connewitz heftig über den kleinen Park an der Leopoldstraße diskutiert, der zwar seit Jahren für öffentliche Nutzungen frei gegeben ist, seit vergangenem Jahr aber zum Verkauf steht. Denn die Fläche ist Privatbesitz. Und Linke-Stadträtin Juliane Nagel hat jetzt von Leipzigs Stadtverwaltung auch ausführlich Auskunft erhalten, warum die Stadt hier nicht eingreifen kann - wenn sie die Fläche nicht selbst kauft.
Das Dezernat Stadtentwicklung und Bau hat jetzt ausführlich auf die Fragen geantwortet, die Juliane Nagel im April gestellt hatte. Mit dem Antwortpaket ist auch einigermaßen beschrieben, was die Connewitzer – insbesondere die im März 2015 gegründete Initiative Connewitzer Leopoldstraßenpark – selbst tun könnten, um den Park zu bewahren: selber kaufen.
Die Fragen von Juliane Nagel und die Antworten des Baudezernats einfach mal in der Übersicht:
Welche Möglichkeiten sieht die Stadt Leipzig, die Nutzung der Fläche oder Teile der Fläche als öffentlichen Park weiter zu gewährleisten?
Die Fläche befindet sich in Privatbesitz und wird derzeit auf dem Grundstücksmarkt zum Kauf angeboten. Die dauerhafte Nutzung als Grünfläche würde einen Ankauf durch die Stadt Leipzig voraussetzen. Da das ursprünglich gewerblich genutzte Gelände nach den vom Stadtrat beschlossenen Plandokumenten (Flächennutzungsplan von 1995 und 2015 sowie Sanierungszielplan von 1999) jedoch als Vorbehaltsfläche für den Wohnungsbau ausgewiesen ist und die Grünanlage nur als Interimsnutzung bis zu einer Wiederbebauung angelegt wurde, hat das Amt für Stadtgrün und Gewässer in seiner mittelfristigen Finanzplanung für einen Ankauf keine Mittel vorgesehen. Diese müsste der Stadtrat durch Umschichtungen im Haushaltsplan zusätzlich bereit stellen.
Da sich in geringer Entfernung zum Areal Leopoldstraße bereits drei quartiersbezogene und in städtischem Eigentum stehende öffentliche Grünflächen befinden, die nach 1991 mit öffentlichen Sanierungsmitteln angelegt wurden (Parkanlage Kronengarten, Grünfläche Herderplatz, Grünfläche mit Streetballanlage Biedermannstraße), sieht die Verwaltung allerdings die Versorgung der Bevölkerung mit wohnungsnahen Erholungsflächen auch im Vergleich zu anderen Stadtteilen angemessen sichergestellt.
Welche Formen der Beteiligung der Connewitzer BürgerInnenschaft sind aus Sicht der Stadt bezüglich der künftigen Nutzung der Fläche denkbar und welche Rolle könnte die Stadt hierbei einnehmen?
Das Grundstück befindet sich im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB und dort in einem allgemeinen Wohngebiet entsprechend § 4 BauNVO. Ein Bebauungsplan existiert nicht. Es kann durch den Eigentümer in dem Maße bebaut werden, wie sich sein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt – also durch eine Blockrandbebauung und gegebenenfalls auch durch eine Bebauung von Teilen des Blockinnern. Der Eigentümer hat nach § 72 Abs. 1 SächsBO einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Die Beteiligung der Bürger ist dabei gesetzlich nicht vorgesehen. Sollte eine solche dennoch durchgeführt werden, so hätte sie keinen Einfluss auf die Erteilung der Baugenehmigung.
Eine wirksame Bürgerbeteiligung ist nur im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens möglich. Dies würde den Beschluss des Stadtrats voraussetzen, einen Bebauungsplan aufzustellen. Bei einer beabsichtigten Wohnbebauung ist die Aufstellung eines Bebauungsplanes nicht erforderlich. Sofern der Bauantrag planungsrechtlich zulässig ist und den Planungszielen entspricht, besteht auch bei Aufstellung eines Bebauungsplanes ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung.
Welchen Bedarf an zusätzlichen Wohnungen sieht die Stadtverwaltung im Ortsteil Connewitz?
In Anbetracht der durch die dynamische Einwohnerentwicklung der vergangenen vier Jahre (2010 – 2014: + 43.000 EW) stark steigenden Nachfrage nach Wohnraum in Leipzig bedarf es auch der Erweiterung des Wohnungsbestands. Dieser Erweiterungsbedarf lässt sich zahlenmäßig allerdings nicht auf einzelne Ortsteile herunterrechnen. Die in diesem Zeitraum im Vergleich zu anderen Ortsteilen geringere Zunahme an Einwohnern kann so interpretiert werden, dass in Connewitz nur noch ein geringes Potenzial an leer stehenden Wohnungen besteht, woraus sich ein grundsätzlicher Bedarf an Wohnungsneubau ableiten lässt.
Das derzeit in Erarbeitung befindliche wohnungspolitische Konzept sieht vor, dass die Wiedernutzung ehemals bebauter Flächen Priorität vor der Neuinanspruchnahme unbebauter Flächen am Stadtrand hat. Geschosswohnungsbau soll im Interesse einer verkehrsvermeidenden Stadtentwicklung und der wirtschaftlichen Betreibung des öffentlichen Verkehrsnetzes vorrangig auf Flächen konzentriert werden, die sich im fußläufigen Einzugsbereich des öffentlichen Nahverkehrs befinden. Beide Kriterien werden durch die Fläche Leopoldstraße/Wolfgang-Heinze-Straße erfüllt. Vor diesem Hintergrund sollte am bestehenden Planungsziel, hier Wohnungsbau zuzulassen, festgehalten werden.
Welche Möglichkeiten sieht die Stadt Leipzig im Falle einer Bebauung der Fläche, sich gegenüber dem Eigentümer für ein modellhaftes Projekt sozialer Wohnraumversorgung oder eine Nutzung als soziale Infrastruktur zu engagieren? Welche Instrumente stünden dafür zur Verfügung?
Instrumentarien des Sanierungsrechts können nicht angewendet werden, da das Sanierungsgebiet „Connewitz/Biedermannstraße“ in einem Teilbereich, in dem auch das Grundstück liegt, im Jahr 2014 aufgehoben wurde.
Die genannten Ziele ließen sich teilweise über einen Bebauungsplan durchsetzen:
Nach § 9 Abs. 1 Ziff. 5 BauGB lassen sich Flächen für den Gemeinbedarf (z.B. für die Errichtung einer Kindertagesstätte) festsetzen.
Nach § 9 Abs. 1 Ziff. 7 BauGB können bei Erforderlichkeit Flächen festgesetzt werden, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten und nach § 9 Abs. 1 Ziff. 8 BauGB einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind.
Derartige Festsetzungen sind jedoch derzeit nicht möglich, da eine entsprechende Wohnungsbauförderung in Sachsen nicht existiert und eine personenbezogene Mangelsituation in Leipzig nicht nachgewiesen werden kann.
Sofern durch diese Festsetzungen eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt, hat die Stadt den Eigentümer nach den Bestimmungen von § 42 BauGB zu entschädigen bzw. muss das Grundstück erwerben.
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