Kann Leipzigs Verwaltung nicht kommunizieren? Augenscheinlich ist das so. Auf erstaunliche Weise ähnelt ein Vorgang in Schleußig dem Kommunikationsdesaster rund um den Floßgraben. Um Tiere geht es auch hier - aber diesmal nicht um den Eisvogel. Eher um Nutrias, Waschbären, Füchse und Enten. Und - wie am Floßgraben - um die Unvernunft von Menschen. Angefangen hat es eigentlich schon vor Jahren.

Immer wieder wandten sich Bürger aus Schleußig an den Stadtbezirksbeirat Südwest, weil diverse wilde Tiere die Mülltonnen plünderten oder in den Kleingartenanlagen wilderten und sich zeitweise auch drastisch vermehrten.

Ende 2014 machte der Stadtbezirksbeirat dann einen Antrag an den Stadtrat draus: “Wildtiere auf städtischem Gebiet – Zunahme der Populationen u. a. von Nutrias, Waschbären und Wildschweinen”.

Darin forderte man auch auf den ersten Blick recht logische Dinge wie:

  • Kommunikation des Fütterungsverbotes
  • Sanktionen bei Falschverhalten durch die Bevölkerung
  • Tiersichere Verschlüsse von Müllcontainern, insbesondere im Clara-Park
  • Einsatz von pädagogischen Konzepten, z. B. in Schulen
  • Öffentlichkeits- und Pressearbeit
  • Dezimierung der Bestände und mögliche Maßnahmen zur Umsetzung je Wildtierart

Rechtswidrig war das alles nicht. Aber das zuständige Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport verwandte dann doch in seiner Stellungnahme lieber drei Seiten Text darauf, um zu erklären, warum ein Stadtratsbeschluss nachteilig für die Stadt und deshalb abzulehnen wäre. Ein Großteil der Argumentationen wurde dazu aufgewandt zu erklären, dass man die wilden Tiere in der Stadt nicht jagen und auch nicht woanders hin verfrachten könne. Man nahm sich auch die Zeit zu berichten, dass ja außerdem – außer bei Freund Waschbär – nicht wirklich nachgewiesen wäre, dass die Wildlinge zum Beispiel Vogelnester plündern.

Ein seltsamer Textausflug, wenn man bedenkt, dass der Stadtbezirksbeirat in seinem Antrag eigentlich einen Weg gesucht hat, mit den Mitteln der Stadt die Plage einfach nur einzudämmen. Aber statt auf die konkret benannten unverschlossenen Abfallkörbe im Clara-Zetkin-Park einzugehen, die besonders gern von Krähen durchwühlt werden, reagiert das Ordnungsdezernat mit einer Ausführung zur Schwierigkeit, Müllbehälter an sich zu verschließen.

Ein besonders seltsamer Ausflug, weil die offenen Papierkörbe auch in der Konzeption zum Clara-Zetkin-Park diskutiert wurden.

Und auch auf den Vorwurf, die Stadt würde nicht ausreichend kommunizieren, dass das Füttern von Wildtieren verboten ist, ging man nicht wirklich ein und verwies auf entsprechende Flyer auf der Website, die man sich herunterladen könnte.

Doch wer zum Limburger Steg geht und dort erwartet, die Stadt hätte wengistens mal ein Schild hingestellt, das auf das Fütterungsverbot verweist, findet nichts.

Dass der Stadtbezirksbeirat bei soviel amtlicher Ignoranz nur den Kopf schüttelt, ist verständlich. Tatsächlich geht die lange Stellungnahme des Ordnungsdezernates auf den Kern des Antrags eigentlich nicht ein. Der lautete: “Durch das Überhandnehmen der Populationen werden die Tiere zur Plage, Klagen der Anwohner und Anwohnerinnen sowie aus der Land- und Forstwirtschaft über Ernteausfälle und Beschädigungen häufen sich. Exzessive Fütterungen durch die Bevölkerung verhindern die natürliche Reduzierung der Populationen im Winter.”

Da dann einfach eine Ablehnung vorzuschlagen, das grenzt schon an Ignoranz.

Der Stadtbezirksbeirat will das so auch nicht stehen lassen und hat einen neuen Antrag formuliert, der konkret benennt, was die Stadt tun kann. Und damit das Ordnungsdezernat nicht wieder mit langen Argumentationsschriften antwortet, dass ein Handeln der Verwaltung nachteilig für die Stadt sein könnte, hat der Stadtbezirksbeirat Südwest die Sache ganz kurz gefasst und fordert zu beschließen:

1. Der Stadtrat Leipzig bestätigt die Notwendigkeit, dass seitens der Verwaltung präventiv mittels konzentrierter Informationskampagne zum Fütterungsverbot von Wildtieren und auch durch Kontrollen und Sanktionen von Fehlverhalten in Leipzig vorgegangen werden soll.

2. Die Stadt Leipzig nutzt die Erfahrung anderer Großstädte bei der erfolgreichen Information der Bevölkerung über die Folgen von Wildtierfütterungen und geeigneten Gegenmaßnahmen.

Und es sollte eigentlich auch nicht so schwer sein, gerade an den innerstädtischen Brücken Schilder aufzustellen, die auf das Fütterungsverbot hinweisen und vielleicht auch noch erklären, warum das so ist.  Dann lernen auch die älteren Leutchen und die Mütter mit ihren Kindern etwas, die es immer wieder aufregend finden, den putzigen Tierchen was zu Fressen mitzubringen.

Der erste Antrag des Stadtbezirksbeirats Südwest.

Die lange Erklärung des Ordnungsdezernats, warum man nichts tun kann.

Der neue Antrag des Stadtbezirksbeirats Südwest.

Als Beispiel vom Stadtbezirksbeirat mitgeschickt: Infoblatt zum Fütterungsverbot in Berlin.

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