Da ist so einiges schief gelaufen im Sanierungsprojekt Georg-Schumann-Straรe. Und es sind nicht die Parkstreifen auf der Straรe, sondern das drumherum, von dem ein paar kรผhne Trรคumer glaubten, man mรผsse hier nur die รผbliche gesichtslose Stadtgestaltung praktizieren wie anderswo auch, dann kรคme schon Leben in die Bude. Doch gerade der in Stein gebaute "Huygensplatz" entpuppt sich als vรถllige Fehlplanung. Jetzt wird auch der Wochenmarkt eingestellt.
Der Wochenmarkt Huygensplatz findet am Donnerstag, 5. Mรคrz, von 9 bis 16 Uhr vorerst zum letzten Mal statt, teilt das Marktamt der Stadt Leipzig dazu trocken mit. Grund dafรผr sei, dass nach der Sanierung des Platzes und einem positiven Start des darauf veranstalteten Wochenmarktes im April des letzten Jahres im letzten Halbjahr immer mehr Hรคndler dem Markt fern blieben. Die Hรคndler bemรคngelten wiederholt die zu geringe Kundenfrequenz und damit fehlende Umsรคtze. Aus diesem Grund wurden in Absprache mit der Hรคndlerschaft bereits im Verlauf des letzten Jahres zuerst die รffnungszeiten verkรผrzt, so das Marktamt. Ab Herbst mussten die Termine von ursprรผnglich zweimal wรถchentlich auf nur noch einen Tag (donnerstags) reduziert werden.
Die wenigen noch anwesenden Hรคndler werden sich jetzt auf andere Wochenmรคrkte konzentrieren, bekundet das Marktamt. Sollte durch die Hรคndlerschaft wieder Interesse an dem Standort bestehen, kรถnne dieser innerhalb kurzer Zeit reaktiviert werden.
Dafรผr ist er ja irgendwie gebaut worden, dieses Prachtstรผck aus Granitsteinchen mit seinen wenigen Bรคnken, das den Leipzigern als Beteiligungsprojekt verkauft wurde, obwohl es nichts als ein fauler Kompromiss ist, aus dem die in der Bรผrgerwerkstatt vorgestellten Ideen allesamt in der Versenkung verschwanden und sich am Ende die Bedenkentrรคger aus Verwaltung und Polizei durchsetzten. Deutlich nachzulesen in der Stellungnahme der Stadt vom September 2014: Man hat den Platz den Wรผnschen der Polizei angepasst, die hier ein gewisses Klientel nicht dauerhaft sitzen sehen wollte, das man just im benachbarten Arbeitsamt vermutete.
Wer solche Plรคtze baut, vermeidet jede Aufenthaltsqualitรคt. Selbst die Bรคnke sind so gebaut, dass niemand Lust hat, drauf zu sitzen. Und wer sich den Platz auf Barrierefreiheit hin anschaut, wird feststellen: Auch die gibt es nicht. Borde und Schwellen erschweren den Zugang. Radwege hat man gleich weggelassen. Und was 2016 mit dem geplanten Umbau der Georg-Schumann-Straรe zwischen Huygensplatz und S-Bahn-Station droht, macht die Sache nicht besser: Hier waren Sicherheitsexperten und Verkehrsplaner am Werk, die sich nicht einmal vorstellen kรถnnen, wie man im Herzen eines Stadtteils einen attraktiven Stadtplatz mit barrierefreien Wegebeziehungen baut.
Der CDU-Stadtrat Konrad Riedel, der den gebauten Murks im August 2014 kritisierte, hat Recht behalten: โNachdem der Huygensplatz fรผr fast eine Million Steuer-Euro tot saniert wurde, werden immer mehr Planungsmรคngel offensichtlich. Angefangen vom viel zu engen Radius an der Kreuzung Huygens-/Georg-Schumann-Straรe, wo Busse sich mit dem Gegenverkehr gegenseitig beim Abbiegen behindern bis zu Steinklรถtzen als Sitzgelegenheit, die wegen ihrer vรถllig unpraktischen Hรถhe keiner annimmtโ, kommentiert er diese Platzwรผste in Granit. โDer Seniorenbeirat hatte schon mehrfach vor diesen niedrigen nicht altersgerechten Sitzgelegenheiten gewarnt. Dieser in Beton und Granit gegossene Wille der Stadtplaner wird nicht angenommen. Auch der begonnene Wochenmarkt entwickelt sich zur Pleite.โ
Und dass die Kunden aus den umliegenden Wohngebieten den Wochenmarkt nicht annehmen, hat genau damit zu tun. Die Arbeitsuchenden, die im benachbarten Amt ihre Kรผmmernisse abarbeiten, wollte man abschrecken (was schon perfide genug ist), und die Bรผrger aus der Umgegend hat man erst recht abgeschreckt. Nicht mal รผber die eng gebaute Huygensstraรe gibt es einen sicheren รberweg, und der 100 Meter entfernte รผber die Georg-Schumann-Straรe ist ein provisorisches รrgernis, das noch dazu an der falschen Stelle steht โ und auch nach 2016 stehen wird. An Fuรgรคnger (zumal solche, denen das Laufen schwer fรคllt) und Radfahrer hat hier kein Platzgestalter gebracht.
Nachhaltig mag das Steinprojekt aus Sicht der Stadtreinigung sein. Keine Frage. Aber รผber das Flair eines Exerzierplatzes, der an die alte Militรคrgeschichte des Standortes erinnert, kommt der Platz nicht hinaus. Dieses Stรผck Militรคrarchitektur dann auch noch Aktionsraum zu nennen, grenzt schon an Ignoranz.
Und wer mag, kann mit der Straรenbahn auch noch zwei Stationen weiter fahren und am so genannten โMรถckernschen Marktโ bewundern, dass auch dort die Genialitรคt der Betonbaumeister, aber nicht die Aufenthaltsqualitรคt fรผr die Anwohner im Mittelpunkt stand.
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Also hier tut man den Exerzierplรคtzen unrecht!
Diese sind wenigstens in frรผherer Zeit mit Bรคumen umgrenzt gewesen. Selbst in einem Steinbruch kommt mehr Wohlgefรผhl auf als auf dieser in Stein gegossener Miรachtung der Bewohner,