Gleich drei Fraktionen hatten sich jüngst mit eigenen Anträgen zum Naturkundemuseum Leipzig zu Wort gemeldet. Die CDU hatte einen eigenen formuliert, Grüne und Linke gemeinsam einen eingebracht. Beide haben dieselbe Intension: Die Stadt soll sich endlich zum angestammten Standort in der Lortzingstraße bekennen und schon im Doppelhaushalt 2015/2016 Planungskosten für Sanierung und Modernisierung einstellen. Na ja, hat das Kulturdezernat gesagt. Gleich zwei Mal.

Nu ja heißt auf den vorgegebenen Rastern der Antragsformulare: “Alternativvorschlag”.

So richtig alternativ ist er nicht. Denn selbst der Vorschlag der CDU ging dem Leipziger Kulturdezernat augenscheinlich zu weit. Die CDU hatte die Ertüchtigung des alten Hauses beantragt und einen künftigen Erweiterungsbau von der Akquise von Fördermitteln abhängig gemacht. Damit wäre der leidige Leipziger Geldmangel zumindest berücksichtigt worden. Es würde aber trotzdem auch die im Masterplan festgestellte Platzknappheit berücksichtigen: Wirklich Luft zum Atmen und auch präsentable Ausstellungsflächen bekommt das Naturkundemuseum erst, wenn entweder ein präsentabler Anbau die Ausstellungsfläche aufnimmt, oder wenn die Bestände in einen Neubau ausgelagert werden können und im Haus selbst mehr Fläche für moderne Ausstellungen zur Verfügung steht.

Nu ja.

Grüne und Linke hatten gleich mal diesen Neubau gefordert, um dann freie Hand für die Sanierung des alten Gebäudes zu haben.

Und das Seltsame ist: Das Kulturamt leugnet gar nicht, dass das Naturkundemuseum mehr Fläche braucht. Aber es glaubt tatsächlich daran, dass man Bestände einfach – kostengünstig – auslagern kann.

Nu ja eben. Ein eher kleinmütiger Alternativvorschlag.

Zumindest akzeptiert die Verwaltung jetzt, dass über andere Standorte – wie den so lange wärmstens angepriesenen Bowlingtreff – nicht mehr debattiert wird.

“Der Masterplan Naturkundemuseum Leipzig 2012, der Standortvergleich und die Studie zum Kostenrahmen der Standorte Bowlingtreff und Lortzingstraße 3 werden zur Kenntnis genommen. Die grundsätzlichen Aussagen des Masterplans zu den Aufgaben, Zielen und Potentialen eines Naturkundemuseums Leipzig sind Grundlage für die Neuausrichtung”, heißt es in der Antwort des Kulturdezernats an die CDU-Fraktion. “Wegen der mit der Kostenstudie ermittelten hohen Investitionskosten wird der Bowlingtreff als möglicher Standort für das Naturkundemuseum Leipzig verworfen, ebenso die untersuchte Variante Ertüchtigung des jetzigen Standortes Lortzingstraße 3 mit Neubau.”

Natürlich erhöht sich der Finanzierungsaufwand für das Naturkundemuseum, wenn man auch den Neubau mit plant. Aber wie teuer wird der künftige Betrieb des Naturkundemuseums eigentlich, wenn ein Teil der Bestände ausgelagert wird? Und wohin denn?

Dass schon 2015 und 2016 Planungsvorlauf geschaffen werden muss, das gesteht das Kulturdezernat zu: “Der jetzige Standort Lortzingstraße 3 soll saniert und ertüchtigt werden. Für die Erarbeitung der Aufgabenstellung und für die Vorplanung zur Sanierung des Naturkundemuseums werden im Doppelhaushalt 2015/2016 im Jahr 2015 100.000,00 Euro und im Jahr 2016 300.000,00 Euro im PSP-Element 7.0000736.700 (Baumaßnahme Naturkundemuseum) bereitgestellt”.

Auch dass das Museum in Mitteldeutschland vernetzt werden muss, damit es wirklich in die Region ausstrahlt, gesteht man zu: “Im Rahmen der Erarbeitung der Aufgabenstellung sind mögliche Handlungsoptionen mit anderen, auch kommunalen Einrichtungen darzustellen und zu prüfen. Ziel ist es dabei, Synergien für die positive Entwicklung des Naturkundemuseums zu heben”.

Das braucht eine fest angestellte Direktorin/einen Direktor, die diesen Profilierungsprozess vorantreiben und das Haus zu einer echten Adresse machen. Also mag auch das Kulturdezernat nicht warten, bis alles fertig ist, um den Posten zu besetzen: “Nach dem Beschluss des Stadtrates wird die Stelle Direktor/-in Naturkundemuseum Leipzig öffentlich ausgeschrieben. Der Stadtrat wird gemäß Hauptsatzung einbezogen”.

Und dann erklärt das Kulturdezernat, warum es hier offensichtlich wieder mal an der falschen Stelle sparen will: “Die vom Stadtrat vorgegebene vertiefte Untersuchung der Entwicklung (inkl. Neubau) des jetzigen Standorts Lortzingstraße 3 des Naturkundemuseums sowie des von der Verwaltung im Verfahren favorisierten Standorts ehemaliger Bowlingtreff Wilhelm-Leuschner-Platz hat im Ergebnis für beide Standorte erhebliche Investitionen ermittelt, die absehbar nicht im städtischen Haushalt dargestellt werden können”.

Was ja eigentlich für den Antrag der CDU spräche, erst einmal das alte Haus zu ertüchtigen und den Neubau perspektivisch in die Planungen zu nehmen.

Aber irgendwie möchte Leipzigs Verwaltung schon mal wieder alles definitiv beschließen und den Neubau von vornherein von der Tafel nehmen: “Aus diesem Grund soll das Naturkundemuseum Leipzig mittelfristig am jetzigen Standort Lortzingstraße 3 baulich ertüchtigt und weiterentwickelt werden (ein Ergänzungsneubau wird damit zurzeit nicht weiter verfolgt). Dafür ist eine Aufgabenstellung zu erarbeiten, in deren Rahmen mögliche Handlungsoptionen mit anderen, auch kommunalen Einrichtungen dargestellt und geprüft werden sollen. Bereits vorliegende Machbarkeitsstudien und Planungen aus vergangenen Jahren sollen in die Erarbeitung einfließen”.

Und wie will das Kulturdezernat nun den benötigten höheren Platzbedarf für Ausstellungen gewinnen, wenn der alte Kasten eh schon aus allen Nähten platzt?

“Geprüft werden soll außerdem, ob Sammlungsbestände zur Flächengewinnung für die Sonder- und die Dauerausstellung und zur Lösung von Brandschutzauflagen ausgelagert werden können. Kosten für die Erneuerung der Dauerausstellung und die Ausstattung sowie die Mehrbedarfe im Ergebnishaushalt (Stellenerweiterung und die notwendige Erhöhung des Ausstellungsbudgets) gegenüber 2014 werden parallel ermittelt.”

Das heißt: Man hat noch nicht einmal geprüft, ob es solche – museumstauglichen – Möglichkeiten der Auslagerung gibt.

Da gleich alle drei Fraktionen so eine Antwort bekommen haben, sieht das ganz nach einer Menge Ärger aus, gerade weil die Ansage des Kulturdezernats ja bestätigt, dass ein größerer Platzbedarf besteht. Man kann gespannt sein, wo das kreative Kulturdezernat jetzt Lagerräume für die sensiblen Bestände des Naturkundemuseums findet. Oder ob am Ende nicht ein Stadtratsbeschluss die Verwaltung verpflichtet, mittelfristig die Gelder für einen Erweiterungsneubau aufzutreiben, weil’s mittelfristig nicht nur praktischer, sondern sogar billiger ist.

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