Der Matthäikirchhof ist nicht nur das letzte verbliebene größere Stück, das der Stadt Leipzig innerhalb des City-Rings gehört. Es ist auch eines der wertvollsten. Vielleicht sogar das wertvollste, wenn man die Lage bedenkt. Und es rückt auch immer stärker in den Fokus des Stadtrates: Was fängt man mit dem Gelände an, wenn es nicht wieder ein überdimensionierter Einkaufstempel werden soll? Die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat hatte dafür in der letzten Zeit gleich zwei Ideen.
Beide hübsch nacheinander in einzelnen Anträgen formuliert: erst eine Schule, denn eindeutig fehlt im Innenstadtbereich eine solche. Würde auch mal richtig Leben auf den Matthäikirchhof bringen. Und dann gab es da noch die Idee, dass eigentlich eine Kindertagesstätte noch viel mehr fehlt.
Die Stadtverwaltung hat jetzt zumindest die erste Idee schon mal rundweg abgelehnt. Motto: Auf so einem goldenen Pflaster baut man keine Schulen. “Dem im Antrag angestrebten Beschluss ‘Die Stadtverwaltung prüft die Einrichtung eines grund- bzw. weiterführenden Schulstandortes auf dem Areal Matthäikirchhof zwischen Ringgrün und Großer Fleischergasse.’ wird nicht zugestimmt.”
Formuliert hat das Ganze – wer hätte das gedacht – das Dezernat Wirtschaft und Arbeit, dem das Liegenschaftsamt der Stadt untersteht. Da kann man schon ahnen, wie es jetzt so langsam kocht bei den Linken, nachdem sie schon den letzten Streichen des Amtes etwa in der Friederikenstraße etwas verdattert zusehen mussten.
Die Liegenschaftspolitik der Stadt scheint sich nicht wirklich an den strategischen Zielen der Stadtpolitik zu orientieren (Familie und Arbeitsplätze), sondern eher einem Ding zu dienen, das man den Grundstücksmarkt nennen könnte.
Jedenfalls liest sich die jetzt vorgelegte Begründung zur Ablehnung so:
Allein der Quadratmeterpreis entscheidet.
“Das genannte neu bebaubare Gesamtareal, einschließlich der aktuellen Bebauung, hat eine Flächengröße von ca. 14.200 m² und ist das einzige größere Grundstück im Eigentum der Stadt Leipzig innerhalb des Innenstadtrings. Das Areal, in seiner repräsentativen Lage, bedarf einer sehr hochwertigen Nutzung”, stellt das Wirtschaftsdezernat einfach mal fest. Und macht dem irdischen Leipziger so ganz unumwunden auch mal klar, dass Schulen keine “sehr hochwertige Nutzung” sind.
Wie das Liegenschaftsamt eigentlich tickt, wird in den nächsten Sätzen sichtbar: “Schon aus diesem Grund muss sich eine Entscheidung zum Umgang mit der Liegenschaft behutsam und bedacht entwickeln können. Das Grundstück liegt im Kerngebiet Typ 2, das heißt, 20 % der Geschossflächen sind als Wohnflächen auszuweisen. ” Und dann kommt ein sehr schöner Satz, der den Leipzigern eigentlich alles sagt über die Weltsicht im Rathaus: “Das Grundstück bietet großes Potential für die Ansiedlung einer bedeutenden Einrichtung. Die Stadtverwaltung sieht an diesem Standort zum Beispiel eine große Firmenzentrale besser platziert als eine Schule.”
Da kann man natürlich gespannt sein, welche Firma da in den nächsten Jahren ihren Sitz baut. Unister kann es nicht sein. Dieses Unternehmen baut seine Firmenzentrale gerade auf der anderen Seite des Rings. Aber vielleicht ist es ja einer der beliebten Immobilienentwickler aus Leipzig, der dann noch ein bisschen Rabatt bekommt auf das Grundstück?
Das ja nicht ganz billig ist. Was man dem jetzigen Parkplatzbeton nicht ansieht. Aber in der Leipziger Bodenrichtwertkarte stehen ja lukrative Preise: “Der Bodenrichtwert für dieses Grundstück lag 2012 bei 1.500 Euro pro Quadratmeter. Daraus lässt sich ein Bodenwert von zirka 21 Millionen Euro herleiten.”
Wenn man ein Stück Innenstadt so teuer verkaufen kann, wird man ja wohl keine Schule draufstellen. Oder mit den Worten des Dezernats für Wirtschaft und Liegenschaften: “Bei dem unter Abzug, nach einer ersten Schätzung, von etwa 2 Millionen Euro Abrisskosten verbleibenden Grundstückswert ist es schon unter dem Gesichtspunkt des städtischen Haushalts im Zusammenhang mit § 72 Abs. 2 SächsGemO nicht sinnvoll, auf diesem hochwertigen Baugrundstück eine kommunale Schule zu errichten. Hinzu kommt, dass die Größe des vorgeschlagenen Grundstücks einen Schulneubau in der Kapazität oder im Schultyp bereits einschränkt. – Vor diesem Hintergrund ist der Antrag abzulehnen.”
Es gibt 2 Kommentare
“Der Matthäikirchhof ist nicht nur das letzte verbliebene größere Stück, das der Stadt Leipzig innerhalb des City-Rings gehört. ”
1 . Das passiert, wenn die (Un)verantwortlichen der Stadt, 25 Jahre verkaufen als gäbe es kein morgen.
2 . Wem gehört denn Leipzig jetzt?
3. Ein Asylbewerberheim könnt es werden. Wenn man schon das Alternativgrundstück verkauft, dann könnte, ja sollte eben dieses herhalten.
Marktkonforme Demokratie in Reinkultur!