Da schütteln nicht nur die Bürger der schönen Stadt Leipzig den Kopf. Die Stadt hätte das Objekt Friederikenstraße 37 gern gemietet, um darin Asylbewerber unterzubringen. Doch jetzt hat das Land Sachsen die Chance genutzt, hier sein Interim für die Leipziger Erstaufnahmeeinrichtung unterzubringen. Dabei war noch vor zwei Jahren Leipzig selbst Besitzer des Gebäudes.

Das war zuletzt Thema im Jahr 2013. Da kochte schon einmal der Ärger über die Liegenschaftspolitik der Stadtverwaltung hoch. L-IZ-Leser werden sich erinnern: Damals ging es heftig zur Sache, weil den Musikern der Stadt immer mehr Probenräume verloren gingen. Die hatten sich zuletzt ans Kulturamt gewandt, das sich auch einschaltete, um neue Proberäume – am besten in eigenen, separaten Gebäuden zu finden. Doch gleich zwei Gebäude, für die das Kulturamt Interesse angemeldet hatte, setzte das Liegenschaftsamt trotzdem auf die Verkaufsliste – das eine war das ehemalige Schulgebäude in der Saarländer Straße, das andere die Friederikenstraße 37.

Während beim ersten noch ein Stopp der Verkaufsbemühungen erreicht werden konnte, wurde die Friederikenstraße 37 noch 2013 verkauft, ohne dass klar war, warum und zu welchem Nutzen. Besonders sauer war damals die Linksfraktion und stellte eine entsprechende Anfrage an die Verwaltung. Frisch nach dem Motto: Spricht den da ein Amt nicht mit dem anderen? Oder war das reine Ignoranz?

Wahrscheinlich war – und ist es – sogar schlimmer: Das Leipziger Liegenschaftsamt steckt noch tief im Jahr 2003 und will oder kann davon nicht lassen. Genau so lesen sich die Antworten auf die Fragen der Linken. Wen scheren denn die Probleme des Jahres 2013, wenn das Ding seit 2003 zum Verkauf steht?

“Wie ist es möglich, dass nach intensiven Bemühungen des Kulturamtes in Abstimmung mit dem Liegenschaftsamt die Liegenschaft Friederikenstraße 37 seitens des Liegenschaftsamtes zum Verkauf angeboten wurde?”, hatte die Linksfraktion gefragt. Und das Dezernat VII, Wirtschaft und Arbeit, zu dem das Liegenschaftsamt gehört, hatte in ruhiger Abgeklärtheit geantwortet: “Das Grundstück Friederikenstraße 37 ist schon seit über 10 Jahren in der Ausschreibung zur Veräußerung. Es gab immer wieder Interessenten, unter anderem auch aus dem Kreativbereich.”

Die Anzeige im Leipziger Amtsblatt vom 29. September 2012. Repro: L-IZ
Die Anzeige im Repro: L-IZ

Aber man hätte Geld ins Objekt stecken müssen, um es bespielbar zu machen. “Nach gemeinsamen Objektbesichtigungen haben die Vertreter Abstand genommen, da keine Heizung, kein Strom und kein Wasser im Gebäude vorhanden ist und nach seriösen Schätzungen von Investoren ein Sanierungsbedarf für eine gewerbliche Nutzung von rund 2 Millionen Euro besteht.”

Eine Antwort, die zumindest zweierlei so nebenbei erwähnt: Die Stadt selbst hat den Sanierungsbedarf nie ermittelt, sondern sich auf Schätzungen von Investoren verlassen. Und sie hat auch gar nicht erst ein Konzept erstellt, mit dem die Wirtschaftlichkeit einer Neunutzung hätte erfasst werden können. Man hat das Objekt besichtigt und Abstand genommen. So einfach geht das.

“Wann genau wurde diese Liegenschaft zum letzten Mal zum Verkauf angeboten?”, hatte die Linksfraktion noch gefragt.

Die Antwort: “Letztmalig wurde es im Amtsblatt und in der Leipziger Volkszeitung am 29. September 2012 ausgeschrieben.” Da wurde es für mindestens 490.000 Euro angeboten.

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Es gibt 9 Kommentare

Danke für die (hochexplosive) Antwort.

Wie ist gewährleistet, dass die politisch verantwortlichen Gremien diesen Sachverhalt, der gleichzeitig viele weitere Verkäufe betreffen würde, tatsächlich untersuchen? Wie ist gewährleistet, dass diese Gremien, die Fachleute einbeziehen müssten, die Ergebnisse dieser Untersuchungen nicht unter den Tisch kehren? Wie ist gewährleistet, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden?

Sorry, falsche Taste gedrückt!
Die Einwendungen habe ich in bei einem anderen Verfahren das nichts mit der Stadt zu tun hat vorgetragen!

Nachtrag:
Ich habe mich schon häufiger mit Wertermittlungen befassen dürfen und weiß genau wie einfach es ist selbst im Rahmen des Erlaubten sehr unterschiedliche Ergebnisse zu erzielen.
Die Einwendungen von mir wurden bei einer Überprüfung durch einen Obergutachter vollumfänglich bstätigt.
Damit ist erst einmal dieses Kapitel Friederikenstr. für mich abgeschlossen.
abgeschlossen.

Das Wertermittlungsgutachten hat wenn es vor dem Verkauf 2013 erstellt wurde bereits damals einen qm-Preis von 35,00 € / qm laut Bodenrichtwertkarte.
Das heißt, das geforderte Mindestgebot liegt hier schon um min. 162.890,00 € niedriger!
Bei allem Wohlwollen kann dann der Preis dann nur durch einen Total-/Teilabriß oder durch eine extrem niedrige Miete bei nachhaltiger Nutzung und überhöhten Kosten für Instandsetzung/haltung zustande kommen.
Nachdem die Stadt jedoch immer wieder Gebäude zur Nutzung anmietet hätte sie leicht einen angemessen Mietzins hier ansetzen können.
Ich bezweifle, dass das Gutachten aktuallisiert wurde bzw. wirklich alle Parameter nach der Wertermittlungsverordnung ordnungsgemäß angesetzt wurden.
Aber das zu untersuchen ist jetzt Aufgabe der politisch verantwortlichen Gremien!

Lieber Klaus, lieber Helmut,
bitte finden Sie zueinander.
Ihr beider Wissen, potenziert um weiteres, mündend in Handlung und Tat, kann unsere Stadt vor größerem Unheil schützen.

Bitte beachte Sie, dass es auch in der Stadt Leipzig einen Gutachterausschuss gibt, der unter anderen für die Erstellung von Wertgutachten zuständig ist. Vorsitzender dieses Ausschusses ist der Leiter des Amtes für Geoinformation und Bodenordnung der Stadt Leipzig. Da diese Gutachter überwiegend sehr gut ausgelastet sind, wird meines Wissens vom Liegenschaftsamt folgende Verfahrensweise gewählt. Es besteht die Möglichkeit öffentlich bestellte und vereidigte Gutachter zu beauftragen, die bei der Industrie und Handelskammer registriert sind, was vorwiegend genutzt wird.

Es gibt gesetzliche Festlegungen, wonach unter dem festgestellten Verkehrswert kein Verkauf zu erfolgen hat.

Nun bringen Sie zum Ausdruck, dass der Verkauf unter dem Verkehrswert erfolgte. Damit wäre für den Haushalt der Stadt Leipzig ein Schaden entstanden, der durchaus strafrechtlich geahndet werden könnte. Um zu beurteilen, dass der Verkauf unter dem Verkehrswert erfolgte, sind neben den Bodenrichtwerten auch Kenntnisse über das Wertgutachten erforderlich. Falls Sie diese haben, kann ich Ihre Bemerkungen nachvollziehen. Aus Ihren Darlegungen lese ich zudem heraus, dass Sie zu dieser Problematik über wesentlich mehr Kenntnisse verfügen als der Normalbürger.

Aufgrund der Berichterstattungen in den Medien bin ich noch zu keiner Erkenntnis gekommen, wer tatsächlich der Eigentümer ist. Auch das wäre interessant zu erfahren.

Ich gehe davon aus, dass ein Wertgutachten vorlag. Andererseits ist mir durch meinen Beruf bestens bekannt, dass es Dinge gibt, die es eigentlich nicht gibt bzw. nicht geben sollte und dürfte. Ich möchte Sie durch meine Bemerkungen nur sensibilisieren, dass Sie hier eine schweren Vorwurf gegen die Stadtverwaltung Leipzig erhoben haben. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn dafür Beweise vorhanden sind. Im Gegenteil, dann wären Ihre Darlegungen Gold wert, für wem auch immer. Handelt es sich jedoch um Vermutungen, wovon ich nicht ausgehe, dann hätte ich mit Ihren Darlegungen Probleme.

Ich bin mir sicher, dass Sie meine gut gemeinten Hinweise richtig einordnen, Danke.

Leider habe ich in meiner Wut den Ausschreibungstext nicht berücksichtigt!
Die Grunstücksfläche wurde mit 18.654 qm ausgeschrieben!
Der Schaden beträgt mindestens 162.890,00 € nach der Bodenrichtwertkarte, mit Gebäuderestwert dürfte er über dem Verkaufspreis liegen!
Das heist, es wurde wahrscheinlich zum halben Verkehrswert verkauft!
Ich fordere die sofortige Rückabwicklung!
Ebenso ist dies ein Fall für die Staatsanwaltschaft hier wegen Veruntreuung zu ermitteln und Anklage zu erheben!

Ach Klaus,

fragst du tatsächlich nach dem erzielten Preis?
Ein unfähiger Wirschaftsbürgermeister mit einer noch unfähigeren Liegenschaftsverwaltung wird nach 10-jähriger Ausschreibung niemals einen Preis über dem Mindestangebot erzielt haben.
Viel wichtiger ist meines Erachtens die Frage ob ein fundiertes Wertermittlungsgutachten beim Verkauf vorlag!
Ein Blick in die online verfügbare Bodenrichtwertkarte für 2012 zeigt einen Bodenwert für das Gebiet von 35,00 € / qm. Ebenso läßt sich durch einfaches messen eine Größe des Grundstückes von ermitteln. Der Verkaufspreis von 496 T € ergibt eine Grundstücksfläche von exakt!!! 14.000 qm.
Selbst wenn diese Fläche stimmen sollte, was ich mehr als bezweifle, laut Karte müßte diese größer sein, wo bleibt der Restwert der Gebäude?
Es stellen sich also folgende weitreichende Fragen:
1. Lag ein geprüftes aktualisiertes Wertermittlungsgutachten vor?
2. Wer hat daraufhin den Kaufpreis festgelegt?
3. Warum wurden die Restwerte der Bausubstanz nicht berücksichtigt da offenkundig ein totaler Werteverzehr nicht vorliegt. Der Käufer saniert, baut nicht neu!
4. Wer hat den Verkauf zu diesem unter dem Verkehrwert liegendem Preis genehmigt?

Es wird Zeit endlich die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen! Dieser Bürgermeister der an Unfähigkeit nicht zu übertreffen ist, muß weg. Der Schaden den er und seine Liegenschaftsleute der Stadt Leipzig zugefügt hat muß endlich Konsequenzen haben!
Ich fordere die Stadträte auf die Verkäufe eingehend durch öfentlich vereidigte Gutachter außerhalb von Sachsen überprüfen zu lassen und die Verantwortlichen zur Kasse zu bitten!
Hier wird gehandelt als wäre man ein privater Immobilieneigentümer. Dem ist mitnichten so! Die obersten Gerichte haben schon zig-mal geurteilt, das ein Verkauf unter dem Verkehrswert regelmäßig nichtig ist und damit das Grundstück nicht an den Käufer übereignet wurde.
Der Schaden ist durch die handelnden Personen zu erstatten!

Ein interessanter Artikel. Mir stellen sich dabei folgenden Frage. Wenn dieses Gebäude verkauft wurde, dann müsste der Freistaat es anmieten. Ist das so richtig? Ist der Eigentümer des Gebäudes bekannt und zu welchem Preis erfolgte der Verkauf? Ist eine Antwort möglich?

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