Drei dicke Ausrufezeichen hinter "Geschafft!!!" Da braucht es keine Blaskapelle mehr. Die Erleichterung war auch in der Einladung zur Straßenfreigabe überdeutlich. Auch wenn das letzte Kapitel eigentlich das entspannteste war, die nicht einmal zwei Jahre Umbauzeit für die 630 Meter Wurzner Straße zwischen Dresdner Straße und Krönerstraße im Leipziger Osten. Die Jahre vorher waren geradezu nervenaufreibend. Denn seit 2000 war die Sanierung dieser Straße überfällig.

Nicht nur, weil Gleis, Fahrbahn und Leitungen desolat waren, sondern weil die Rumpelstrecke auch die Entwicklung in diesem nicht ganz unwichtigen Teil des Leipziger Ostens behinderte. Häuser blieben auch deshalb unsaniert, weil sich Sanierungen an dieser kaputten Straße einfach nicht lohnten. Hier war Durchfahren angesagt. Mehr nicht. Aber auch der Leipziger Osten ändert sich. Die Einwohnerzahlen steigen auch in Anger-Crottendorf und Sellerhausen. Und Straßensanierungen der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass sie oft Voraussetzung dafür sind, dass sich die Quartiere wieder beleben, Häuser saniert werden und Läden sich füllen. Also stand das Projekt auch 2007 wieder auf der Liste. Und kam nicht zustande. Und es war ein langer zäher Kampf, bis 2011 dann die Förderzusage vom Land eintraf.

Auch hier ja bekanntlich kein Ausbau als Stadtbahn, wofür es Bundesförderung gegeben hätte. Dazu ist auch die Wurzner Straße zu schmal. Man bekommt im engen Straßenraum einfach nicht alles unter – ordentliche Fußwege, Radwege, Fahrbahnen und gar noch separate Gleise für die Straßenbahn. Keine Chance. Auf Letzteres musste auch hier verzichtet werden. Die Kraftfahrzeuge werden auch hier künftig mit auf den Gleisen fahren.

Aber, und das betont Ronald Juhrs, Geschäftsführer der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), die Straßenbahn wird zwar nicht beschleunigt, wie das bei einem Stadtbahn-Ausbau der Fall wäre, aber sie wird auch nicht behindert. Mit den Lichtsignalanlagen bekommt sie Vorrangschaltung und wird Pulkführer vor den Kraftfahrzeugen. Die sowieso halten müssen, wenn die Bahn in die neue, barrierefrei gebaute Haltestelle an der Hermann-Liebmann-Straße einfährt. Zusteigen ist jetzt also auch für Ältere oder für junge Familien mit Kinderwagen kein Kletterakt mehr (außer wenn wieder mal eine Tatra-Bahn die Linie bedient).Und es gilt für diesen Abschnitt der Wurzner Straße, was 2015 auch für den Umbau der “KarLi” gelten wird: Der veränderte, moderne Straßencharakter fällt auf. Darüber freut sich auch Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau: “Das Erscheinungsbild dieser Straße hat sich seit 2013 komplett gewandelt. Aus den völlig verschlissenen und schlaglochreichen Fahrbahnen und kaputten Fußwegen ist eine von Hauswand zu Hauswand erneuerte Straße geworden. Das setzt hoffentlich einen Impuls für die weitere Sanierung der Gebäudesubstanz und trägt dazu bei, dass hier wieder mehr Wohnungen vermietet werden können und auch neue Geschäfte und Läden einziehen.”

“Von Hauswand zu Hauswand” heißt auch, dass die Leipziger Wasserwerke hier die Gelegenheit bekamen, die 100 Jahre alten Kanäle und Leitungen komplett zu erneuern bzw. zu sanieren. Was in der Regel nur möglich ist, wenn oben über dem Asphalt Baufreiheit herrscht, weil die LVB die Gleise auswechseln.

Die KWL hat die Decke des 1. östlichen Hauptsammlers erneuert und eine wichtige Mischwasserleitung vergrößert. 1.200 Meter Wasserleitung wurden erneuert, 700 Meter Kanäle saniert. “Dass sollte jetzt wieder 100 Jahre halten”, sagte Mathias Wiemann, Unternehmensbereichsleiter Netze der Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH (KWL), am Dienstag, 2. Dezember, beim Vor-Ort-Termin bei minus 1 Grad und (noch) freier Piste. Noch war die Straße für die ruhlosen Leipziger Autofahrer nicht freigegeben. Aber wer wartet in Leipzig schon, bis alles offiziell freigegeben ist? Wo eine Piste ist, wird gefahren. Und die Straßenbahn der Linie 7 fuhr ja sowieso.Die Sperrzeiten für diese Linie waren auf ein Minimum reduziert. Tatsächlich ist das Liniennetz der LVB so straff organisiert, dass man sich längere Umleitungszeiten nirgendwo mehr leisten kann. Auch nicht auf der Linie 7, die mit 13 Millionen Fahrgästen im Jahr die Linie mit dem dritthöchsten Fahrgastaufkommen ist. Deswegen war sie mal als eine der Leipziger Stadtbahnlinien angedacht gewesen. Aber gerade die engen Straßenquerschnitte in der Wurzner Straße zeigen auch, dass man den Ausbau der Stadtbahn nicht überall erzwingen kann. Enge Stadträume zwingen zu Kompromissen. Erst recht, seit die Stadtplaner wissen, dass man in verdichteten Räumen nicht mehr Geschwindigkeit braucht, sondern eher dichtere Haltestellennetze. Platz für Fußgänger und Radfahrer sowieso.

Trotzdem hat auch noch eine Handvoll Stellplätze für Pkw Platz gefunden in der Straße, 23 Bäume wurden gepflanzt, der Dunkle Wald und der Lichte Hain wurden geschont, die beiden Grüninseln in der Straße. Der Radweg führt an der Haltestelle direkt über das Haltestellenkap – eine Lösung, die sich augenscheinlich in Leipzig bewährt.

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Und besonders bedankten sich die einladenden Bauherren natürlich bei den Anwohnern, die zwei Jahre Bauzeit tapfer ertragen haben. Samt Winterpause, wie Juhrs betont. “Die Wurzner Straße war die erste Baustelle, bei der wir eine Winterpause fest eingeplant haben.” Aber wer kann den Winter schon einplanen? 2012/2013 war der Winter so heftig über Leipzig gekommen, dass sich alle, die gebaut haben, am Ende richtig ärgerten über monatelangen Stillstand. 2013/2014 kam dann eher kein Winter. Man hätte vielleicht weiterbauen können. Aber die Baukapazitäten waren terminlich geplant und bestellt. Änderung nicht möglich. Trotzdem werden die LVB an den Winterpausen künftig lieber festhalten. An der “KarLi” ist jetzt schon Winterpause, die Straße wird 2015 fertiggebaut. Auch darauf freut sich Juhrs – genauso wie auf den Baubeginn in der Könneritzstraße.

Allein die Straßennamen verraten, dass es aktuell wirklich die großen, dicken Bretter sind, die bei Gleis- und Straßenerneuerungen in Leipzig gebohrt werden. Jedes einzelne dieser Bauprojekte hatte schon Planverzögerungen von über zehn Jahren. Die Investitionen waren und sind überfällig. An der Wurzner Straße wurden 8,3 Millionen Euro verbaut. Mit einer oberflächlichen Sanierung wäre hier nichts mehr zu machen gewesen. 3 Millionen hat allein der Straßenbau gekostet, 3 Millionen der Anteil der Straßenbahn, 2 Millionen die Arbeiten der Wasserwerke.

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