Das neue Gutachten, das das Kulturdezernat zum Naturkundemuseum vorgelegt hat, hat nicht nur die Grünen-Fraktion animiert, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen und die Planungen für den alten und künftigen Standort an der Lortzingstraße festzuzurren. Auch die CDU-Fraktion hat jetzt einen Antrag eingebracht. Sie sieht die Reihenfolge der Bauabläufe etwas anders.

Aber auch die CDU-Fraktion sieht für den von der Stadt lange bevorzugten Standort im ehemaligen Bowlingtreff keine Zukunft mehr. Dazu wären Sanierung und Umbau des Bowlingtreffs zu teuer. Also beantragt die CDU-Fraktion einige Umformulierungen im Grundsatzbeschluss der Verwaltung, der in der Ratsversammlung am 10. Dezember abgestimmt werden soll. Das erste – und dafür sollte es eigentlich eine Stadtratsmehrheit geben – ist die Änderung von Beschlusspunkt 2, wo es nun so heißen soll: “Wegen der mit der Kostenstudie ermittelten hohen Investitionskosten wird der Bowlingtreff als möglicher Standort für das Naturkundemuseum verworfen. Eine Entscheidung über die Ertüchtigung des jetzigen Standortes Lortzingstraße 3 mit Neubau wird erst auf der Basis des durch den neuen Direktor/ die neue Direktorin erarbeiteten Konzeptes getroffen.”

Das weicht vom Grünen-Vorschlag ein wenig ab. Aber auch die Grünen-Fraktion hatte beantragt, die neue Direktorin/den neuen Direktor zu finden, bevor das Naturkundemuseum fertig geplant ist. Denn für die Entwicklung eines neuen Konzepts ist eine neue Person an der Spitze prägend – sie muss ja dann mit dem fertigen Haus auch erfolgreich arbeiten können.

Und während die Grünen es besser finden, erst den modernen Anbau zu bauen und dann das alte Haus zu sanieren, will die CDU-Fraktion erst einmal nur die Sanierung des alten Kastens – und den Neubau abhängig von Fördergeldern realisieren lassen.

So heißt es in ihrem Antrag zu Beschlusspunkt 3: “Der jetzige Standort Lortzingstraße 3 soll saniert und ertüchtigt werden. Ein Erweiterungsbau ist abhängig von der Fördermittelkulisse optional vorgesehen. Für die Erarbeitung … bereitgestellt.”

Und in Beschlusspunkt 4 will die CDU-Fraktion gleich die regionale Vernetzung des Hauses festgeschrieben sehen: “Im Rahmen der Erarbeitung der Aufgabenstellung sind mögliche Handlungsoptionen mit anderen, auch kommunalen, Einrichtungen in Leipzig und Mitteldeutschland darzustellen und zu prüfen. Ziel ist … zu heben.”

Das wäre eigentlich schon die Arbeit der neuen Direktorin/des neuen Direktors.

Aber andererseits sieht die CDU das Naturkundemuseum mittlerweile genauso im Abdriften, wie es dem Sportmuseum ergangen ist, das im Umfeld von Olympiabewerbung und Fußball-WM schon mal als fast schon umgesetzt gefeiert wurde – aber nach dem Ende des Medienrummels ließen die Verantwortlichen der Stadt das Thema einfach in der Versenkung verschwinden. Die Sammlung bleibt eingelagert, die alte Tribüne des Schwimmstadions, wo das Museum sein Domizil finden sollte, rottet vor sich hin.

“Das Naturkundemuseum Leipzig (NKML) ist auf dem schlechten Weg, das gleiche Geschick zu erleiden wie das Sportmuseum”, stellt denn die CDU-Fraktion auch fest. “Sammlungen Leipziger Bürger laufen Gefahr, dem Vergessen preisgegeben zu werden, indem der Bestand nur verwaltet und nicht weiterentwickelt werden kann in der Enge des Bestandsgebäudes, die Direktorenstelle nur als tarifliche Stelle beschrieben wird und die Vernetzung allein innerhalb von Leipzig erfolgen soll. Auch wenn dies nicht Gegenstand der Vorlage ist, so ist es doch neben dem hier verhandelten Museumsgebäude entscheidend für die Zukunft des NKML.”

Dabei spielt das Naturkundemuseum sogar im Tourismus eine Rolle, wie die CDU-Fraktion in ihrer Begründung feststellt: “An anderer Stelle, z.B. im Rahmen des ‘Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzepts für die Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum’ werden naturkundliche Ausstellungen geplant ohne irgendeinen Bezug zum NKML. Dies zeigt, dass das verantwortliche Dezernat in keiner Weise hinreichend fachlich vernetzt ist, um die Potenziale des NKML am Standort Lortzingstraße derart einschätzen zu können, um jetzt schon den An- /Neubau abzuwählen. Ein fachlich größerer Wurf kann den neuen/ die neue Direktor/-in in die Lage versetzen, ein Konzept zu entwerfen, welches die Akquise von Mitteln des Bundes und der EU ermöglichen könnte. Ob dazu allerdings eine geringer qualifizierte Fachperson, die vielleicht einzig die Verwaltung der Bestände verantworten kann, diesem Anspruch genügen wird, ist noch offen. Aus dem oben erläuterten Grunde ist auch eine Vernetzung nicht allein in Leipzig, sondern in Mitteldeutschland insgesamt erforderlich, eine Vernetzung sowohl mit Forschungs- und Hochschuleinrichtungen als auch mit Bildungseinrichtungen und Vereinen.”

Man könnte es auch so formulieren (wie es viele Akteure im Kampf um das Naturkundemuseum seit langem fordern): Dieses Museum muss größer gedacht werden als eine simple Leipziger Präparatesammlung für den Schulunterricht. So, wie es mal gedacht war vor 100 Jahren, als es von Leipziger Lehrern aus der Taufe gehoben wurde.

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