Wenn Leipzigs Stadtpflanzer irgendwo mitmachen, dann gibt es auch Pflanzen: Drei Blumenkübel bereichern seit dem Wochenende den Platz, den zwar schon alle Welt Huygensplatz nennt. Aber so heißt er ja nicht. Und deswegen war auch ein erster Versuch einer großen Namenssuche Teil der Platzbespielung der "Federation of Urban Imagination" vom 1. bis 6. September.
Die sechs Tage nutzten die Architekten, Künstler und Aktivisten aus Ungarn, Slowenien, Serbien und Deutschland, um dem steinernen Werk der Leipziger Stadtplaner ein bisschen Leben einzuhauchen und Ideen für eine künftige Nutzung des Platzes zu finden. So nebenbei verschafften sie dem Steinmeer auch sechs Tage lang ein bisschen buntes Leben.
Dazu wurden auch die Wahlplakate der Parteien zur Landtagswahl kreativ mit verarbeitet – einmal zur Verschalung des alternativen Radiostudios, das auf dem Platz sechs Tage lang mit unterschiedlichen Programmen und Diskussion bespielt wurde. Und auch ein paar Bänke aus Latten und Plakaten entstanden auf diese Weise. Drei blieben nach Beendigung des Projektes vorerst auf dem Platz und zeigen – mit den drei Pflanzkübeln der Stadtpflanzer – dass auf diesem Platz einiges mehr möglich ist als nur ein paar Steinbänke und ein paar dünne Bäumchen.Thema: Aufenthaltsqualität.
Die ist im Grunde nur gegeben, wenn kurz mal der Wochenmarkt einfliegt. Ansonsten beklagen auch die Anwohner, Passanten und die Besucher der Arbeitsagentur, dass in der Steinwüste im Grunde nichts zum Verweilen einlädt.
Zu den Vorschlägen für eine künftige Platznutzung gehören: eine Straßenmusikbühne, eine Blumenrabatte, ein kleiner Rummelplatz, noch mehr Bänke, Angebote für Kinder (wenn deren Eltern nebenan in die Arbeitsagentur müssen), und Kunst, mehr Kunst auf dem Platz …
Und im ehemaligen Kino im ehemaligen Heim “Samuel Heinicke” gab’s früher immer Kinderfilme. Eine Idee, die von der internationalen Künstlergruppe selbst schon mitgebracht wurde: Der Platz würde gewinnen, wenn die alten Kultur- und Gastronomieeinrichtungen rund um den Platz endlich Investoren und Betreiber finden. Hier schläft die Georg-Schumann-Straße eindeutig noch. Alles ist auf den Bau der Arbeitsagentur fixiert. Die Straßen- und Wegebeziehungen sind eine Katastrophe. Auch die Straße selbst steckt noch in der Erstarrung, denn die geplante barrierefreie Haltestelle der LVB wird es auch erst geben, wenn die Georg-Schumann-Straße umgebaut und modernisiert wird – und das wird vor 2016 nicht passieren.
So nebenbei erinnerte das internationale Projekt auch daran, dass der Platz tatsächlich noch keinen Namen hat. Bevor er umgebaut wurde, war’s ja auch kein Platz, sondern eine Straßenbahnwendeschleife zwischen Huygensstraße und Seelenbinderstraße. Die Seelenbinderstraße wurde durch das Steinpflaster kurzerhand unterbrochen. So war ein Thema des internationalen Treffens auch eine erste Sammlung möglicher Namen für den Platz. Die Ideen waren entsprechend ausgefallen und so mancher Vorschlagende nutzte auch Sarkasmus bei der Ideenfindung, was ja durchaus nahe liegt beim nebenstehenden Gebäude der Arbeitsagentur und ihrem Zwitterwesen als Jobcenter.
Gepflasterte Wüste: Interdisziplinäres Projekt plant Wiederbelebung des Huygensplatzes im September
Was passiert eigentlich …
Ein neuer Marktplatz in Granit: Huygensplatz wurde seiner Bestimmung übergeben
Es sitzt im Ohr …
Konrad Riedel lässt nicht locker: Wie kriegt man Leben auf den Huygensplatz?
Nein, zufrieden ist CDU-Stadtrat …
Etliche der Vorschläge erfreuen jetzt – als Straßenschild gestaltet – die Vorübergehenden: “Platz der Hoffnung”, “Spätplatz”, “Brünner Platz”, “Platz der Arbeiter”, “Polarplatz”, “Idiotenplatz” oder “Platz des bedingungslosen Grundeinkommens”, “FUlgensplatz”, “Inselmarkt” und “Löwencarré”, auch “Pepe-Platz” und “Wolfsrevier” waren vorgeschlagen worden, “Umschlagplatz” und – quasi als Ablösung für den gleichnamigen Platz in Lindenau: “Karl-Heine-Platz”.
Aber wer die Website besucht, sieht schnell, dass auch Künstler und Architekten so ihre Probleme mit der Kommunikation haben. Sie haben ihren Blog auf Englisch verfasst, als ob sie mal wieder ganz unter sich sind. Dass zu so einem – geförderten – Kunstprojekt auch die Kommunikation mit der Öffentlichkeit gehört und ach mit Menschen, die kein Englisch beherrschen, vergisst man im Überschwang der eigenen Hochschulausbildung gern. Aber tatsächlich darf man es nicht vergessen. Nichts ist so wichtig wie die Barrierefreiheit auch in der Sprache. Und wenn sich dann ein Teil der Projektmannschaft in der Nacht noch hinsetzen muss und – als Ergänzung zum englischen Teil – die Texte auch in Deutsch, Ungarisch, Serbisch und Slowenisch einstellt. Dann haben sogar die Herkunftsländer der teilnehmenden Gäste was davon.
Hier also das Sechs-Tage-Vergnügen auf Englisch: http://federationofurbanimagination.wordpress.com
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