Wem der Kulkwitzer See am Herzen liegt, der sollte sich am besten den Mittwoch, 24. September, 18 Uhr frei halten, Denn dann sind alle Interessierten in den Stadtteilladen Grünau in der Stuttgarter Allee 19 eingeladen zur Information über den Bebauungsplan für das Ostufer. Den etwas veränderten Bebauungsplan. Denn 2009 gab es ja schon einen. Der aber stieß gerade in Grünau auf heftigsten Protest, denn er sah eine Privatisierung weiter Uferbereiche vor.

Einen Teil davon haben Leipzigs Planer in der neuen Variante des Bebauungsplanes zwar zurückgekommen. Aber einige Sonderzonen haben sie drin gelassen. Was an einem Spagat liegt, den Leipzigs Verwaltung nun seit Jahren versucht – die Naherholung in Leipzig immer mit einer touristischen Nutzung zu verquicken. Das trifft auch auf den Umgang mit dem Kulkwitzer See zu. Zwar schreibt die Leipziger Verwaltung mit erstaunlicher Forschheit über den neu erarbeiteten Bebauungsplan: “Erholungsgebiet Kulkwitzer See”. Aber wer sich den Plan genauer anschaut, findet neben den schon bestehenden “touristischen Nutzungen” – den Ferienhäusern und dem Campingplatz auf der Halbinsel zum Beispiel – auch neu ausgewiesene “Sondergebiete”, die vor allem für touristische Nutzungen vorgesehen sind.

Dazu gehört das Sondergebiet Nr. 8, ein neuer Campingplatz, der nahe der Straße am See und der Einmündung der Binzer Straße entstehen soll. Dazu gehört auch das Sondergebiet Nr. 9 südöstlich des bestehenden Ferienhausgebietes, mitten im Zschampertgebiet, wo weitere “touristische Infrastruktur” geplant ist. Also unübersehbar versucht die Stadt an dieser Stelle den Nutzungsdruck auf den See deutlich zu erhöhen durch weitere touristische Angebote. Die versiegelte Fläche gegenüber der Zingster Straße ist im B-Plan nicht zur Entsiegelung vorgesehen, sondern wird als “Fläche für Versorgungsanlagen” ausgewiesen, soll also auch wieder verbaut werden, auch wenn man hier noch ohne konkrete Aussage bleibt.

Die Zschampert wird praktisch auf ein kleines Bett zusammengedrängt. Die Vegetationsfläche, die sich hier in den vergangenen Jahren wieder entwickelt hat, wird deutlich reduziert. Die touristische Nutzung wird so dicht, dass an diesem Teil des Sees wohl von Erholung keine Rede mehr sein dürfte. Etwas weiter südlich geht es gleich weiter mit den Plänen der Stadt. Westlich des Rewe-Supermarkts soll hier in Sondergebiet Nr. 10 eine weitere Ferienhaussiedlung entstehen. Auch hier werden die Uferschutzstreifen der Zschampert deutlich schmaler. Im Grunde wird die Zschampert auf einen reinen Entwässerungsgraben für das verstärkt touristisch genutzte Gelände reduziert.Damit wird im Grunde das verbliebene ruhigere Seestück auf der Leipziger Seite komplett herausgeschnitten und mit touristischer Infrastruktur durchsetzt. Die Grünauer werden damit quasi zu Gästen an ihrem Naherholungssee. Es geht also tatsächlich um eine Richtungsentscheidung am Kulkwitzer See: Wird es ein Naherholungsgebiet für die Leipziger, bei dem die nicht bebauten Flächen weitgehend erhalten und nachhaltig gestaltet werden, oder forciert man die touristische Entwicklung?

Wobei die Frage ist: Was haben die Leipziger davon? Denn Zahlen und mögliche finanzielle Effekte für die Stadtkasse sind ja nirgendwo ausgewiesen. Man plant einfach nach der Devise “Tourismus bringt Geld”. Dass dabei Erholungsqualitäten geopfert werden, scheint zumindest aus der Verwaltungssicht keine Rolle zu spielen.

Wer mag, kann sich schon vor der Veranstaltung am 24. September informieren. Seit dem 9. September liegt der überarbeitete Bebauungsplan öffentlich aus.

Die Planunterlagen werden bis zum 8. Oktober im Neuen Rathaus (Martin-Luther-Ring, Stadtplanungsamt, vor dem Zimmer 498) gezeigt. Montags und mittwochs von 8 – 15 Uhr, dienstags von 8 – 18 Uhr, donnerstags von 8 – 16 Uhr und freitags von 8 – 12 Uhr.

Bis zum 8. Oktober nimmt die Stadt auch noch Stellungnahmen zum Bebauungplan entgegen.

Man kann sich auch im Internet schon etwas kundig machen. Dort sind die beiden Teil-Pläne zum Ostufer des Kulkwitzer Sees genauso zu finden wie die Legende, die Begründung, der Umweltbericht und ein paar Angaben zu Kompensationsflächen.

Wobei die Aussage im beigelegten “Umweltbericht” verblüfft: “Die festgesetzten GRZ in den SO 1, 2, 4, 9, 10 und 11 sichern den Bestand, haben keine Neu- oder Teilversiegelung bzw. Lebensraumbeeinträchtigungen zur Folge und verbleiben daher in der Bilanzierung unberücksichtigt.”

Da will man also Ferienhäuser und Campingplätze bauen, behauptet aber einfach mal, sie hätten “keine Lebensraumbeeinträchtigungen zur Folge”. Damit spart man sich dann auch Kompensationsmaßnahmen. Da entstehen einige berechtige Fragen zur Haltung der Stadt, wenn es um Schonung von Lebensräumen und Naturentwicklungsflächen geht.

Die können dann natürlich auch in der Informationsveranstaltung gestellt werden: Mittwoch, 24. September, 18 Uhr im Stadtteilladen Grünau, Stuttgarter Allee 19.

Die Materialien zum überarbeiteten Bebauungsplan “Erholungsgebiet Kulkwitzer See” findet man hier:

www.leipzig.de/news/news/bebauungsplan-nr-232-erholungsgebiet-kulkwitzer-see

Und bei der Online-Wahl von Deutschlands Lieblingssee geht es übrigens auch weiter. Zumindest heute, da ist der letzte Abstimmungstag. Da liegt der Kulkwitzer See derzeit mit der Nase vorn:

www.seen.de/lieblingssee/zwischenstand-bundeslaender-2014.html

http://lieblingssee.seen.de/?id=&votesuche=kulkwitzer+see

Der Teilplan 1 als PDF zum Download.

Der Teilplan 2 als PDF zum Download.

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