Am Freitag, 5. September, lief auch die verlängerte Frist der Allgemeinverfügung über besondere Schutzmaßnahmen für den Eisvogel (Alcedo atthis) am Floßgraben aus. Sie wird auch nicht verlängert, betonte das Amt für Umweltschutz der Stadt Leipzig am Freitag. Ein paar Irritationen hatte es gegeben, weil noch am 1. September die Ausnahmegenehmigung für das RanaBoot widerrufen werden musste.
Ein Widerruf, der eigentlich schon Monate vorher hätte erfolgen müssen, denn damit verstieß die Stadt Leipzig selbst gegen die von ihr erlassene Allgemeinverfügung zum Floßgraben. Wenn es schutzbedürftige Vorgänge in einem FFH-Gebiet gibt, wie es der südliche Leipziger Auenwald ist, dann sind solche Allgemeinverfügungen zwangsläufig bindend – für alle. Dann verbieten sich Ausnahmegenehmigungen von selbst.
Aber die Stadt Leipzig spielt bei diesem Thema gern auf Zeit, denn die Pläne, mit denen der Floßgraben ab 2006 wieder befahrbar gemacht wurde, sehen nicht nur eine wassertouristische Nutzung vor, sondern auch eine dauerhafte Befahrung mit Motorbooten. Der Stadt Leipzig und den anderen Akteuren in der Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland war sehr wohl klar, dass der Versuch, mit dem Floßgraben eine direkte Zufahrt zum Cospudener See zu schaffen, ein Balanceakt war. Der Leipziger Auwald war schon offiziell Naturschutzgebiet, bevor überhaupt das Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK) Konturen annahm, auf dessen Grundlage in den letzten Jahren nicht nur der Floßgraben freigelegt und befestigt wurde, sondern auch die beiden Schleusen in Connewitz und am Cospudener See entstanden. Beide für einen sanften Wassertourismus schlicht überflüssig, für eine Befahrung mit Motorbooten aber unverzichtbar.
Der so genannte Streit um den Eisvogel stand schon 2006 auf der Tagesordnung, als man mit Baggern dem in weiten Teilen verschlammten Floßgraben zuleibe rückte. Auch da waren schon regelmäßig brütende Eisvogelpaare nachgewiesen. Es war also absehbar, dass der Vogel, der die langsam fließenden Gewässer im Leipziger Auwald liebt, nach Beendigung der Arbeiten wieder kommen würde. Und dass damit genau das passieren würde, was nun seit dem “Tag Blau” im Jahr 2011, als der “Kurs 1” über den Floßgraben in Betrieb genommen wurde, Ämter, Behörden und Naturschutzverbände beschäftigt.Das Jahr 2014 hat dabei zwei wesentliche Entscheidungen gebracht, die dem Versuch der Stadt Leipzig und der Steuerungsgruppe, das WTNK im südlichen Auwald durchzusetzen, zwei Stopp-Schilder verpasst hat. Das erste war die Entscheidung der Landesdirektion, auf Floßgraben und Pleiße keine Schiffbarkeit zuzulassen. Das war kein “Zugeständnis” an die Naturschutzverbände, sondern eine sachliche Reaktion auf die geltenden Naturschutzbestimmungen. Eine generelle Schiffbarkeit hätte im südlichen Auwald genau das bedeutet, was die Naturschutzgesetze generell untersagen: eine Verschlechterung der Lebensbedingungen insbesondere für geschützte Tierarten – wie zum Beispiel den Eisvogel.
Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Vogel zum Bruterfolg kommt oder ob er – wie es Reiner Kehr, der Inhaber der Ranaboot Gmbh in großen LVZ-Artikeln immer wieder beschwört – auch an anderen Teilen des Leipziger Gewässersystems gesichtet wird. Wenn er brütet, müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden, die dem Vogel ausreichend Raum zu Nahrungssuche und Brutpflege ermöglichen.
Im Floßgraben kann das auch ein Kompromiss sein. Das anerkennen auch die Naturschutzverbände. Wenn der Graben nun einmal der einzige Wasserzugang zum Cospudener See ist und von den Leipzigern auch angenommen wird, dann ist die Schaffung von begrenzten Durchfahrtzeiten während der Brutperiode ein gangbarer Weg. Wenn sie kontrolliert werden und wenn es keine Ausnahmen gibt. Sanfter, muskelbetriebener Bootsverkehr ja – Motorbootsverkehr nein.
2014 kam nun hinzu, dass die lang anhaltende warme Witterung den Eisvogel sogar zwei Mal zum Brüten animierte. Was dann eine Verlängerung der Allgemeinverfügung bis zum 5. September zur Folge hatte.
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“Im Rahmen des begleitenden Monitorings wurde durch den beauftragten Ornithologen aktuell festgestellt, dass die Reproduktionsphase (Fortpflanzungsphase) des Eisvogels am Floßgraben beendet ist”, teilt nun das Amt für Umweltschutz mit. “Das Befahren für muskelkraftbetriebene Wasserfahrzeuge wie Kajaks und Kanus ist nun auch außerhalb der zuletzt festgelegten Zeiträume (11 bis 13 Uhr und 16 bis 18 Uhr) wieder erlaubt. Aufgehoben ist damit auch das Verbot des Betretens der breiten Uferbereiche.”
Und das Amt betont in seiner Meldung auch, dass man irgendwie doch gewillt ist, die strengen Naturschutzbedingungen im südlichen Auwald zu akzeptieren: “Der Floßgraben stellt ein ökologisch besonders wertvolles, aber auch sensibles Gewässer im südlichen Auwald der Stadt Leipzig dar. So ist er unter anderem Bestandteil des europäischen Vogelschutzgebietes ‘Leipziger Auwald’. Zum Schutz streng geschützter Brutvogelarten, die am Floßgraben brüten, wurde am 16. April dieses Jahres eine Allgemeinverfügung bis 15. August erlassen. Diese war später im Einvernehmen mit dem Landkreis Leipzig noch einmal verlängert worden.”
Die Ausnahmegenehmigung für das Ranaboot wurde schon am 1. September zurückgezogen. Zwar darf das gewässerangepasste Boot jetzt wieder fahren. Aber für die Brutzeit des Eisvogels wird es ab 2015 keine Ausnahmegenehmigung mehr geben dürfen, denn auch das ist jetzt schwarz auf weiß: Die Ausnahmegenehmigung war nicht rechtmäßig und hätte nicht erteilt werden dürfen.
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